The Ides of March: Tage des Verrats (2011)

Passend zur amerikanischen Präsidentschaftswahl am 6. November habe ich mir heute George Clooneys „The Ides of March: Tage des Verrats“ angesehen. Spätestens seit Aaron Sorkins „The West Wing“ habe ich ohnehin ein Faible für den US-amerikanischen Wahlzirkus, doch bereits während meines Englisch LKs (vor inzwischen 14 Jahren; damals war gerade die Lewinsky-Affäre aktuell) war ich von der pompös inszenierten US-Politik fasziniert. Kann George Clooney dem Thema neue Facetten abgewinnen?

Zu Beginn des Films wähnt man sich noch in ähnlichen Gefilden, wie bei Aaron Sorkins leider nur fiktiver Bartlet-Administration. Alle Figuren scheinen von idealistische Ansichten und einer hohen Motivation getrieben. Der aufstrebende Kandidat Mike Morris (gespielt von George Clooney selbst) scheint alles zu haben, was man sich von einem Politiker wünscht: eine Vision, Integrität und das gewisse Etwas. Folglich kann man sich anfangs gut mit Wahlkampfmanager Stephen Meyers (Ryan Gosling) identifizieren, der voller Überzeugung zu sein scheint. Doch schon bald wird die angeblich so perfekte Welt rund um Morris und sein Wahlkampfteam Risse bekommen, die nicht wieder zu kitten sind.

Ich war erstaunt, wie drastisch der Ton des Films wechselt. Anfangs noch idealistisch und patriotisch (auch wenn nie Sorkin-Ausmaße erreicht werden), dann plötzlich düster und zynisch. Darauf war ich nicht vorbereitet und fühlte mich teils etwas vom Film überrumpelt. Doch gerade das macht ihn aus. „The Ides of March“ zeichnet ein wahrscheinlich viel realistischeres Bild vom Weg zur Macht, als vergleichbare Filme oder auch Sorkins Serie. Opportunismus ist an der Tagesordnung und letztendlich geht es nur darum vorwärts zu kommen. Ideale werden über den Haufen geworfen und kein einzelner Charakter bleibt seiner Linie treu. Was ist verantwortbar um ein übergeordnetes Ziel zu erreichen?

„The Ides of March“ ist ein Schauspielerfilm. Neben Gosling und Clooney beeindrucken vor allem Philip Seymour Hoffman und Paul Giamatti, die auch die beeindruckendsten Szenen des Films prägen. Ansonsten merkt man dem Film an, dass er auf einem Theaterstück basiert. Er wirkt teils etwas statisch und zu formelhaft, doch gerade die unaufgeregte Art die Geschichte zu erzählen sehe ich durchaus als Pluspunkt. George Clooneys Film ist teils unerwartet bitteres Politkino, das man durchaus gesehen haben sollte: 8/10 Punkte.

20 Gedanken zu “The Ides of March: Tage des Verrats (2011)

  1. Das ist bisher der einzige Film dieses Jahres, den ich mir gerne noch ein zweites Mal ansehen würde. Nach dem ersten Mal bin ich zu einer ähnlichen Bewertung wie Du gekommen, aber ich hatte die ganze Zeit das Gefühlt, dass dort noch mehr drinsteckt.

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    • Aktuell hält sich der Wiederanschauungswert für mich in Grenzen. Ich mochte zwar die bissigen Dialoge und die Schauspieler sehr gerne, doch die Geschichte ist nun irgendwie durch. Da würde ich wohl eher noch einmal bei Sorkin einsteigen, da ich dessen Charaktere einfach sympathischer finde, ebenso wie seinen idealistischeren Ansatz. Dennoch kann es gut sein, dass ich in ein paar Monaten noch einmal Lust auf den Film bekomme. Potential besitzt er auf jeden Fall.

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  2. Die Schauspieler bieten wirklich all das, was man bei ihren Namen als erstes erwartet. Besonders Giamatti glänzt ja immer wieder in sehr bissigen Nebenrollen, die mit ihrer Moral irgendwo jenseits von Gut und Böse ausgestattet ist.

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    • Ja, Giamatti ist großartig. Noch besser fand ich allerdings fast Philip Seymour Hoffman, als er seinen Monolog über Integrität gehalten hat. Aber sind einfach beides fantastische Darsteller. Ryan Gosling war aber auch wie eigentlich immer sehr, sehr gut.

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    • Ist auch durchaus sehenswert, wenn man sich auch nur annähernd für US-Politik interessiert. Bin mir ziemlich sicher, dass er dir gefallen wird. Soweit lehne ich mich jetzt mal aus dem Fenster… 😉

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    • Ich bin schon recht sehr empfänglich für Themen dieser Art, was wohl hauptsächlich an „The West Wing“ liegt. Die Serie ist für mich auch immer noch das Beste, was das Genre bisher hervorgebracht hat. Großartig!

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  4. Ungefähre Zustimmung. Ich glaube, ich war bei sieben Punkten, kann mich nach ein paar Monaten aber kaum an den Film erinnern (zumindest, was Details angeht), was nicht wirklich für ihn spricht. Noch mal sehen werde ich ihn auf absehbare Zeit nicht, denn das so oft angepriesene Meisterwerk ist er jedenfalls nicht geworden, wenngleich doch unterhaltsam, dem Ensemble sei Dank.

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