Manche Filme erzählen eine mitreißende Geschichte. Manche Filme berühren einen tief im Herzen. Manche Filme regen zum Nachdenken an. Nur ganz wenigen Filmen gelingt jedoch all das zusammen. Sean Penns „Into the Wild“ gehört zu diesen seltenen Ausnahmen. Ein Film, der mich noch sehr lange beschäftigen wird.
Vor der Sichtung wusste ich nur wenig über die Handlung. Eine wahre Begebenheit mit tragischem Ende. Anscheinend schwere Kost. Die DVD stand auch schon seit Monaten im Regal und ich konnte mich nie so recht zu einer Sichtung durchringen. Gestern jedoch tat ich es und der Film hat mich umgehauen. Im Nachhinein kann ich nun gar nicht sagen, was mich am meisten faszinierte: War es die virtuose Montage? Die bewegende Geschichte? Die tollen Naturaufnahmen? Der fantastische Soundtrack? Die famosen Darsteller? Vermutlich all diese Dinge zusammen.
Durch die Verwendung von verschiedenen Erzählstimmen, die sich als Voice over über die oft hypnotischen Bilder legen, werden die episodenhaften Fragmente des Films zusammengehalten. Die Handlung wird nicht chronologisch erzählt. Eher bildet der emotionale Zustand der Hauptfigur den Anker. Es wird vom Weg zum Ziel gesprungen. Begegnungen werden der Einsamkeit gegenübergestellt. Das Leben dem Tod. Der Fortschritt dem Stillstand. Wirklich eine herausragende Montage.
Kritiker werfen dem Film und Jon Krakauers Vorlage vor, dass Chris McCandless‘ Abenteuer idealisiert und er somit zum tragischen Helden stilisiert würde. Ich kann mich dem überhaupt nicht anschließen. Es wird zu keinem Zeitpunkt gesagt, dass Chris‘ bzw. Alex Supertramps Ideale die einzig richtigen sind. Es kommt auch deutlich heraus, dass er viel zu blauäugig und unvorbereitet in die Wildnis aufgebrochen ist. Dennoch hat mich sein früher Tod tief berührt. Besonders da er am Ende erkannt hat, dass das Glück eben nicht in der Isolation liegt. Dass er ohne seine Reise und seine Begegnungen nie dieses Glück erfahren hätte.
Emile Hirsch spielt hier die Rolle seines noch jungen Lebens. Gegen Ende des Films sieht er dem echten Chris McCandless tatsächlich zum Verwechseln ähnlich. Sein Charakter macht über die vorangegangenen zwei Stunden dabei eine absolut glaubhafte Entwicklung durch. Auch die Nebendarsteller müssen sich nicht verstecken und tragen zum realistischen Eindruck bei, den der Film bei mir hinterlassen hat.
Ich könnte nun noch viel schreiben, z.B. über Eddie Vedders intensiven Soundtrack oder die wunderschön integrierten Tagebucheinträge. Letztendlich kann ich Sean Penn nur mein Kompliment aussprechen. So berührt hat mich schon lange kein Film mehr. Ich werde mir nun auch Krakauers Vorlage zulegen und mir bei der nächsten Gelegenheit die Blu-ray zulegen. Der Film ist es wert in der bestmöglichen Qualität gesehen zu werden. Wohl die einprägsamste und intensivste Erstsichtung, die ich dieses Jahr erleben durfte: 10/10 Punkte.
Uiuiui, klingt ja nicht schlecht. Konnt mich ebenso bisher nicht durchringen zu einer Sichtung, aber werd das dann mal bald in Angriff nehmen. Obwohl Emile Hirsch in ernsteren Rollen á la „Alpha Dog“ ja eher total versagt, aber diesen „Kind-mit-Bart“ Syndrom hat ja DiCapri auch. 😉
Also mal schauen.
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Mir ging’s bis jetzt genauso, hab mich auch lange darum gedrückt. Ich schätze, das gehört jetzt mal geändert, denn alles, was ich bislang über den Film gehört habe, klingt wirklich verflucht interessant.
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Die Vorlage ist zwiespältig. Einerseits verleiht sie McCandless noch mehr Profil (der Bursche scheint wahrlich ein verdammter Heiliger gewesen zu sein *neid*), andererseits verliert sich Krakauer scheinbar um die Seitenzahl zu erhöhen in Geschichten ähnlicher Schicksale wie das von McCandless. Für die einen mag das vielleicht eine Vertiefung in die Materie sein (die Geschichte heißt ja auch into the wild), aber der plötzliche Bruch/Sprung von McCandless zu anderen Gleichgesinnten wirkte auf mich damals eher störend. Gemeinsam mit Julian Schnabels Le scaphandre et le papillon ist Penn jedoch eine der perfektesten Literaturverfilmungen seit Brokeback Mountain gelungen.
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@Die Zange: In diesem Film kommt Emile Hirsch wohl zu Gute, dass sein Charakter gerade erst auf der Schwelle zum Erwachsensein steht und der Kind-mit-Bart Look folglich gar nicht so unpassend ist…
@Dr. Borstel: Dann nicht weiter um den Film drücken, sondern anschauen! Ist wirklich ein beeindruckendes Filmerlebnis.
@Flo Lieb: Die Qualität der Adaption kann ich noch nicht beurteilen, als Film an sich funktioniert „Into the Wild“ für mich aber tadellos. Ich werde wohl trotz deiner Vorwarnung in die Vorlage reinschauen, wenngleich ich ihr nicht unreflektiert begegnen werde. Penns Charakterisierung McCandless‘ empfand ich eigentlich als durchaus differenziert. Bin gespannt!
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Ich sach mal: Siehste! Hätteste vor zwei Jahren mal direkt auf mich gehört. 😉
Aber Spaß beiseite. Freut mich, dass der Film nun auch bei Dir zu seinen völlig berechtigten Ehren kommt!
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Hinterher ist man immer schlauer… 😉
Ist auch wirklich ein grandioser Film. Ich kann die Stimmung, die ich bei den letzten Minuten der Sichtung erlebt habe immer noch spüren. Grandios!
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In deinem Beitrag wurde eigentlich alles gesagt.
Einer der berührendsten Filme überhaupt.
Habe ihn mir jetzt auch schon zweimal angesehen, einmal auf DVD und einmal auf Blu-ray.
Kann die BD nur empfehlen.
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Bei diesem Film sind sich anscheinend alle einig. Das kommt auch nicht häufig vor. Die Blu-ray ist schon so gut wie gekauft und die Vorlage befindet sich schon auf dem Weg zu mir. Das hat auch schon lange kein Film mehr geschafft.
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