Wir – OT: Us (2019)

Auch wenn ich kein schwarzes Quadrat gepostet und mich nicht zu #BlackLivesMatter geäußert habe, so habe ich in den vergangenen Tagen viel über institutionellen Rassismus gelesen und gelernt. Auch die heutige Filmwahl ist davon beeinflusst, denn in vielen Filmen und Serien sind Schwarze nur Nebenfiguren. Nachdem ich Jordan Peeles „Get Out“ schon famos fand, erhoffte ich mir auch von „Wir“ so einiges. Und ja, mir ist bewusst dass meine Filmwahl kein Betrag ist. Dennoch war sie mir wichtig. Spoiler sind zu erwarten.

Wir (2019) | © Universal Pictures Germany GmbH

Wir (2019) | © Universal Pictures Germany GmbH

Jordan Peele: Ein Meister des modernen Horrors

Nachdem man „Get Out“ am ehesten noch als satirische Horror-Parabel auf Rassismus lesen konnte, so ist die Lage bei „Wir“ nicht ganz so eindeutig. Der Film ist offener und fühlt sich größer an. Er lässt mehr Interpretationsspielraum und ist dadurch auch weniger gut zu greifen. Wenn man sich die Bewertungen so anschaut, hat „Wir“ fast überall schlechter abgeschnitten als sein Vorgänger im Geiste. Ich bin mir jedoch ziemlich sicher, dass er mir stärker im Gedächtnis bleiben wird. Eben weil er offener ist und ich in den nächsten Tagen viel über die Handlung und die Details der Geschichte nachdenken werde. Ein Horrorfilm, wie ich ihn liebe.

Da stellt sich sogleich die Frage: Ist „Wir“ ein Horrorfilm? Er besitzt die typischen Elemente des Genres. Es gibt sogar ein paar Jump-Scare-Effekte, welche jedoch nie platt und unbedacht eingesetzt werden. Jordan Peele findet großartige Bilder, die sich in das Gedächtnis der Zuschauer brennen und der Score des Films ist einfach meisterhaft verstörend. Trotz der durchaus eingehaltenen Genre-Konventionen, ist „Wir“ teils unfassbar lustig und in seiner Brutalität nie selbstzweckhaft.

Doppelgänger ohne Griff in die Klischeekiste

Inhaltlich mag es gegen Ende so wirken, als würde sich Peele ein wenig im Untergrund verrennen, doch letztendlich hatte er den Ursprung seiner Doppelgänger bereits in der ersten Texttafel angekündigt. Wieso er die Gesellschaft auf diese Weise spiegelt, hat sich mir noch nicht ganz erschlossen, aber schon jetzt fallen mir etliche Möglichkeiten der Interpretation ein. Zudem mochte ich, dass die Geschichte ohne das typische Evil-Twin-Klischee ausgekommen ist. Sprich es wird nicht stets damit gespielt, dass man als Zuschauer (oder einer der Charaktere) nicht weiß, ob eine Figur nun die gute oder die böse Variante ist. Bis eben zum Finale, das ich so nicht habe kommen sehen. Lupita Nyong’o spielt einfach nur erschreckend gut. Der Wahnsinn.

Fazit

„Wir“ ist kein einfacher Film. Oberflächlich betrachtet ein recht typischer Home-Invasion-Thriller, der uns gegen Ende aber wortwörtlich in den Kaninchenbau führt. Ich fand ihn auf vielen Ebenen wirklich unheimlich und freue mich jetzt schon darauf, mich tiefer mit dem Film zu beschäftigen: 9/10 Punkte.

28 Gedanken zu “Wir – OT: Us (2019)

    • Ich weiß nicht einmal, ob es der bessere Film ist. Er ist klarer in seiner Struktur und Aussage. „Us“ ist noch ambitionierter und verschlüsselt sind Botschaften stärker. Krass gut sind die eh beide.

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      • Okay, sagen wir Get Out ist im konventionellen Sinne besser zusammengesetzt.

        Hm, jetzt klingt er tatsächlich schlechter… 😉

        PS: ich muss heute noch lachen wenn ich an den bösen NWA Musik-Gag denke…

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  1. Toller Film. Damals nach dem Kino war ich mir noch nicht sicher, wie ich den finden soll, am nächsten Tag war ich dann durchs viele Nachdenken doch Fan des Films. Gefällt mir persönlich sogar etwas besser als Get Out

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    • Mich hat der Film gestern einfach total weggefegt. Gerade weil er so viel Interpretationspotenzial bietet. Auch aufgrund seiner Auflösung. Ist für mich ein gutes Beispiel dafür, dass die faktische Filmebene gar nicht so wichtig ist.

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      • Hätte Perle fünf Minuten früher ausgeblendet, ich hätte ihn noch besser gefunden. Das wichtigste ist, dass ein Film in sich funktioniert und rund ist. Das tut er schon, bis auf das Ende finde ich den aber auch sehr stark und gerade auf der Interpretationsebene großartig.

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  5. Mittlerweile hab ich den Film auch gesehen, aber ganz vergessen, dass ich deine Beitrag dazu erst nach dem schauen lesen wollte…
    Ich war auch sehr angetan vom Film. Ich hab mich teilweise auch ziemlich gegruselt, vor allem, als man noch nicht wusste, wer oder was genau da jetzt auf der Bildfläche erschienen ist.
    Ging ja dann eher in Slasher über, was aber auch nicht schlimm war, und humortechnisch ging’s mir wie dir auch, ich musste des öfteren ziemlich lachen.
    Den Twist am Ende hatte ich jedoch lange vorher kommen sehen. Hat dem Film aber auch nicht geschadet. Nur wüsste ich jetzt gerne, wie es weitergeht.

    („Get out“ fand ich übrigens auch sehr gelungen)

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    • Freut mich, dass dir der Film auch so gut gefallen hat. Für mich war der Slasher-Aspekt dennoch irgendwie besonders, eben aufgrund der Beziehung der Figuren untereinander. Das hat es gleich noch einmal scary gemacht.

      Ich glaube, ich möchte gar nicht sehen, wie es weitergeht. Mit seinem Ende ist der Film für mich perfekt, um im Kopf danach alle Varianten durchzuspielen.

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