Preacher – Die komplette Serie (Staffel 1 bis 4)

Schon seit Mitte August habe ich nicht mehr über Serien geschrieben. Warum die lange Pause? War ich etwa abstinent? Nein, ich habe nur ein weiteres Großprojekt gestartet und die komplette Serie „Preacher“ gesehen. Eigentlich war ich dieser Serie immer eher ein wenig skeptisch gegenübergestanden, doch da mir „The Boys“ des gleichen kreativen Teams ziemlich gut gefallen hatte, wollte ich dem ungewöhnlichen Priester doch eine Chance geben. Warum das eine exzellente Entscheidung war und mir die Serie samt Charakteren doch ziemlich ans Herz gewachsen ist, lest ihr in der folgenden Besprechung… ⛪👼😈

Preacher | © AMC

Preacher | © AMC

Staffel 1: WTF?!? 🤯

Was für ein Ritt. Ich hatte ja schon damit gerechnet, dass „Preacher“ eine durchaus spezielle Serie ist, aber was hier so vor sich geht, spielt sich meist am Rande des Wahnsinns ab. Irgendwo zwischen Tarantino, „Supernatural“ und „Twin Peaks“. Während der ersten Staffel lernen wir noch in Ruhe, so scheint es zumindest, die wichtigsten Charaktere kennen. Das Setting und der Humor werden gesetzt. Und getestet. Vieles erscheint schon wild und abgefahren, doch spielt sich alles noch in halbwegs vertrauten Gefilden ab (und das schreibe ich nur, weil ich zu diesem Zeitpunkt schon in die zweite Staffel reingeschaut habe). Spätestens wenn die Comic-Adaption auf das Staffelfinale hinarbeitet, häufen sich die absurden Elemente, um in der letzten Episode wortwörtlich zu explodieren. Wahnsinn. Das alles ist nicht immer einfach zu verstehen, teils extrem langsam erzählt (Exposition!), teils überschlagen sich aber auch die Ereignisse. Harter Tobak und grafische Gewalt. Im Gegensatz zu „The Boys“, der aktuellen Serie des Produktionsteams, besitzt „Preacher“ jedoch mehr Herz und ausgearbeitetere Charaktere. Ich hätte im Vorfeld nicht erwartet, dass mir die Serie so gut gefällt: 9/10 (8.5) Punkte.

Staffel 2: Road Trip to God Hell 😈

Wie sich im Finale der ersten Staffel bereits angekündigt hat, schlägt „Preacher“ im zweiten Jahr eine komplett andere Richtung ein. Mit nun 13 statt 10 Episoden ist die Geschichte oft ruhiger und ausführlicher erzählt, was aber nicht bedeutet, dass es nicht zu spontanen Tempowechseln kommt, welche bisher Gesehenes auf den Kopf stellen. Anfangs noch ein Roadmovie, entwickelt sich die Serie zu einem Mix aus Paranoia, Vater-Sohn-Drama, absurder Religionssatire und Gefängnisfilm. Um ein paar konkrete Beispiele zu nennen: Eine Art untoter Cowboy-Terminator verfolgt unser Dreiergespann, unser liebster Vampir kümmert sich um seinen im Sterben liegenden (und biologisch doch viel älteren) Sohn, wir lernen Gott im Hundekostüm kennen und begleiten Eugene und Hitler(!) beim Ausbrauch aus der Hölle. Das alles ist dermaßen abgefahren, dass man meinen könnte, die Serie würde in den völligen Wahnsinn abdriften. Jedoch ist sie (für diesen Inhalt!) unglaublich geerdet und innerhalb ihrer Welt extrem konsistent und glaubwürdig, speziell was die Charakterentwicklung angeht. Ich hätte niemals gedacht, dass „Preacher“ eine Serie ist, die wirklich smart und mit viel Herz erzählt wird (aber auch infantil, keine Frage). Noch einmal eine Steigerung zur ohnehin schon sehr guten ersten Staffel: 9/10 (8.6) Punkte.

Staffel 3: Voodoo trifft auf Hillbilly-Horror 🐊

In der dritten Staffel von „Preacher“ tauchen wir tiefer in Jesse Custers Vergangenheit ab und begeben uns nach Angelville, einem tief in den Südstaaten liegenden Ort der schwarzen Magie und des Verfalls. Die Serie ist hier oft tragisch und schmerzhaft, ohne dabei jedoch ihren Humor zu verlieren, der sich jedoch stärker in den anderen Handlungssträngen manifestiert: Cassidy trifft auf eine Sekte von Vampir-Groupies, was für herrlich absurde Szenen sorgt. Alles rund um Herr Starr, den Allfather und den Messias (Humperdoo!) ist so etwas von drüber, blutig und absurd, dass ich oft erstaunt war, wie so etwas überhaupt in Serie gehen kann. Unfassbar. Daneben begleiten wir Eugene und Hitler auf ihrem Weg zurück in die Hölle, wo auch nichts mehr so ist, wie es einmal war. Die große Kunst von „Preacher“ ist es erneut, dass sich das Setting im Vergleich zur ersten und zweiten Staffel komplett wandelt und dass die Serie, trotz aller Absurdität, ihre Figuren weiterhin ernst nimmt. Gerade Jesse, Tulip und Cassidy sind mir inzwischen so richtig ans Herz gewachsen und ich bin erstaunt, wie rund und tief diese drei Figuren doch geschrieben sind. Gerade bei all dem Wahnsinn, der um sie herum geschieht (oder direkt durch sie ausgelöst wird). Überhaupt ist „Preacher“ wohl die Serie, die mich bisher am häufigsten zu überraschen wusste, weil sie häufig sehr bewusst mit den Erwartungen bricht. Das mag aufgrund der Vielfalt an absurden Szenen nicht so sehr auffallen, ist letztendlich aber doch bemerkenswert. Bisher definitiv meine liebste Staffel: 9/10 (8.8) Punkte.

Staffel 4: Apocalypse Now? 👼

Mit der letzten Staffel läutet die Serie auch sogleich das große Finale der übergreifenden Geschichte ein. Keine Frage: Es geht zu Ende. Mit der Moral, mit so manchen Körperteilen, mit etlichen Charakteren und mit der Welt. Leider tritt die Handlung in der ersten Hälfte der Staffel ziemlich auf der Stelle und selbst der absurde Humor wirkt ein wenig zu gewollt und angestrengt. Die völlige Unberechenbarkeit der vorhergehenden Staffeln hat auf mich plötzlich geplant gewirkt. Das ist etwas schade, aber nach drei Staffeln nach diesem Muster vielleicht auch erwartbar. Da hat die Die Grail-Storyline in den kleineren Dosen der zweiten und dritten Staffel deutlich besser funktioniert. Hier ist es fast schon zuviel des Guten. In der zweiten Hälfte hat mich die Geschichte dann deutlich besser abgeholt. Auch das Serienfinale war passend: Einerseits überraschend, andererseits konventionell, abgefahren und endgültig. Keinesfalls perfekt, aber hat doch gut zum Ton der Serie gepasst. Auch gerade weil „Preacher“ auf einer zutiefst emotionalen Note endet: 8/10 (8.1) Punkte.

Fazit

Als ich vor gut 10 Wochen mit der Sichtung von „Preacher“ begonnen habe, hätte ich mir nie träumen lassen, wie gut mir diese Serie doch gefällt. Natürlich liegt das einerseits an der abgefahrenen Geschichte sowie den absurden Gewaltspitzen und überzeichneten Figuren, was insgesamt für einen enorm unterhaltsamen Mix sorgt. Andererseits sind mir aber auch die Figuren wirklich ans Herz gewachsen. Sowohl Jesse, Tulip als auch insbesondere Cassidy, der genial von Joseph Gilgun verkörpert wird, machen eine erstaunlich nachvollziehbare Entwicklung durch und wirken echter als „normale“ Figuren in so manchem Drama. Wer sich an Blut, Gedärmen, böser Religionskritik und teils abartigem Humor nicht stört, der kann wahrlich viel Freude mit dieser Serie haben: 9/10 (8.5) Punkte.

Sehen könnt ihr die Serie übrigens im Rahmen des Prime-Video-Pakets (kein Affiliate-Link).

25 Gedanken zu “Preacher – Die komplette Serie (Staffel 1 bis 4)

  1. 9von10 Punkte… damit kann ich leben 😆

    Da waren sooo viele geile Szenen drin… ich könnte tagelang schwärmen 🙂
    Jetzt wissen wir auch endlich warum Hitler den Krieg angefangen hatte 😉
    Gott ist auch so abgefahren geil…

    Gefällt 1 Person

  2. Freut mich, dass dir die Show so gut gefallen hat. Bei mir kam die letzte Staffel am besten (da hatte ich auch richtig Lust drauf) und Season 2 (wegen des Leerlaufs in New Orleans) am schlechtesten weg. Einfach insgesamt so herrlich drüber, dass man Spaß dran haben kann. Das Finale fand ich lediglich okay (gerade am Anfang haben die Autoren einfach mal nur eine Runde jeden jeden verprügeln lassen), aber versöhnlich (u.a. mit Arseface als Rockstar auf Welttournee, schön!).
    Bester Character: ganz klar Herr Starr, der kleine Herr Düsseldorf!

    Gefällt 1 Person

    • Mir war die letzte Staffel zu zerfasert und redundant (z.B. Cassidys Folterszenen und Rettungsversuche). Gerade nach der tollen dritten, die für mich wirklich on point war (auch mit Jesses Backstory). Beim Finale selbst sind bei mir wohl eher auch die letzten Szenen mit Gott und dann die allerletzte Szene hängengeblieben. Cassidy und Tulip werde ich wirklich vermissen. Herr Starr weniger, aber ja, das war mal ein abgefahrener Charakter! 🤪

      Like

  3. Pingback: Media Monday #435 | moviescape.blog

  4. Pingback: Die 5 besten männlichen Sidekicks aus Serien | moviescape.blog

  5. Pingback: Media Monday #437 | moviescape.blog

  6. Pingback: Vinyl – Die komplette Serie (Staffel 1) | moviescape.blog

  7. Pingback: Die 5 besten weiblichen Sidekicks aus Serien | moviescape.blog

  8. Pingback: Good Omens – Die komplette Serie (2019) | moviescape.blog

  9. Pingback: Mein Serienjahr 2019 | moviescape.blog

  10. Pingback: Preacher: Book One (Garth Ennis & Steve Dillon) | moviescape.blog

  11. Pingback: Media Monday #470 | moviescape.blog

  12. Pingback: Warcraft: The Beginning (2016) | moviescape.blog

  13. Pingback: The Boys – Season 2 | moviescape.blog

  14. Pingback: Media Monday #526 | moviescape.blog

  15. Pingback: Die 5 besten Serien, die an warmen Orten spielen | moviescape.blog

  16. Pingback: Die 5 besten Serien, die in fremden Welten spielen | moviescape.blog

  17. Pingback: Die 5 besten Fantasy-Charaktere aus Serien | moviescape.blog

Deine Meinung? (Indem du die Kommentarfunktion nutzt, erklärst du dich mit der Verarbeitung deiner angegebenen Daten durch Automattic, Inc. sowie den Dienst Gravatar einverstanden.)

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..