Moneyball (2011)

Manchmal ist es schon seltsam, welche Filme den Weg auf den Bildschirm finden. Ich interessiere mich weder für Sport als TV-Unterhaltung, noch sonderlich für Statistik – und dennoch war mein Interesse an „Moneyball“ bzw. „Die Kunst zu gewinnen: Moneyball“ (so der deutsche Titel) geweckt. Das ist jedoch das Schöne am Film: Auch wenn das Thema fremd ist und auf den ersten Blick langweilig erscheinen mag, so kann eine gute Geschichte auch abseits von eingefahrenen Interessen mitreißen…

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In Fall von „Moneyball“ kommt noch hinzu, dass Aaron Sorkin (Autor von „The West Wing“) am Drehbuch beteiligt war. Dies dürfte neben den guten Kritiken für mich wohl der Hauptgrund gewesen sein, den Film überhaupt in mein Regal zu stellen. Warum die Wahl nach all den Jahren gerade heute auf das Sportdrama fiel, vermag ich nicht zu sagen: Die Woche war lang und anstrengend, morgen geht es in aller Frühe wieder auf die Baustelle und das Bett lockt bereits seit 20 Uhr. Dennoch konnte mich Bennett Millers Film am Ball halten, was speziell für dieses Genre durchaus eine Leistung ist. Allerdings funktioniert Sport in dramatisierter Form für mich durchaus, wie erst letztes Jahr die famose TV-Serie „Friday Night Lights“ gezeigt hat.

Sehr erstaunt war ich, wie vielschichtig sich „Moneyball“ doch gibt. Einerseits erzählt der Film eine klassische Underdog-Geschichte, wie man sie bereits unzählige Male gesehen hat. Hinzu kommt der Einsatz von Sabermetrics – im Prinzip eine Art Big-Data-Analyse der Spieler – inklusive dem Kampf der etablierten Baseball-Welt gegen die neue zahlengetriebene. Als wäre dies noch nicht genug, erlebt man das persönliche Drama Billy Beanes (toll gespielt von Brad Pitt) in Rückblenden mit, wodurch auch ein emotionaler Anker gegeben ist. All das ist bestimmt nicht neu, durchaus kalkuliert – und doch erfrischend wahrhaftig und mitreißend.

Vielleicht hat mich der Zahlenaspekt letztendlich doch so fasziniert, da ich selbst in einem data-driven Unternehmen arbeite. Der Zeitpunkt, zu dem „Moneyball“ spielt, war gerade der zeitliche Sweet Spot für diese Art der Spieler-Analyse. Beane und Peter Brand (ebenso fantastisch: Jonah Hill) waren einfach die ersten, die dieses System getestet und perfektioniert haben. Heute nutzt es jeder. Ganz egal ob ‚adapt or die‘ oder ‚innovate or die‘ die Aussage ist, die Welt dreht sich immer schneller und man kann die Zukunft nicht vorhersagen. Man muss am Ball bleiben, die Dinosaurier bleiben auf der Strecke. So auch Philip Seymour Hoffman, der hier in einer kleinen aber durchaus imposanten Nebenrolle zu sehen ist.

Insgesamt hat mich „Moneyball“ wirklich positiv überrascht und es hat sich wieder einmal gezeigt, dass das Leben die besten Geschichten schreibt. Wenn sie dann noch von Aaron Sorkin adaptiert werden, umso besser! Ich kann nur erahnen, welche Wirkung der Film auf Freunde des US-Sports haben mag. Wunderbar unaufgeregt erzähltes Schauspielerkino: 8/10 Punkte.

17 Gedanken zu “Moneyball (2011)

    • Soweit ich weiß war er nicht direkt am Film beteiligt, aber die Charaktere des Films bzw. deren Vorbilder haben sich seiner Statistik- und Analysetechniken bedient.

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  1. Von Hoffman’s Figur hätte ich gerne etwas mehr gesehen, der wirkte ziemlich in den Hintergrund gedrängt. Letztlich muss man bei allem Erfolg dieses Systems natürlich sagen, dass irgendwie irgendwo auch die Liebe zum Sport auf der Strecke bleibt, wenn man alles durchkalkuliert und -taktiert.
    Guter Film aber, wie gewohnt mit unserem obligatorischen Punkt Differenz 🙂

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    • Ja, von Hoffman hätte ich auch gerne mehr gesehen. Wie so oft eben. Was die Vor- bzw. Nachteile des Systems angeht, hat der Film in meinen Augen diese durchaus deutlich gemacht. Am Ende hat sich Billy Beanes ja auch gegen den Erfolg (und die Red Sox) entschieden und ist bei seinem Verein geblieben – System hin oder her.

      Mit dem obligatorischen Punkt hätte ich natürlich ohnehin gerechnet… 😉

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  2. Als großer Fan des US Sports, auch wenn eher Football und Collegesport kann man der Bewertung nur beipflichten. Der Film funktioniert sehr gut und das auch auf verschiedenen Ebenen, daher nicht nur für Sport Fans geeignet. Sehr gute Besetzung, über ein Thema das sicherlich über Baseball hinaus geht.

    Wer sich übrigens für Sportfilme bzw eher Dokus interessiert, der ist übrigens bei der 30for30 Reihe von ESPN gut aufgehoben, einige wirkliche sehr gute Dokus dabei, viele davon ebenfalls auch für Zuschauer interessiert die nicht unbedingt sportaffin sind.

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    • Die „30 for 30“-Reihe wurde mir auch schon von einem Freund, der sowohl von Filmen als auch von US-Sports begeistert ist, ans Herz gelegt. Wollte ich damals schon reinschauen, doch hat es sich noch nicht ergeben. Dafür ist das Sport-Interesse bei mir dann doch zu gering…

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  3. Ursprünglich war auch bei mir das Attribut „Sportfilm“ eher ein Abschreckfaktor – dagegen spricht die gute Besetzung, Sorkin und vor allem auch Regisseur Bennett Miller, der immer für einen spannenden Film gut ist. Warum ich ihn trotzdem immer noch nicht gesehen habe, hm …

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    • Von Bennett Miller hatte ich zuvor noch nichts gesehen. Der Film war aber auf jeden Fall beeindruckend genug, um auch mal nach seinen anderen Werken Ausschau zuhalten. Zumindest „Capote“ wollte ich eh noch sehen…

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  4. Pingback: Media Monday #204 | Tonight is gonna be a large one.

  5. toller Film, macht richtig Spaß zum schauen – auch wenn mir der Baseball weiterhin suspekt bleiben wird und ich von der so oft beschworenen Magie rein gar nichts gesehen/gespürt habe 😀

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    • Ja, Baseball verstehe ich auch weiterhin nicht. Kann so mit Passivsport ohnehin nur wenig anfangen, ganz egal ob Fußball oder US-Sports. Vielleicht müsste man das selbst mal spielen… 😉

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      • ja gut, beim Fußball seh ich deutlich mehr Dynamik (bin aber auch ein Fan^^). Fand nur den Sport im Film so übelst kalt – da wird mal eben ein Spieler in fünf Minuten verkauft, nur weil der Trainer und Manager einen Streit haben

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      • Ich glaube durchaus, dass dies im Profisport so abgeht. Geld beherrscht eben die Welt. Da wird wohl, besonders wenn die Spieler keine Stars sind, wenig Rücksicht auf Gefühle genommen.

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      • das Geld die Welt beherrscht sowieso. Ne, ich habs anders gemeint. Vom Gefühl her ist der US-Sport komplett rein auf Entertainment ausgelegt, da gibt es keine emotionale Bindung zu irgendwelchen Spielern oder dergleichen, die werden so ausgetauscht, dass die größtmögliche Show geboten werden kann. Im europäischen Sport ist es dann eher so, dass die Fans eine Art Grundgerüst des Vereins sind, dass man nicht nur zum Verein, sondern auch zu den Fans eine starke emotionale Beziehung hat. Ich finds schwer zu erklären, was ich genau mein 😀

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      • Ah, jetzt verstehe ich eher was du meinst, allerdings kann ich es selbst nicht beurteilen, da ich Sport im TV nicht verfolge und somit überhaupt keine Ahnung von Teams, Spielern und den besonderen Dynamiken habe. Ich habe hier schon immer das Gefühl, dass viel aufgesetzt und auf Außenwirkung hin inszeniert ist, doch im US-Sport ist das bestimmt noch extremer…

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