Mindhunter – Staffel 1 und 2

Nach meiner Sichtung von „Making a Murderer“ bin ich dem kriminalistischen Thema treu geblieben. Trotz der inhaltlichen Parallelen ist David Finchers „Mindhunter“ eine ganz andere Serie. Sie wirkt extrem filmisch und man kann die Handschrift des Regisseurs erkennen. Leider war sie wohl zu sperrig, so dass der große Erfolg beim breiten Publikum ausblieb und die eigentlich auf fünf Staffeln angelegte Serie ihr Ende bereits nach zwei Staffeln fand. Warum sich das Reinschauen dennoch lohnt, lest ihr in der folgenden Besprechung… 👮‍♂️🔪

Mindhunter | © Netflix

Mindhunter | © Netflix

Der kreative Kopf hinter „Mindhunter“ ist David Fincher. Also der Regisseur, der das Serienmörder-Genre mit „Sieben“ und „Zodiac“ maßgeblich geprägt hat. Diese Serie ist zweifellos näher an dem sperrigeren der beiden Werke dran, was einem als Zuschauer am besten bereits im Vorfeld klar sein sollte. Es geht weniger um die bestialischen Taten der Serienmörder, als um die Psychologie hinter den Taten. Wenn man sich darauf einlässt, bietet „Mindhunter“ extrem spannendes und verstörendes Serienkino:

Staffel 1: Die Geschichte der Kriminalpsychologie

„Mindhunter“ ist eine Serie, die es einem als Zuschauer nicht leicht macht. Gerade nicht, wenn man mit einer Thriller-Serie rechnet. Es gibt keinen klassischen Spannungsaufbau und auch die Dramaturgie wirkt antiklimaktisch. Die Figuren wirken, gerade zu Beginn, eher spröde und es dauert, bis man eine Beziehung zu ihnen aufbaut. Zumindest mir ging es so. Dennoch hat mich die Serie schon bald für sich vereinnahmt. Diese seltsame Abteilung in den Eingeweiden des FBI-Hauptquartiers in Quantico, die bedrückenden Interviews mit Serienmördern (ohne dass es diesen Begriff schon gäbe), der Versuch das theoretische Wissen anzuwenden und die privaten Probleme der Figuren. All das entwickelt eine Sogwirkung, welche mich in das düstere Grau der Serie hineingezogen hat. In der zweiten Hälfte der Staffel kommt es dann noch zu moralisch-ethischen Herausforderungen, welche den beschrittenen Weg zwar nicht komplett in Frage stellen, aber doch erschweren. Insgesamt hat mir diese erste Staffel durch ihre dichte Atmosphäre und die spannende Charakterentwicklung sehr gut gefallen. Es ist jedoch definitiv keine Serie, die dafür geeignet ist, den Thriller-Heißhunger zu stillen. Dranbleiben lohnt sich auf jeden Fall: 9/10 (8.5) Punkte.

Staffel 2: Persönliches Drama und spannende Fälle

War die erste Staffel noch eher distanziert in ihrer Erzählung, tritt die Serie im zweiten Jahr viel näher an ihre Figuren heran. Speziell die Parallelen in Bill Tenchs Privatleben und den zu diesem Zeitpunkt verhandelten Fällen, wirkt teils wie ein aufgesetzter Kunstgriff. Obwohl mich gerade dieser Aspekt der Geschichte, in meiner Rolle als Vater, besonders hart hätte treffen müssen, fand ich ich diesen Handlungsstrang eher zäh und ablenkend. Komplett gepackt haben mich dagegen die Ermittlungen gegen den Kindermörder in Atlanta. Hier zieht die Serie wirklich alle Register. Die dichte Atmosphäre, die Hoffnungslosigkeit, der zermürbende Bürokratismus. Einfach nur großartig inszeniert und höchst spannend erzählt. Wie eben bereits „Zodiac“. Für mich nahe an der Perfektion dran. Schade nur, dass die anderen Handlungsstränge damit nicht mithalten können. Auch wenn ich Anna Torv (bekannt als Olivia Dunham aus „Fringe“) als Dr. Carr in ihrer Rolle großartig fand, so hätte ich mir eine größere Involvierung in den Fall gewünscht. Aber vielleicht ist das auch des realistischen Anspruchs der Serie geschuldet. Auf jeden Fall finde ich es sehr schade, dass wohl keine Fortsetzung mehr kommen wird: 9/10 (8.8) Punkte.

Fazit

„Mindhunter“ ist eine Serie, die uns in die Abgründe von Psycho- und Soziopathen blicken lässt. Diese Einblicke sind erschreckend und verstörend, können aber dennoch faszinieren. Die extrem hochwertige Inszenierung trägt ihren Teil dazu bei, dass die Serie einen so schnell nicht loslässt. Leider kann man nur erahnen, was das gesamte Werk über fünf Staffeln hätte erreichen können. Dennoch auch als Fragment sehr empfehlenswert: 9/10 (8.7) Punkte.

28 Gedanken zu “Mindhunter – Staffel 1 und 2

      • Kann ich verstehen. Auch ich wage mich nur noch selten an Filme, die über 2 Stunden Laufzeit haben. Schade eigentlich. „Sieben“ ist übrigens eine ganz andere Art von Film. Fand ich zumindest. Auch wenn ich beide Filme als gleich stark einordnen würde.

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      • Ich hab jetzt beschlossen, längere Filme zur Not in zwei „Sitzungen“ zu schauen, bevor ich sie gar nicht sehe. Finde es schon anstrengend, wenn die Laufzeit deutlich über zwei Stunden ist. Dafür muss man abends echt noch richtig fit sein und wann ist man das schon? 😉 Aktuell liebäugele ich als nächste Serie übrigens stark mit „The Crown“, werde aber „Mindhunter“ definitiv im Hinterkopf behalten.

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      • Dazu konnte ich mich noch nicht durchringen. Aber ist vielleicht keine schlechte Lösung, um überhaupt mal wieder Filme zu schauen, welche die 2,5 Stunden deutlich überschreiten.

        „The Crown“ also. Da bin ich mal gespannt, was du sagst! Ich glaube, ich lasse dieses Mal einfach meine Frau entscheiden, was die nächste Serie sein soll… 😉

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      • Ich hab so viele Sachen auf meiner Liste, die über 2 1/2 h Stunden gehen und die ich wirklich gerne sehen möchte und nur wegen der Länge vor mit herschiebe: Zodiac, Prisoners, Wolf of Wall Street, Interstellar, Gone Girl… Das nervt mich massiv inzwischen, also werde ich mir irgendeinen davon mal vornehmen nächste Woche und in zwei oder drei Häppchen spalten. Mal sehen, ob mir das gefällt…

        Mit „The Crown“ wird es noch etwas dauern, denke ich. Wir haben immer noch 1 1/2 Staffeln „Daredevil“ vor uns. Aber ich wünsche dir dann schon mal viel Spaß mit „Outlander“. 😀

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      • Berichte doch mal, ob es funktioniert, Filme in Häppchen aufzuteilen. Kann ich mir nicht so recht vorstellen, aber vielleicht muss ich das auch einfach einmal testen…

        Ja, mag schon sein, dass es „Outlander“ werden wird. Mal sehen. 😉

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  1. Da gebe ich dir vollkommen Recht, eine tolle Serie! Und ich brauchte auch etwas, um mit den Hauptfiguren warm zu werden und das Tempo der Serie zu verstehen. Dann ist man aber wirklich gepackt davon!

    Ich dachte bisher ab, die dritte Staffel wäre an der fehlenden Zeit gescheitert und nicht an mangelnden Abrufzahlen. Ich hoffe jedenfalls auf deine dritte Staffel und lass mir das auch nicht nehmen 😉

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    • Ja, genau. Man braucht etwas, um reinzukommen. Dann aber funktioniert die Serie umso besser.

      In dem Interview, das ich gelesen habe, bestätigt Fincher, dass die Serie zu teuer sei für die Aufrufzahlen und dass sie ihm zu viel Zeit kostet. Sind wohl also beide Faktoren, die hier reinspielen.

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  2. Das mit weitem Abstand Beste, das Netflix bisher produziert hat und wenn ich mir deren sonstigen Output so anschaue, wirds dabei vermutlich auch bleiben.

    Ganz vom Tisch ist die Nummer nebenbei wohl noch nicht. Die Serie ist eher auf Eis gelegt, statt abgesetzt. es könnte also irgendwann in Zukunft doch noch weiter gehen. Ist aber natürlich ein schmaler Stohhalm, an den man sich da klammert. Zumal so lange Pausen einer Serie auch vermutlich nicht gut tun.

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