Georg R. R. Martin hat es mir mit diesem Buch wirklich nicht leicht gemacht. Ganze 10 Monate habe ich benötigt, um mich durch die knapp 1000 Seiten zu kämpfen – auch wenn ich nach der Hälfte zugegebenermaßen erst einmal Suzanne Collins „Die Tribute von Panem“-Trilogie eingeschoben habe. Die Pause nach gut 3500 Seiten „A Song of Ice and Fire“ hat gut getan und danach konnte mir die zweite Hälfte von „A Feast for Crows“ auch wieder viel Freude bereiten. Das fünfte Buch kann also kommen…
Bereits beim Vorgänger „A Storm of Swords“ konnte man sich als Leser nicht über eine zu geringe Auswahl an Charakteren beschweren. Übersicht in Westeros zu behalten war somit nicht immer einfach, doch aufgrund der immer wiederkehrenden Erzählstränge und teils Überschneidungen in der Handlung, konnte ich den jeweiligen Charakter stets in den Gesamtzusammenhang einordnen. In diesem Buch gelingt das – besonders zu Beginn – nicht immer: Martin führt etliche neue Figuren ein und widmet diesen auch eigene Kapitel, obwohl sie teils nicht wirklich wichtig zu sein scheinen und im weiteren Verlauf kaum vorkommen. Besonders die Handlung in Dorne und auf den Iron Islands hat mich oft aus der eigentlichen Geschichte rausgerissen und teils sogar gelangweilt.
Die neuen Charaktere werden auch selten beim Namen genannt, d.h. ihr Kapitel-Titel wird, anders als bei den anderen Figuren, häufig umschrieben, was die Einordnung nicht leichter macht. Martin hätte diese Handlungsstränge, die durchaus noch wichtig werden können, einfach in die bestehenden mit eingliedern sollen. Berichte aus Dorne bzw. von den Iron Islands hätten auch anders nach King’s Landing gelangen können. Meiner Meinung nach wäre hier weniger mehr gewesen und man hätte die Erzählstränge nicht auf „A Feast for Crows“ und „A Dance with Dragons“ aufteilen müssen. Den Cliffhanger von „A Storm of Swords“ zudem erst ein paar Seiten vor Ende aufzulösen, zeugt zudem von schriftstellerischem Selbstbewusstsein – und funktioniert erstaunlicherweise sogar recht gut.
Beeindruckend fand ich es erneut, wie Martin mit seinen Charakteren umspringt. Ich hätte nie gedacht, dass Jaime einmal so sympathisch werden könnte und auch Brienne hat deutlich an Profil gewonnen. Da man von Tyrion, Daenerys und John Snow nichts mitbekommt, fallen meine bisherigen Lieblingserzählstränge heraus, doch dafür konnten mich Jaime, Brienne und Cercei – was für ein grandioses Finale! – entschädigen. Arya und Sansa habe ich auch stets gerne begleitet, wenngleich ihre Geschichten größtenteils etwas auf der Stelle getreten sind. Nicht vergessen darf man auch Samwell, der einen schönen Handlungsbogen spendiert bekommt und für die Geschichte wichtiger sein dürfte, als ursprünglich angenommen.
Insgesamt ist „A Feast for Crows“ das bisher schwächste Buch der Reihe, was vor allem daran liegt, dass sich Martin ein wenig übernommen hat. Die zweite Hälfte fand ich deutlich stärker und freue mich nun auch auf „A Dance with Dragons“, das ich – entgegen meiner ursprünglichen Planungen – doch sofort im Anschluss lesen werde. Lasst euch also vom zähen Beginn nicht abschrecken, denn gegen Ende macht auch der vierte Band der Saga wirklich viel Spaß: 8/10 Punkte.