True Detective – Season 1

Auch wenn ich immer über viel zu wenig Zeit jammere, so habe ich mir dennoch knapp 8 Stunden aus dem Kreuz geleiert, um die HBO-Serie „True Detective – Season 1“ zu schauen. Um ehrlich zu sein führte ja auch kein Weg daran vorbei, wurde man als Serienfreund in den letzten Monaten doch permanent an die Show erinnert – und sei es nur, wie kürzlich, zum Bekanntwerden der Besetzung der neuen Staffel. Ist der Hype also gerechtfertigt?

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Um es kurz zu machen: Ja, „True Detective“ ist eine Ausnahmeserie, die man selbst unter erschwerten Bedingungen sehen sollte – in meinem Fall eben gestreckt über drei Wochen, wenn immer mal ein Stunde zwischen 22 Uhr und Mitternacht Zeit war. Rückblickend betrachtet war dies auch genau der richtige Rhythmus, denn hätte ich mehr Zeit zur Verfügung gehabt, wäre ich auch gnadenlos dem Binge-Watching, wie man heute neudeutsch sagt, verfallen. Dies bringt mich auch gleich zum ersten Punkt: Überall liest man mit „True Detective“ haben Serien endgültig das Kino überholt und die erste Staffel dieser Anthologie sei wie ein 8-stündiger Kinofilm. Bezieht man sich dabei rein auf die formalen und inszenatorischen Aspekte, mag das auch stimmen. Inhaltlich hat mich Nic Pizzolatto Serie jedoch eher an einen ausgefeilten Kriminalroman erinnert – umso erstaunlicher, dass es sich um eine originäre Geschichte und keine Adaption handelt.

Die Kino-Assoziation hängt natürlich auch mit den beiden Hauptdarstellern Woody Harrelson und Matthew McConaughey zusammen, die beide wahrlich famos spielen. Ich möchte hier besonders Harrelson hervorheben, der besser spielt denn je. Sein Charakter Marty Hart ist mitsamt all seiner Fehler näher am Zuschauer dran, als McConaugheys unnahbarer Rust Cohle, was seine Leistung umso bemerkenswerter macht. McConaughey spielt natürlich ebenso brilliant, doch liest man von seiner Leistung sowieso überall. Der eigentliche Star ist aber ohnehin das Drehbuch, das zwar Klischees des Cop-Dramas aufgreift, jedoch immer neue Wege zwischen Pulp und Horror findet, und seinen Charakteren dabei den Raum gibt sich glaubhaft zu entfalten. „True Detective“ eben; einen besseren Titel hätte man nicht wählen können.

Typisch für HBO ist die Serie sehr ruhig erzählt, lässt uns Zuschauer jedoch mit einer fast schon unheimlichen Regelmäßigkeit an den Rand des Sofas rutschen, da die nächste Abzweigung in die menschlichen Abgründe nicht nur unsere Hauptfiguren aus der Bahn wirft. Mit seiner von düsterer Ausweglosigkeit genährten Atmosphäre hat mich „True Detective“ stark an den den mitreißenden und ähnlich ruhig erzählten Thriller „Prisoners“ erinnert. Menschen am Rande der Gesellschaft, das ungreifbare Böse mitten unter uns, Leben die von Horror gezeichnet sind. Starker Tobak, den man sich jedoch nicht entgehen lassen sollte. Vielleicht heißt es schon bald: Leg‘ doch mal das Buch zur Seite und schau einmal wieder eine richtig gute Serie! Mal sehen, ob das Konzept in der geplanten zweiten Staffel der Anthologie-Serie ebenso famos aufgeht: 10/10 (9.5) Punkte.

 

58 Gedanken zu “True Detective – Season 1

  1. Über drei Wochen gestreckt = erschwerte Bedingungen. Gibt auch Leute, die sahen das über weit mehr Wochen gestreckt 😀

    Ansonsten haust du zu unserem obligatorischen Punkt Unterschied noch einen drauf – aber sei’s drum. Sah die Serie nicht ganz so nah an der Perfektion wie es deine 9.5 ausdrücken, dennoch ist das die Serie des Jahres, keine Zweifel.

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    • Naja, 8 Episoden über drei Wochen gestreckt sind bei einer solch mitreißenden Serie schon lang. Zumindest, wenn die Blu-ray-Box im Regal steht und man jederzeit theoretisch Zugriff hätte! 😉

      Hattest du auch eine Kritik zu „True Detective“ verfasst? Oder hatte ich diese aus Angst vor Spoilern nur gemieden?

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  2. Da hastes also auch gewagt. Bravo! Und dann noch so ein Volltreffer. Der Hype war ja wirklich enorm (beinahe schon anstrengend, der Serie überhaupt aus dem Weg zu gehen) und hat mir die Serie womöglich sogar etwas kaputt gemacht.

    Schön das du Harrelsons Leistung hervorhebst, er war immer dieses Bindeglied zwischen Zuschauer und der Serie. Marty, der Mensch mit Fehlern, mit dem man sich identifizieren konnte.
    Rust hingegen hat mich zusehens genervt, seine egozentrisch nihilistische Einstellung zehrte bereits nach der ersten Folge stark an meinem Willen, die Serie überhaupt durchzuhalten. Doch dann kam diese eine Folge, als sie das Bikernest aushebeln, die famos war. Danach ging es dann, auch wenn mir die letzte Szene nicht ganz so gefallen hatte, da dieser Einstellungswandel in meinen nicht ganz so gelungen ist. Finde die Serie nicht schlecht, aber etwas überbewertet. Vermutlich einfach nicht mein „Tone“…

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    • Danke für deine ausführliche Einschätzung! Es freut mich zu lesen, dass du meine Wahrnehmung von Harrelsons Marty so gut auf den Punkt bringen konntest – besser als es mir gelungen ist. Klasse! 🙂

      Die letzte Szene habe ich auch mit einem lachenden und einem weinenden Auge gesehen: einerseits hast du Recht und der Sinneswandel wirkt ein wenig aufgesetzt, andererseits habe ich mit für Cohle gefreut; speziell als Vater, der sein Kind verloren hat. Außerdem gehe ich einfach gerne versöhnlich aus Serien bzw. Filmen, insofern passt das schon…

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      • Ach, iwo. Haste doch punktgenau geschrieben. Aber danke 😉

        Zur letzten Szene: Ja, doch. Hast schon recht. Kann man unter Umständen so machen. Muss ja nicht alles immer so erdrückend und negativ sein…

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      • Ich glaube ein nihilistischeres Ende hätte bereits zuvor Konsequenzen gefordert; eventuell sogar das Ableben Cohles. Oder dass gezeigt wird, wie die Drahtzieher davonkommen. Das wäre schon hart gewesen…

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      • Hart schon, aber nicht so abwegig.
        Dann wäre im TV aber wirklich eine neue Ebene des „Feel bad“ erreicht worden. In der Hinsicht war die Entscheidung doch nicht verkehrt.
        Es hat mich persönlich einfach etwas überrumpelt gehabt. Bin definitiv auf S2 gespannt und ob sich die Stimmung ähnlich aufbauen wird, oder ob es doch ganz anders wird.
        Die wirst du dir sicherlich auch nicht nehmen lassen, oder?

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      • Nein, die werde ich garantiert auch anschauen. Bin auch sehr auf den Schwerpunkt gespannt; Serienkiller ziehen natürlich immer, doch soll wohl ein anderer Ansatz gewählt werden. Auch was die Schauspieler angeht, bin ich vorsichtig skeptisch, lasse mich aber gerne positiv überraschen!

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  4. 10/10 – das lese ich doch sehr gerne 🙂 Das Finale war der Hammer, oder? Die beiden haben ihre Parts einfach genial gespielt. Wie du schon sgst, von Matthew ist man es gewöhnt… und Harrelson wusste auf ganzer Linie zu überzeugen.
    Ich hoffe inständig, dass die zweite Staffel diese Atmosphäre wieder einfängt und nicht zum Mainstream-Quark gemacht wird.

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  5. Großartige Show, aber da erzähle ich hier drinnen wohl niemandem was Neues. Ein paar Details von mir: Schon die Eröffnungsmusik hat mich direkt gepackt, überhaupt ist der Soundtrack mit seiner Mischung aus kratzigem Blues, trübem Folk und fuzzeligem Indierock was ganz Feines. Auch nachwirkend beeindruckend: Die Kameraarbeit bei der Episode mit der Razzia, die minutenlang ohne Schnitt auskommt. Und zuguterletzt nicht zu vergessen: Die Kladde ist dank Rust Cole endlich in der Mitte der Gesellschaft angekommen 😉

    Jetzt noch direkt „Fargo“ einlegen und du hast die wichtigsten Neustarts abgearbeitet. Bis zur Veröffentlichung von „The Leftovers“.

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    • Das Intro hat mir auch extrem gut gefallen, das kann HBO sowieso gut. Egal ob „True Blood“ oder nun das hier – die Serien-Intros in ihrer Collagenhaftigkeit sind mitsamt der grandiosen musikalischen Untermalung stets kleine Kunstwerke für sich. Die Razzia-Episode ist mir auch extrem positiv aufgefallen, da war man als Zuschauer wirklich mittendrin; sehr beeindruckend!

      Yep, „Fargo“ ist natürlich auch vorgemerkt; dürfte ähnlich gut funktionieren, zumal es ja auch eine Anthologie-Serie ist und ich den Film liebe. Und „The Leftovers“ wird auch nachgeholt. Wie halt nahezu alle in deinen Serienchecks positiv besprochenen Serien… 😉

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    • Ja, audiovisuell ist die Serie auch eine Wucht. Dürfte neue Maßstäbe setzen und ich hoffe, dass wir demnächst weitere abgeschlossene Mini-Geschichten in Serienform erleben dürfen. Das wäre toll!

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      • Wäre auf jeden Fall zu empfehlen. Miniserien sind aufgrund ihrer Kompaktheit auch schneller in so ziemlich allem (Charakterentwicklung, Story etc.). Und wenn das dann drehbuchtechnisch so glänzt wie hier, ziehe ich eine abgeschlossene Miniserie so mancher endlosen Serie, die irgendwann langweilt, vor.

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      • Geht mir ganz genauso. Überhaupt funktionieren die meisten Serien mit begrenzter Episodenzahl (z.B. 10 bis 13) besser, als endlose Staffeln mit 22 bis 25 Episoden. Da merkt man dann eben doch die Füllepisoden, die nur geschrieben werden um die Handlung zu strecken.

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      • Bestes schlechtes Beispiel ist hier „Grey’s Anatomy“. Mal abgesehen davon, dass die Serie schon seit einigen Staffeln ihren Zenit deutlich überschritten hat, ist die Episodenanzahl pro Staffel einfach zu umfangreich. Als positives Beispiel sehe ich hier „Shameless“, die mit konsequent immer nur 12 Episoden pro Staffel genau das richtige Maß an Erzähltiefe erreichen.

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      • Arztserien sind sind sowieso ein Phänomen, das sich mir absolut nicht entschließen will. Aber jedem das seine, erfolgreich genug sind sie ja. Ich kann auf jeden Fall nur zustimmen und bevorzuge auch immer mehr die kürzeren Staffeln; auf „Shameless“ freue ich mich auch schon sehr. Da warten die ersten beiden Staffeln auch schon auf ihre Sichtung! 🙂

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  6. Wie schon erwartet, die passende Punktzahl für diese Serie. Bei der zweiten Staffel mache ich mir jetzt schon Sorgen, dass ich sie nicht so gut finde werde, weil ich die Hauptdarsteller nicht wirklich sympathisch finde. Die Anzahl der Folgen ist genau passend bei HBO, an sich ist sind ja aber im Prinzip genau so lange wie „normale Comedy“ Serienstaffel ala CBS. Die laufen halt auch nur etwas über 20 Minuten. Wobei ich zum Beispiel bei Game of Thrones zwei oder drei Folgen mehr nicht traurig wäre. Wird jetzt auch Zeit, dass du endlich The Wire vor nimmst :-), im Comedy-Bereich fehlt dir noch The Goldbergs. Wenn du dann noch Zeit dazwischen hast, kannst ja noch ein zweites Haus bauen und vielleicht noch ein Zappelinchen unterbringen. Alles eine Frage des Zeitmanagements 🙂

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    • Hmm, ja die angekündigten Hauptdarsteller liegen mir auch nicht so, aber ich nehme mal an das Team der Serie wird sie gut einzusetzen wissen. Bei „Game of Thrones“ wären 12 bis 13 Episoden sicher nicht schlecht, doch würde das wohl das Budget zu sehr in die Höhe treiben. Insofern mag ich mich da nicht beschweren…

      Ja, „The Wire“, der ewige Schandfleck auf meiner Serienliste. Irgendwann ist die Show dran, ganz sicher! Auch „The Goldbergs“ steht auf der Liste; für mich als 80er-Jahre-Freund und Fan von „The Wonder Years“ ja ein Muss! 🙂

      Über den Hausbau will ich im Moment gar nicht nachdenken. Grummel. Mehr dazu vielleicht bald in einem extra Eintrag…

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