Manchmal sind die Auslöser, eine Serie schauen zu wollen, bei mir schon wirklich ziemlich random, wie die Kids heutzutage sagen: Auf die aktuelle Serienfassung von „Das Boot“ habe ich Lust bekommen, weil wir in unserem letzten Sommerurlaub das Marinemuseum Den Helder besucht haben und dort auch ein komplettes U-Boot zur Ausstellung gehörte. Ob sich der Tauchgang gelohnt hat? 🌊

Das Boot | © Sky One
Mein ursprünglicher Plan war auch „Das Boot“ von Wolfgang Petersen zu schauen. Die Serienfassung des Films hatte mich als Jugendlicher ziemlich mitgenommen. Damals mit den Eltern zusammen im Fernsehen. Vielleicht gehe ich das demnächst auch noch einmal an? Vorausschickend möchte ich erwähnen, dass ich die neue Serienfassung mit der internationalen Tonspur gesehen habe, sprich nicht komplett synchronisiert, sondern in allen Originalsprachen (Deutsch, Französisch, Englisch, Portugiesisch usw.), was die Sichtung für mich deutlich angenehmer gemacht hat. Nun aber zur endlich Besprechung der einzelnen Staffeln:
Staffel 1: Neue Wege (für einen Filmklassiker)
In der ersten Staffel werden wir an die handelnden Personen herangeführt. Im Unterschied zu Wolfgang Petersens „Das Boot“ aus dem Jahr 1981 erzählt die 2018er Serie zwei Handlungsstränge: Einerseits geht es natürlich auf das titelgebende U-Boot, andererseits bekommen wir auch einen Einblick in die Widerstandsbewegung in La Rochelle. Das verknüpfende Element ist ein Geschwisterpaar, welches in beiden Handlungssträngen bedeutende Rollen einnimmt. Ich möchte beide Fassungen von „Das Boot“ inhaltlich gar nicht so sehr miteinander vergleichen, da die moderne Serie kein Remake ist, sondern eine andere Geschichte auf einem anderen Boot erzählt. Inszenatorisch jedoch habe ich Wolfgang Petersens Version als deutlich roher und intensiver in Erinnerung. Schon alleine, dass man sich nur auf dem Boot befindet und dieses noch viel verbrauchter und klaustrophobischer wirkt, hat den Film bzw. die Miniserie für mich damals viel intensiver gemacht. Die Sky-Produktion wirkt dagegen eher wie modernes Fernsehen und auch eher wie Fiktion. Das ist sehr unterhaltsam und packend, jedoch sollte man keine historisch korrekte Darstellung erwarten. Dabei geht es schon ziemlich zur Sachen und auch zunächst sympathisch erscheinende Figuren stellen sich irgendwann meist als verabscheuenswürdig heraus. Nicht alle Handlungen sind nachvollziehbar und schlüssige Elemente werden häufig einer Seriendramaturgie geopfert. Insgesamt dennoch packendes und hochwertig inszeniertes Serienkino auf internationalem Niveau (u.a. spielt Vincent Kartheiser, bekannt aus „Mad Men“, eine größere Rolle): 8/10 (8.1) Punkte.
Staffel 2: Überlebensstrategien (oder auch nicht)
Während der zweiten Staffel gibt es von allem erst einmal mehr: Zwei U-Boote, zwei verrückte Kapitäne, mehr Schauplätze, Verschwörungen und Todesfälle. Sogar von Hauptfiguren müssen wir Abschied nehmen. Das ist teils hart und so manche Lücke lässt sich schwer füllen. Auf dem Wasser wird die Handlung teils recht hanebüchen, wenn sich zwei deutsche U-Boote jagen und so manche Zuspitzung schon sehr nach TV-Dramaturgie riecht. Ich fand es teils schwierig, den Überblick zu behalten, auf welchem Boot man sich nun befindet, aber das ist wohl einfach dem Genre geschuldet. An Land wird es dagegen richtig unangenehm und Nazis tun unmenschliche Nazi-Dinge. Hier fällt nun langsam auf, dass der Spagat zwischen Figuren, mit denen wir doch irgendwie mitfiebern sollen, und der Tatsache, dass diese Nazis sind, oft fast nicht zu halten ist. Hier tut es gut, die Serie als Fiktion in einem historischen Setting zu sehen und die Autor:innen versuchen alles, um dieser schwierigen Ausgangslage Rechnung zu tragen. Mal funktioniert das besser, mal nicht. Der Handlungsstrang in Amerika rund um Klaus Hoffmann mäandert ein wenig vor sich hin, bietet aber doch einiges an audiovisueller Abwechslung. Somit ist die Mischung ein wenig ungar: U-Boot-Fantasy trifft auf unmenschlichen Überlebenskampf und persönliches Drama. Dadurch etwas schwächer als die erste Staffel von „Das Boot“: 8/10 (7.8) Punkte.
Staffel 3: Eine zweite Chance (für die Serie)
Die dritte Staffel von „Das Boot“ hat mich tatsächlich sehr positiv überrascht. Gerade weil sie zu Beginn in eine eher unerwartete Richtung lief: Wir lernen unzählige neue Figuren kennen, u.a. auch einen britischen Kapitän, gespielt vom kürzlich verstorbenen Ray Stevenson, den wir aus „Rom“ oder zuletzt „Ahsoka“ kennen. Das wirkte auf mich zunächst befremdlich, auch weil mit Forster eine bereits bekannte Figur in eine komplett neue Situation geworfen wird. Das hat mich tatsächlich bis zum Schluss gestört, denn Forster hat sich bisher so menschenverachtend verhalten, dass ich wirklich nicht mehr mit ihm in dieser neuen Spionage-Geschichte mitfiebern konnte. Hier hätte ich es passender gefunden, eine komplett neue Figur einzuführen. Doch genug der Meckerei, denn gerade den U-Boot-Handlungsstrang fand ich in der dritten Staffel sehr gelungen: Wir lernen eine Gruppe junger Rekruten kennen, die erst zusammenwachsen müssen. Das Bindeglied zu den vorherigen Staffeln ist hier LI Ehrenberg, der quasi eine Vaterrolle einnimmt. Die Entwicklungen hier mochte ich wirklich, auch dass der junge, privilegierte Kapitän eine Art Redemption-Arc bekommt und sich Ehrenbergs Geschichte mir der des britischen Kapitäns spiegelt usw. Wenn sich die Staffel nur darauf fokussiert hätte, wäre das perfekt gewesen. Bisher mein liebster U-Boot-Handlungsstrang. Leider hat der Spionage-Plot an Land für mich nicht wirklich gut funktioniert, auch wenn das Finale wenigstens konsequent im Hinblick auf Forster ist: 8/10 (8.1) Punkte.
Staffel 4: Nichts Persönliches (oder eben doch)
Die letzte Staffel hat am Ende nur noch sechs Episoden zu bieten und war auch nicht als Finale geplant. Da Sky Deutschland sich entschieden hat, keine Eigenproduktionen mehr zu finanzieren, war auch das Ende von „Das Boot“ besiegelt. Im Grunde auch nicht verkehrt, da die Serie inzwischen ein wenig auf der Stelle getreten ist, doch ein runderer Abschluss, mit zwei bis vier Episoden mehr, wäre dennoch wünschenswert gewesen. Die Handlung der Staffel dreht sich vor allem um böse Nazis und gute Widerstandskämpfer:innen, was durchaus spannend ist, letztendlich aber auch sehr fiktional wirkt. Der Widerstand scheint fast präsenter vertreten als das NS-Regime. Dennoch bekommt man auch ein Gefühl dafür, wie opportunistisch und menschenverachtend die Verantwortlichen, seien es Parteimitglieder oder Mitläufer:innen, damals gewesen sein müssen. Die wenigen Hauptfiguren, die wir konstant seit der ersten Staffel verfolgen, finden auch ihr Ende. Kein rühmliches, sondern eher ein erwartbares. Auch die letzte Staffel ist somit eindeutig Fiktion vor einen historischen Hintergrund und als solche fand ich sie auch wirklich gelungen. Vielleicht war es nun auch tatsächlich der richtige Moment, um die Serie final abzuschließen: 8/10 (7.7) Punkte.
Fazit
„Das Boot“ ist eine hochwertige deutsche Serienproduktion, welche jedoch nie den Stellenwert von Wolfgang Petersens Original erreichen wird. Dafür ist die Serie zu zerfasert erzählt, wenngleich ich es dennoch als positiv empfinde, dass sie einen anderen Weg gewählt hat. Sie ist stets spannend und bietet ein paar interessante Figuren. Nicht immer rund erzählt, doch wurde ich größtenteils wirklich gut unterhalten: 8/10 (7.9) Punkte.
Mir hat die Serie insgesamt auch gut gefallen, nach der zweiten Staffel war für mich aber die Luft etwas raus. Hast du die Staffeln in einem Rutsch gesehen? Bei mir lagen da teilweise zwei Jahre dazwischen, so dass ich staffelübergreifende Entwicklungen nicht mehr so ganz folgen konnte.
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Ja, ich hatte mir nach dem Abschluss der Serie die Komplettbox zugelegt und diese innerhalb von ca. zwei Monaten durchgeschaut. Das war vermutlich tatsächlich hilfreich für das allgemeine Verständnis. Schade nur, dass keine abschließende fünfte Staffel mehr kam.
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Wo kriege ich jetzt schnell ein U-Boot her, damit ich auch Lust auf die Serie bekomme? Daran fehlt es mir nämlich bisher. Ich befürchte, mir reicht weiterhin der Film. Aber danke für die Besprechung.
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Bavyria Filmpark München. Da steht Petersens U-Boot.
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Das ist ohnehin ein lohnenswerter Ausflug.
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Ich weiß nicht, ob das noch alles steht von unserem letzten Besuch. Uboot, Wicky, Bullyparade bzw. Captain Kork oder das Fack u Goethe – Klassenzimmer.
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Ja, die Sachen gab es beim letzten Mal auch noch. Plus Jim Knopf und noch ein paar Dinge. Hat sich gelohnt.
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Ah ok. Das lohnt sich dann schon. Und Fuchur nicht zu vergessen.
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Ja, wobei der inzwischen recht traurig in so eine Box ausgelagert wurde.
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Och schade.
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Kann ich verstehen. Würde die Serie vermutlich auch kein zweites Mal schauen, aber habe nun wieder Lust auf Wolfgang Petersens Version bekommen. Dort dann aber auch in der erweiterten Serienfassung, die ich damals auch im TV gesehen habe.
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Meine Frau hat die Serie geschaut und fand sie recht gut gemacht.
Ic hhabe die ausgelassen, da mir der Film wichtiger ist.
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War auch wirklich gut gemacht. Hochwertig produziert und gut gespielt. An den Film kam sie aber nicht heran meiner Meinung nach.
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Wie gesagt, ich hab die Serie ausgelassen.
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