Californication – Die komplette Serie (Staffel 1 bis 7)

Es liegt einmal wieder ein ausführlicher Serienmarathon hinter mir. Über die letzten vier Monate habe ich „Californication“ gesehen. In Teilen bereits zum zweiten Mal. Damals war die Showtime-Serie ein großer Hit und hat wohl den Nerv der Zeit getroffen. Man las häufiger, sie sei das „Sex and the City“ für Männer. Mich hat die Serie zudem an „Entourage“ erinnert, nur dass mit Hank Moody (David Duchovny) eine zentrale Bezugsfigur um Fokus stand. Ob die Serie den Test der Zeit bestanden hat? 📖

Californication | © Showtime

Californication | © Showtime

Um es kurz zu machen: Nein, „Californication“ funktioniert in der heutigen Welt nicht mehr so richtig. Und das ist auch gut so. Die Serie ist ein Produkt ihrer Zeit und würde heute als offensive wahrgenommen werden. Dennoch kann sie auch heute noch Spaß machen. Man muss sich eben darüber klar sein, dass wir hier völlig übertriebene Fiktion sehen, die teils schon in Satire überschlägt. Ich hatte wieder (zu) viel Spaß mit der Serie und auch Frau bullion hat sie (zum ersten Mal) komplett mitgeschaut und wurde gut unterhalten, selbst wenn wir beide öfters mit den Augen gerollt haben, ob der inhaltlichen Entwicklungen oder unnötig ausgewalzten Sexkapaden unseres Protagonisten. Ist euer Interesse geweckt? Dann schaut gerne in die Besprechungen der einzelnen Staffeln:

Staffel 1: Der gefallene Künstler

Ich war rückblickend erstaunt, wie gut bereits die erste Episode den Ton der Serie trifft. Meine letzte Sichtung liegt inzwischen 16 Jahre zurück und dennoch hatte ich die Stimmung der Show noch gut im Kopf. In diesen Jahren hat sich unsere  Gesellschaft bedeutend weiterentwickelt, was mich befürchten ließ, dass „Californication“ nicht sonderlich gut gealtert ist. In gewissen Aspekten ist das auch so. Die Serie wirkt häufig wie eine Altherrenfantasie und auch die teils doch abwertenden Sprüche haben mich innerlich zusammenzucken lassen. Das würde man heutzutage nicht mehr so schreiben. Glücklicherweise! Dennoch funktioniert die Serie auch weiterhin, gerade wenn man sie mit etwas Abstand betrachtet. Hank Moody ist eben auch keine Figur, der man nacheifern möchte. Männer werden in dieser Serie ohnehin eher negativ gezeichnet. Gerade aus heutiger Perspektive. Das macht den Blick auf so manche Frauenrolle jedoch nicht angenehmer. Dennoch besitzt die Serie auch Herz und gerade die Beziehung zwischen Hank und seiner Tochter Becca fand ich erneut ergreifend. Davon abgesehen macht „Californication“ immer noch erschreckend viel Spaß, Hank Moody ist definitiv ein Charakter, dem man gerne zuschaut (auch beim Versagen), und der emotionale Kern kriegt mich immer noch: 9/10 (8.6) Punkte.

Staffel 2: Der doppelte Hank Moody

Die zweite Staffel von „Californication“ habe ich als sehr gelungen in Erinnerung. Tatsächlich nimmt sie sich im Vergleich zur ersten nichts. Mit Lew Ashby betritt eine neue Figur die Bühne, die Hank in nichts nachsteht. Gerade die Spiegelung der Hauptfigur fand ich spannend, auch was die Beziehung zu Karen bzw. Lews Pendant Janie Jones angeht (gespielt von Mädchen Amick, die wir aus „Twin Peaks“ kennen). Auch alles rund um Becca und ihre erste Beziehung hat mir erneut sehr gut gefallen. Charlie Runkle und seine Beziehung zu Pornodarstellerin Daisy war dagegen fast schon zu platt, was humoristische Sexkapaden angeht. Das alles habe ich auch während meiner ersten Sichtung der Staffel so wahrgenommen, sprich ist nur wenig überraschend. Dabei ging es mir bei so manchen Sprüchen und Szenen auch wieder so, dass ich sie unangenehm fand. Weil man heute anders schreibt. Glücklicherweise betrifft das nur wenige Momente und der große Rahmen funktioniert weiterhin. Das macht „Californication“ auch als Zeitdokument faszinierend. Die nun folgende dritte Staffel habe ich als bedeutend schwächer in Erinnerung und ich bin gespannt, ob sich meine Wahrnehmung heute geändert hat. Für das zweite Jahr zücke ich erneut: 9/10 (8.6) Punkte.

Staffel 3: College-Komödie für alte Männer

Auf die dritte Staffel hatte ich mich nicht sonderlich gefreut, war sie bei der ersten Sichtung vor 15 Jahren doch eine herbe Enttäuschung. Zu viel Sex, zu wenig Charakterentwicklung. Zu viel Zotiges rund um Charlie Runkle. Auch wenn der qualitative Abfall weiterhin spürbar ist, so hatte ich bei diesem Durchgang doch deutlich mehr Spaß mit Hank Moodys völlig übertriebenem Aufenthalt an der Universität. Dieser Handlungsstrang samt seinen Affären mit drei komplett unterschiedlichen Frauen ist so übertrieben, dass man ihn einfach nicht ernst nehmen kann. Am Ende gipfelt all das in der Episode „Comings & Goings“, in der Hank vom gehörnten Dean zu einem Duell herausgefordert wird und sich die alten Männer unter dem Spott der Frauen im Gras wälzen. Heute habe ich das eher als Dekonstruktion des Gefallenen-Künstler-Mythos gesehen denn als etwas, das nacheifernswert wäre. Vielleich interpretiere ich auch zu viel hinein. Genervt war ich weiterhin von dem Geplänkel zwischen Charlie Runkle, Sue Collini, Marcy und Rick Springfield. Letztendlich ist das alles aber auch so übertrieben, dass man es einfach nicht ernst nehmen kann. Die einzige Figur, die zumindest annähernd echt erscheint und all den anderen Figuren einen Spiegel vorhält, ist weiterhin Becca. Dazu passt auch gut Hanks kompletter Absturz gegen Ende der Staffel. Hat er verdient: 8/10 (7.9) Punkte.

Staffel 4: Ganz unten angekommen

Die vierte Staffel greift direkt die Ereignisse der ersten Staffel auf: Hank hatte unwissentlich mit einer Minderjährigen geschlafen und wird dafür nun angeklagt. Ich fand es gut, dass das Thema nun zumindest annähernd aufgearbeitet wird. Hank leidet darunter und ihm wird, völlig zurecht, von Karen die Hölle heißgemacht. Als er dann noch eine versehentliche Überdosis als Suizidversuch verkauft bzw. dies nicht aufklärt, ist es Schluss mit lustig. Hank ist, zumindest was seine Beziehung zu Karen und Becca angeht, ganz unten angekommen. Das wurde auch Zeit, denn es war schon fast ärgerlich, dass ihm immer wieder so leichtfertig vergeben wurde. Seine Handlungen blieben ohne Konsequenzen. Genau das ist jedoch das Grundkonzept der Serie: Hank Moody als charismatischer Bad Boy, der sich aus jeder Situation lavieren und dem man einfach nicht böse sein kann. Ganz anders dagegen Charlie Runkle, der inzwischen vollkommen in der Comic-Relief-Welt angekommen ist und fast schon auf seine Sexkapaden reduziert wird. Dennoch mochte ich seine weiterentwickelte Beziehung zu Marcy (und Stu) sowie die Gaststars dieser Serie. Speziell Rob Lowe (ganz anders und doch ähnlich zu seiner Rolle aus „Parks and Recreation“) als Eddie Nero fand ich fantastisch. Insgesamt funktioniert die Serie für mich immer noch überraschend gut, weil sie so überzogen ist, dass ich oft einfach nur schallend lachend vor dem Fernseher saß. Das Finale ist erstaunlich offen und positiv, weshalb ich befürchte, dass der Status quo wieder zu schnell eintreten wird (und so wird es auch kommen, wenn ich es richtig im Kopf habe). Hat mir dieses Mal deutlich besser gefallen als beim ersten Durchgang vor 13 Jahren: 8/10 (8.3) Punkte.

Staffel 5: Zeitsprung in den Status quo

Die fünfte Staffel ist die letzte, die ich bei meinem ersten Durchgang komplett gesehen hatte. Damals fand ich sie deutlich gelungener als die beiden Vorgängerstaffeln, doch inzwischen ist sie für mich der bisherige Tiefpunkt von „Californication“. Immer noch sehr unterhaltsam, doch auch repetitiv und teils nervig. Charlie Runkle geht seinen Weg als Sex-Comic-Relief weiter und das tut weder der Figur, noch seiner Beziehung zu Hank Moody gut. Auch Rapper Samurai Apocalypse mag nicht so ganz in diese Welt passen, zumal ich andauernd das Gefühl hatte, man wollte eine ähnliche Dynamik wie mit Lew Ashby in der zweiten Staffel erzeugen. Hat aber nicht so recht geklappt, wobei ich durchaus verstehe, worauf Autor und Showrunner Tom Kapinos hinauswollte. Interessant fand ich, wie eigentlich immer, die Konflikte in Hanks Kernfamilie, sprich die Dynamik zwischen Karen, die inzwischen Richard Bates geheiratet hat, und Becca, die mit Tyler eine junge Version ihres Vaters datet. Nachdem es zum Finale hin wieder versöhnlich aussieht, kommt die Schlussszene wie aus dem Nichts und lässt erahnen, dass der Status quo wieder hergestellt wird. Naja, gibt schließlich noch zwei Staffeln. Gutes Writing ist das jedenfalls nicht. Bisher mit Abstand das schwächste Jahr, aber immer noch unterhaltsam: 7/10 (7.4) Punkte.

Staffel 6: Zu viel Sex, Drugs und Rock’n’Roll

Ich muss mich korrigieren, denn das hier war nun mit Abstand die schwächste Staffel. Der ganze Rehab-Plot hat für mich nicht sonderlich gut funktioniert und Atticus Fetch war mir auch zu drüber, zumal wir mit Lew Ashby im zweiten Jahr bereits die viel bessere Figur als Gegenpart zu Hank Moody hatten. Selbst der ewige Konflikt mit Karen und Becca wirkt inzwischen etwas angestrengt. Maggie Grace hat dagegen ganz gut in die Geschichte gepasst und ihre Episode „Blind Faith“ gehört zu den interessanteren der Staffel. Alles rund um die Runkles fühlt sich wieder anstrengend an, doch fand ich es witzig, Maggie Wheeler (bekannt als Janice aus „Friends“) in einer größeren Rolle zu sehen. Auch dass Charlie und Marcy am Ende doch wieder zusammenkommen mochte ich. Nun ist es aber auch gut, dass es Richtung Finale geht, denn die Serie ist spätestens seit der vierten Staffel auserzählt: 7/10 (6.6) Punkte.

Staffel 7: Väterliches Versagen am TV-Set

In der finalen Staffel werden tatsächlich noch einmal neue Figuren in die Welt von „Californication“ eingeführt: Hank hat einen Sohn aus einer alten Beziehung. Das sollte vermutlich niemanden überraschen (am wenigsten Hank selbst), doch plötzlich klopft Levon an seine Tür. Dessen Mutter Julia wird von Heather Graham gespielt, was eine schöne Ergänzung des Casts ist. Ebenso habe ich mich gefreut, Michael Imperioli (Christopher Moltisanti in „The Sopranos“) in der Rolle eines Showrunners zu sehen. Beide Figuren haben wirklich viel Spaß gemacht und so manchen Schwachpunkt der Staffel überspielt. Gerade die Dramaturgie zum Ende hin fand ich mehr als unausgegoren, was letztendlich in einem völlig weichgekochten Finale gipfelt. Inhaltlich zwar irgendwie logisch, doch ohne jegliche Aussage oder einen Knalleffekt. Ich hätte mir entweder mehr Emotionen oder mehr Schock gewünscht. Aber so geht es für unsere Figuren eben irgendwie weiter. Alles davor fand ich deutlich gelungener, weil durch die neuen Figuren ein frischer Wind in die Serie kam: 7/10 (7.4) Punkte.

Fazit

Letztendlich hatte ich wieder viel Spaß mit Hank Moody und Co. Die Serie hat definitiv einen Platz in meinem Herzen, auch wenn ich viele Elemente nicht gutheißen mag. Glücklicherweise ist sie so überzogen inszeniert, dass man ihren alternden Helden nicht wirklich nacheifern möchte. Damit verhält es sich mit „Californication“ ähnlich wie mit Gangstergeschichten: seltsam faszinierend und abstoßend zugleich. Wenn man sich drauf einlassen kann, macht die Serie aber auch heute noch viel (zu viel) Spaß: 8/10 (7.8) Punkte.

13 Gedanken zu “Californication – Die komplette Serie (Staffel 1 bis 7)

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  6. 16 Jahre? Ist die Serie schon so alt? Wahnsinn. Ich weiß noch, dass die zu Beginn in der Kombi mit „Dexter“ im Free-TV ausgestrahlt wurde und beides dort mega gefloppt war.

    Auch das ich die Serie in meinen Lisiten wiedergefunden habe. Wie lange mache ich DAS denn bitte schön? Die erste Staffel ist nicht verzeichnet, das war dann wohl vorher, aber von Staffel 2 bis 6 hatte ich duchgängig 7 Punkte vergeben (mit einer Sehpause von 6 Jahren dazwischen!), Staffel 7 hatte es dann nur noch auf 6 Punkte geschafft.

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    • Ja, krass oder? War mir auch immer noch als eine der moderneren Serien im Kopf. Schon verrückt, dass die Serie (und gerade „Dexter“) bei uns gefloppt ist. Kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen.

      Oha, da hast du die Serie aber sehr konsistent bewertet. Bei mir gibt es ein paar mehr Schwankungen und gerade auch Unterschiede in der Wertung zu damals, was ich ganz spannend finde. So ändern sich Wahrnehmungen eben über die Zeit.

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  7. Meine Californication-Zeiten sind auch schon lange vorbei, aber ich habe mir den Merksatz

    „Als die mit ’nem Rapper angefangen haben, ging es bergab. Bei jedem Auftritt von Samurai Apocalypse habe ich leise in mein Motörhead-Stirnband geweint!“

    gebaut, den ich jungen Serienhüpfern in zwanzig Jahren entgegenknallen und dabei mit meinem Gehstock auf den Boden schlagen werde, während ich die Fäuste gen Himmel balle.

    Danke für dein Review, es bestätigt meine Erinnerungen!

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    • Nach der Rapper-Staffel wurde es zwar wieder rockig, doch leider war das auch nicht das Wahre. Hab die Serie dennoch bis zum Schluss gerne geschaut. Aber war dann auch gut, dass es vorbei war.

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  8. Ich weiß auch nicht, für mich funktioniert er irgendwie nur als Mulder. Wobei… in „Evolution“ fand ich ihn auch legendär neben dem einen oder andere Charakter (Lieblingsszene „GAGAAA“)

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    • „Evolution“ habe ich schon viel zu lange nicht mehr gesehen. Kann mich gar nicht mehr erinnern.

      Für mich ist Duchovny inzwischen fast mehr Hank Moody als Fox Mulder. Beides auf jeden Fall prägende und starke Rollen.

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