Es ist unfassbar: Ich habe es dieses Jahr tatsächlich geschafft, die beiden Filme im Kino zu sehen, die ich auch unbedingt im Kino sehen wollte. Nach „Alien: Covenant“ im Mai, habe ich mich gestern mit „Blade Runner 2049“ in die nahe Zukunft begeben. Ob Denis Villeneuves Fortsetzung von Ridley Scotts Sci-Fi-Klassiker „Blade Runner“ tatsächlich so gut ist, wie die meisten Besprechungen behaupten?

Blade Runner 2049 (2017) | © Sony Pictures & Warner Bros. Pictures
Das Jahr 2049 im audiovisuellen Rausch
Ich muss zugeben, dass ich ziemlich große Erwartungen an den Film hatte. Weniger aufgrund des Hypes, sondern wegen des Regisseurs. Denis Villeneuve hat mich bisher noch nie enttäuscht und mit „Arrival“ sogar einen der großartigsten Filme der letzten Jahre abgeliefert. Dennoch schwang auch eine leise Sorge mit, denn „Blade Runner“ zählt einfach zu meinen absoluten Lieblingsfilmen und ich habe ihn vor 15 bis 20 Jahren so oft gesehen, wie kaum einen zweiten Film. Es war zudem keine einfache Liebe, ist es doch ein Werk, das mit der Zeit wächst und seine Schönheit erst nach einer intensiven Beschäftigung mit ihm offenbart. So war der Film 1982 auch kein Erfolg an den Kinokassen, sondern hat sich seinen Stellenwert in der Filmgeschichte erst später erkämpft. Wenn man sich die Besucherzahlen anschaut, sieht es fast so aus als würde „Blade Runner 2049“ ein ähnliches Schicksal zuteil werden.
Wie keine zweite späte Fortsetzung der letzten Jahre fängt Villeneuves Film den Geist des Vorgängers ein. Zwar unterscheiden sich die Schauplätze teils massiv, doch die Atmosphäre gleicht der von Ridley Scotts Meilenstein wie eineiige Zwillinge. Hinzu kommt, dass das Set-Design und die Ausstattung der Welt einerseits unglaublich modern wirken, andererseits aber auch herrlich altmodisch. Jedes Einzelbild könnte man sich an die Wand hängen. Wirklich unfassbar, was Roger Deakins hier gezaubert hat. Auch der Score des Films weiß zu beeindrucken: Hans Zimmer und Benjamin Wallfisch greifen Elemente des bekannten Vangelis-Scores auf, modernisieren diese jedoch auf ihre Weise und geben der Welt des Jahres 2049 somit einen ganz eigenen Klangteppich. Dennoch hätte ich mich gefreut, wenn es ein paar mehr melodische Synthie-Stücke im Sinne des Originals (z.B. „Rachel’s Song“) gegeben hätte. Vielleicht muss ich aber auch noch öfter reinhören.
Träumen Androiden von elektrischen Schafen?
Ihr merkt: Ich habe bisher nur über die formalen Aspekte des Films geschrieben. Was kann der Inhalt? Im Vorfeld habe ich gelesen, dass der Film viel komplexer sei als der Vorgänger. Dem kann ich nur bedingt zustimmen. Wie „Blade Runner“ ist auch die Fortsetzung kein in erster Linie handlungsgetriebener Film. Es sind die Stimmungen und die Gefühle, die in Erinnerung bleiben. Dennoch ist auch die Geschichte faszinierend, führt sie uns doch erst einmal an der Nase herum und wartet mit unzähligen kleinen Momenten auf, welche die Welt lebendig machen. Alleine die Beziehung zwischen ‚K‘ (Ryan Gosling) und Joi (Ana de Armas) ist so wundervoll inszeniert und wirft so viele Fragen auf, dass man darüber eine ganze Abhandlung schreiben könnte. Es kommt auf die Details an und von diesen besitzt „Blade Runner 2049“ so viele, dass er – wie bereits der Vorgänger – mit der Zeit noch wachsen wird.
Im letzten Drittel kommt es dann zum großen Aufeinandertreffen zwischen dem neuen und dem alten Blade Runner, was den Film noch einmal auf ein anderes Level bringt: Harrison Ford überzeugt auf ganzer Linie als alternder Rick Deckard und liefert die beste Leistung der vergangenen 20 Jahre. Was dem Film dagegen ein wenig fehlt, ist ein ausdrucksstarker Gegenspieler, wie es Rutger Hauer im Original war. Auch Jared Letos Figur hat es ein wenig an Profil gemangelt. Hier hätte ich gerne ein wenig mehr Tiefe gesehen. Andererseits macht es den Film, wie bereits den Vorgänger, denn da war es ähnlich, ja auch so faszinierend, dass eben nicht jeder Charakter und jede Motivation durcherzählt wird. Der finale Twist kam für mich tatsächlich überraschend, hätte aber nicht unbedingt sein müssen. Überhaupt lebt die eigentlich simple Geschichte (Replikanten können sich vermehren, Suche nach Kind und Eltern, beginnende Revolution) vor allem von den Details und, da haben wir es wieder, von der Atmosphäre und der Inszenierung. Wenn man sich darauf einlassen kann, wird einen „Blade Runner 2049“ auch reich belohnen.
Fazit
Wie ich gehofft habe, hat „Blade Runner 2049“ meine Erwartungen voll und ganz erfüllt. Ist er so gut wie das Original? Das muss die Zeit zeigen. Aktuell begeistert mich „Blade Runner“ noch mehr und ist insgesamt stimmiger. Für die Fortsetzung hätte es jedoch keinen besseren Regisseur geben können und auch kein besseres Ergebnis. Ich freue mich jetzt schon unglaublich auf die zweite Sichtung: 9/10 Punkte.
Eine kleine Impression aus dem Deluxe-Kino:
Ich stimme mit dir bezüglich des Filmes so ziemlich überein.
http://www.kino.vieraugen.com/kino/blade-runner-2049/
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Ja, da sind wir uns tatsächlich einmal einig. Auch das zeichnet den Film nun also aus… 😉
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Kurioserweise hat die amerikanische Musikerin Zola Jesus auf ihrem neuen Album quasi den „inoffiziellen Titelsong“ zu „Blade Runner 2049“ veröffentlicht:
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Klingt schon sehr nach „Blade Runner“. Weißt du wie es dazu kam?
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Nein, keine Ahnung. An sich setzt sich Zola Jesus in ihrem neuen Album „Okovi“ mit Depression und Trauer auseinander, nachdem es in ihrem privaten Umfeld zu diversen Schicksalsschlägen (mehrfacher Selbstmordversuch eines Familienmitglieds, tödliche Krankheitsdiagnose bei einem Freund) kam. Aber vermutlich kennt sie auch den Originalfilm und die Musik von Vangelis und hat vielleicht die Fortsetzung auch zum Anlass genommen, den Track so zu gestalten.
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Ah ok. Ich kannte die Künstlerin zuvor gar nicht. Offiziell wird der Bezug zum Film aber nicht hergestellt, oder?
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Nein, das ist nur meine Beobachtung 😉
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Achso… 🙂
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Freut mich, dass er dir auch gefallen hat. Ich schreib’s gerne wieder (und überlege, mir den folgenden Satz schützen zu lassen): „Denis Villeneuve wird nochmal das Kino retten“. Denn ob Camerons Avatar-Fortsetzungen reinhauen, wage ich leise zu bezweifeln.
Mich hat’s beim Sound schon umgehauen, als in der Szene das Fahrzeug von K über die Stadt schwebt. Alleine dafür hat sich der Kinobesuch gelohnt. Ansonst in allen Bereichen Zustimmung, vor allem hinsichtlich des Fehlens einer Figur wie Rutger Hauer. Man darf zudem durchaus bekritteln, dass der Trailer einen falschen Eindruck vermittelt hat. Ford erst im letzten Drittel (aber bärenstark) und Leto doch nur eher kurz. Den hat man sich wohl für die Fortsetzung gespart, die angesichts der Einspielergebnisse unwahrscheinlich ist. Es sei denn, der Film wird in der Auswertung auf Blu-ray noch ein Kulthit.
Zum Schluss noch mein WTF-Moment: die Darstellerin der Tochter ist die Dame aus dem furchterregenden „Feuchtgebiete“.
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Ja, Denis Villeneuve ist ein großer. Ich freue mich jetzt schon unfassbar auf seinen „Dune“. Das kann nur großartig werden.
Nach dem Trailer hatte ich tatsächlich gehofft, dass Ford nur eine kleine Nebenrolle bekommt. Im Film hatte er mich dann mehr überzeugt. Dennoch war ich froh, dass letztendlich ‚K’s Geschichte erzählt wird.
Eine Fortsetzung braucht es eigentlich gar nicht mehr, zudem ich fast bezweifle, dass Villeneuve eine Fortsetzung drehen würde. Erfolg wünsche ich dem Film dennoch. Die Blu-ray (3D) ist schon gekauft.
Oha, das klingt wirklich nach einem WTF-Moment, auch wenn ich „Feuchtgebiete“ nie gesehen habe und auch nicht plane, das nachzuholen.
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Schauen wir mal, ob ich es noch ins Kino schaffe.
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Lohnt sich im Kino sehr! Tolle Bilder und der Sound ist auch der Hammer. Der Film schreit nach einer großen Leinwand und das 3D funktioniert auch gut.
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Ich hoffe es auch, dass ich es noch ins Kino schaffe.
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Füsse runter! 😉
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Runter? Rauf! Dafür zahle ich doch schließlich den Deluxe-Kino-Aufschlag… 😀
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