Nach einer kurzen Arbeitswoche, die sich aber wie eine komplette angefühlt hat, habe ich mich abends auf einen Filmabend gefreut. Normalerweise brauche ich immer etwas länger, bis ich mich für den richtigen Film entschieden habe, doch heute ist die Blu-ray von „Jojo Rabbit“ sofort in den Player gewandert. Taika Waititis Film wollte ich schon unbedingt im Kino sehen, doch leider lief er nicht mehr, weshalb wir auf „Knives Out“ ausweichen mussten. Doch heute war es endlich soweit… 🐰

Jojo Rabbit (2019) | © 20th Century Fox Home Entertainment
Humor und Grauen in perfekter Kombination
Im Vorfeld gab es viel Gerede, ob man denn über Hitler und das Grauen dieser Zeit lachen dürfe. Mir stellte sich diese Frage gar nicht, denn spätestens nach dem wundervollen „Wo die wilden Menschen jagen“ war mir klar, dass Taika Waititi einer der wenigen Regisseure ist, welche die delikate Balance zwischen Humor und Drama auf den Punkt zu treffen vermögen. Und so ist es auch in „Jojo Rabbit“, in dem Taika Waititi selbst als imaginärer Hitler auftritt. Dieser ist so überzogen angelegt, dass nie Zweifel besteht, dass er nur eine Reflektion der Gedankenwelt des Hitlerjungen Jojo ist und mit der historischen Figur nur wenig zu tun hat. Den selbst erklärten Nazi Jojo sympathisch zu zeichnen, ist wohl das große Kunststück des Films, was in großen Teilen dem jungen Schauspieler Roman Griffin Davis zuzuschreiben ist. Jojos Entwicklung über den Verlauf des Films, ist der emotionale Kern der Geschichte.
Überwiegen im ersten Drittel noch die humorigen Zoten, entwickelt sich im zweiten Drittel ein behutsames Drama. Scarlett Johansson spielt Jojos Mutter und gibt dieser in ihren wenigen Szenen eine solche Tiefe, dass es bemerkenswert ist. Die wichtigste Beziehung im Film ist jedoch die zwischen Jojo und dem jüdischen Mädchen Elsa, gespielt von Thomasin McKenzie, welche seinen kompletten Charakter neu formt. Das letzte Drittel des Films entwickelt sich dann zum bitteren Kriegsfilm, welcher jedoch immer noch von feinem Humor durchzogen ist.
Ein emotionaler Schlag in die Magengrube
Schon lange hat es kein Film mehr geschafft, mir so die Füße unter dem Boden wegzuziehen. Dabei war die Entwicklung völlig absehbar und auch nicht überraschend. Doch die Art und Weise, wie Taika Waititi (auch Regisseur von „5 Zimmer Küche Sarg“) uns Zuschauern und auch Jojo diesen einen verlustvollen Moment präsentiert (Stichwort: Schmetterling), ist einfach nur meisterhaft. Danach ging bei mir erst einmal gar nichts mehr. Dabei war das bei weitem nicht die einzige emotionale Szene des Films. Ich denke hier gerade an Sam Rockwells Figur oder auch Jojos Freund Yorki.
Obwohl Taika Waititi „Jojo Rabbit“ sehr modern inszeniert und die Klischees des Kriegsfilms weitgehend auslässt, so gelingt es ihm famos, uns das Dritte Reich glaubhaft durch die Augen eines zehnjährigen Jungen nahezubringen. Die Botschaften des Films sind weder subtil noch werden sie verkünstelt erzählt, doch sie sind vielfältig, wahrhaft und universell. Lasst uns den Kindern ein Vorbild sein und das heute mehr denn je. An dieser Stelle auch noch einmal danke an den Nerdtalk-Podcast für den famosen Gewinn:
Fazit
Ihr habt es vermutlich schon rausgelesen: Mich hat „Jojo Rabbit“ über die Maße begeistert. Damit konnte sich Taika Waititi bisher mit jedem Film noch einmal steigern. Ich hoffe sehr, dass er neben großen Franchise-Filmen à la „Thor: Ragnarok“ weiterhin kleine Perlen wie diese dreht. Eine dicke Empfehlung: 10/10 Punkte.
Ja, Bewertung passt. Der Film hat mich total berührt
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Kann ich voll und ganz verstehen. So viele verschiedene Emotionen. Ganz groß.
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Sehr schön, dass dich der Film auch so begeistern konnte! Ich hab ihm damals zwar „nur“ 8 von 10 gegeben, aber habe ihn schon auch sehr ins Herz geschlossen.
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Punkte sind ja nur eine Zahl. Mich hat er emotional wirklich umgehauen und trotz des etwas offensichtlich wirkenden Humor, ist Taika Waititi so smart an die Sache herangegangen. Einfach wunderbar.
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Zustimmung, Zustimmung, Zustimmung. Jetzt musst du nur noch die Episode des Mandalorian sehen, in der Taika Waititi Regie geführt hat und dann bauen wir gemeinsam einen kleinen Schrein zur Huldigung des Mannes.
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Ich muss jetzt erst einmal „Flight of the Conchords“ nachholen, dann können wir über „The Mandalorian“ sprechen. 😉
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Diese Episode ist wirklich so unfassbar großartig!!! Ich bin dabei beim Schreinbau! 🙂
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Bei mir hat es Jahre bis Netflix gedauert. Da kann ich vielleicht in 5 Jahren bei Disney+ mitreden… 😅
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Ein toller Film – eigentlich mein Highlight bisher in diesem Jahr!
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Kann ich voll verstehen. Geht mir auch so.
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Hach, hier passt schon viel zusammen. Schöner, warmherziger Film und die Szene mit den Schuhen ist eine der besten des Filmjahres.
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Ja, definitiv. Die wird mir noch sehr, sehr lange im Gedächtnis bleiben.
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Den fand ich auch sehr toll. Taika Waititi hat da den richtigen Dreh aus Drama und Satire gefunden.
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Ja, das hat Waititi echt gut drauf. Fand ich schon bei „Hunt for the Wilderpeople“.
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Upsi 10 von 10 Punkten 😀 Also ich war eher enttäuscht im Kino. Als Komödie hat der super funktioniert, nur gerade später wechseln „emotionale“ Szenen und Comedy durch wie bei einem Marvel-Film. Die traurigen Momente konnten keine Minute still stehen, ohne dass dann wieder ein Gag kam. Auf Drama-Seite konnte ich deshalb mit dem Film nichts anfangen, lachen musste ich aber auch sehr im Kino 😀
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Schon interessant wie unterschiedlich die Wahrnehmung hier ist. Für mich war es sie perfekte Balance und die dramatischen Szenen hatten unfassbar viel Punch. Mehr als in den meisten durchgehenden Dramen. Hat für mich perfekt funktioniert.
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Starker Film, aber die Höchtwertung habe ich damals nach dem Kinostart nicht gezogen:
https://www.kino.vieraugen.com/kino/jojo-rabbit/
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Muss ja auch nicht sein, aber mich hat der Film komplett umgehauen. Ganz groß.
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