Nach der Hochglanzserie „The Crown“ habe ich mich mit „4 Blocks“ in ganz andere Gefilde begeben. Eine deutsche Gangsterserie, welche gerade in der ersten Staffel noch ziemlich low budget wirkt, unfassbar dreckig und roh daherkommt und eine enorme Sogwirkung entfaltet. Ursprünglich von TNT Serie produziert, könnt ihr „4 Blocks“ übrigens komplett auf Prime Video schauen. 😎

4 Blocks | © TNT Serie
Ich bin mit US-Gangsterfilmen aufgewachsen und kenne die übliche Struktur, die Tropes und die Figuren. Von „Der Pate“ über „Hexenkessel“ und „GoodFellas“ bis hin zu „Carlito’s Way“ oder „The Sopranos“. Ich liebe das Genre und war gespannt, was eine in Berlin-Neukölln verortete Serie dazu beitragen kann:
Staffel 1: Die deutschen Sopranos?
Zu Beginn hat mich der digitale Video-Look der Serie ein wenig abgeschreckt. Dadurch wirkt „4 Blocks“ sehr dokumentarisch und auch ein wenig billig. Mit der Zeit habe ich mich aber daran gewöhnt und auch inhaltlich macht dieser Stil Sinn. Überhaupt der Inhalt: Der Stoff aus dem die großen Gangsterdramen gestrickt sind. Toni Hamady und Tony Soprano: Brüder im Geiste? Irgendwie ja schon. Auch wenn „The Sorpranos“ natürlich unantastbar bleibt, und viel klassischer erzählt wirkt, so haben sich die Themen jedoch nicht geändert. Ist „4 Blocks“ deshalb ein müder Abklatsch? Nein, denn aufgrund der komprimierten Erzählweise in nur sechs Episoden ist das Tempo sehr hoch und die Serie wirkt extrem energetisch. Hinzu kommt der Thriller-Aspekt mit Frederick Lau (bekannt aus „Victoria“), der einen verdeckten Ermittler spielt, was die Spannung unfassbar in die Höhe treibt. Dabei wirkt die Serie ziemlich authentisch und roh inszeniert. Das Finale ist dann noch einmal ein Schlag in die Magengrube und wirklich ein mutiger Schritt. Definitiv sehenswert: 9/10 (9.0) Punkte.
Staffel 2: Krieg unter Gangstern
Die zweite Staffel von „4 Blocks“ verfolgt einen anderen Ansatz als noch die erste. Vince (und damit die bisherige Identifikationsfigur) ist Geschichte, Toni Hamady wendet sich wieder komplett dem Gangstertum zu und mit Mohammad al-Saafi betritt ein neuer Gegenspieler das Spielfeld. Der Ton wird noch einmal rauer und es kommt, mitten in Berlin, zu einem Krieg zwischen den beiden Gangsterfamilien. Insgesamt wirkt die Serie deutlich geschliffener und weckt noch mehr Erinnerungen an bekannte Gangsterepen. Durch die Verlagerung des Fokus wirkt die Serie anders und manchmal war sie mir fast schon zu sehr im klassischen Genre verhaftet, doch dann wurde wieder enorm an der Spannungsschraube gedreht und ich saß wie gebannt vor dem Fernseher. Definitiv anders als erwartet, doch nicht schlechter: 9/10 (9.0) Punkte.
Staffel 3: Ist ein ehrbares Leben möglich?
Die dritte Staffel beginnt direkt mit einem Knall, der das Leben von Toni Hamady komplett auf den Kopf stellt. Er will raus. Ein ehrbares Leben führen, doch das geht natürlich nicht, wie schon Michael Corleone wusste:
„Just when I thought I was out, they pull me back in!“
– Michael Corleone, „The Godfather Part III“ (1990)
Inhaltlich war die Staffel so vollgepackt, dass US-Serien daraus bestimmt zwei bis drei Staffeln mit jeweils 13 Episoden gemacht hätten. Ich fand die Erzählung beinahe schon etwas gehetzt und ein paar Elemente (z.B. das Abhören von Abbas) hätte gerne ein wenig mehr Raum einnehmen dürfen. Toll fand ich, dass Figuren wie Amara, Maruf oder Zeki wieder wirklich interessante Handlungsstränge bekommen. Doch im Zentrum steht natürlich Toni, der gute Absichten hat, doch letztendlich wieder in die Welt des Verbrechens hineingezogen wird. Natürlich war das von Anfang an klar und ist auch komplett selbstverschuldet, jedoch kam ich am Ende nicht umhin, mit ihm mitzuleiden. Da schließt sich dann auch der Kreis zu „The Sopranos“, denn auch in „4 Blocks“ sind die Gangster die interessanteren Figuren. Auf der Seite des Gesetzes bleibt alles recht oberflächlich. Unter anderen Bedingungen, sprich einer besseren Integrationspolitik, hätte die Geschichte anders aussehen können. Dieser Aspekt wird nur am Ende plakativ angerissen, schwingt aber konstant mit. Glorifizierend ist „4 Blocks“ bei all dem nicht. Oft sogar ziemlich abschreckend. Ein wirklich gelungenes Finale, nachdem es mir schwer fallen wird, loszulassen: 9/10 (9.0) Punkte.
Fazit
Auch wenn ich schon gehört hatte, dass „4 Blocks“ eine exzellente Serie sein soll, so hätte ich doch nicht vermutet, dass sie so gut ist. Wunderbar kompakt erzählt, kompromisslos, authentisch und unterhaltsam. Für mich neben Fatih Akins „Kurz und schmerzlos“ das deutsche Gangsterepos, welches seinen US-Vorbildern in nichts nachsteht. Eine große Empfehlung dafür: 9/10 (9.0) Punkte.
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