Vor einigen Jahren hat meine – damals noch – Freundin nachmittags stets eine Serie namens „Gilmore Girls“ verfolgt. Irgendwann hatten sich ihre Vorlesungszeiten insofern geändert, als sie die Serie aufnehmen und abends ansehen musste. So bin ich dann ab und zu auch in den Genuss der Girls gekommen. Zunächst noch widerwillig, da ich anfangs eine ähnlich simpel gestrickte Serie, wie die vor falscher Moral triefende „Eine himmlische Familie“ befürchtet hatte. Nichts könnte ferner von der Wahrheit sein. Spoiler zur 7. Staffel und zum Serienfinale habe ich im Folgenden größtenteils vermieden.
Nun hat die Serie – nach 7 Jahren und Staffeln – ihr Ende gefunden. Auf dem Höhepunkt ihrer Popularität. Zumindest in Deutschland. Als wir damals mit der Sichtung begonnen hatten, kannte die Serie noch niemand. Man wurde – besonders als Mann – eher belächelt, wenn man von einer lustigen, gut geschriebenen, mit unzähligen Popkulturzitaten gespickten und mit tollen Figuren bevölkerten Serie namens „Gilmore Girls“ erzählt hatte. Aber so ging es mir schon damals bei „Ally McBeal“ – insofern hat das der Begeisterung keinen Abbruch getan.
„Gilmore Girls“ lebt von seinen skurrilen Charakteren und den unglaublich pointierten Drehbüchern. Die Dialoge sind schnell. Unglaublich schnell. In ein paar wenigen Sätzen sind da schon einmal locker ein dutzend popkulturelle Anspielungen versteckt. Man muss wirklich aufmerksam sein, um nichts zu verpassen – besonders im O-Ton. Neben den Figuren nimmt ganz klar die Location – die Kleinstadt Stars Hollow – einen besonderen Platz in der Serie ein. Man fühlt sich sofort wohl und irgendwie zuhause. Die Stadt umweht eine leicht traumartige Atmosphäre, was wirklich gut zum Stil der Serie passt. Trotz verschiedener Jahreszeiten, scheint es in Stars Hollow immer Herbst zu sein – ich glaube, das beschreibt es ganz gut.
Die Geschichten um die „Gilmore Girls“ drehen sich – neben den Nebensächlichkeiten des Lebens – hauptsächlich um Familie, Liebe und Beruf. Das hört sich wieder nach einer typischen Frauenserie – ein Begriff, den ich nicht gerne benutze – an, jedoch schafft es die Serie meist nicht im Kitsch zu versinken und den beschwingten Humor aufrecht zu erhalten. Besonders die ersten vier Staffeln meistern diese Gradwanderung perfekt. In der fünften hatten sich erste Abnutzungserscheinungen gezeigt und die sechste war teilweise alles andere als gelungen – jedoch nie so schlecht, dass man nicht weiterschauen wollte. Nach einem schwachen Start in die siebte Staffel, hat sich die Serie gegen Ende wieder zu alter Form aufgeschwungen – und wie das so ist, wenn eine Serie richtig viel Spaß macht, wurde sie abgesetzt.
Nach wochenlangen Gerüchten, kam die Absetzung ziemlich plötzlich. Kurz vor Ausstrahlung der letzten Episode, was mich nicht gerade auf ein gelungenes Serienfinale hoffen ließ. Glücklicherweise hatten die Autoren anscheinend alle Eventualitäten bedacht, so dass man jede Richtung hätte einschlagen können: Eine Fortführung mit beiden Girls, eine ohne Rory und eben das Ende. Man merkt trotzdem in jeder Minute, dass die Folge eher als Staffelfinale konzipiert war. Es ist nicht das Ende, das man sich nach 7 Jahren erhofft hatte. Die Folge wirkt zu vollgestopft und es fehlt doch so viel. Die letzte Szene in Lukes Diner war dann auch garantiert ein Nachdreh, der – als das Ende beschlossen war – angefügt wurde. Dennoch ist die finale Episode kein Desaster, da sie thematisch perfekt passt. Sie wirkt nur nicht rund und der Serie nicht wirklich würdig. Eine verkürzte 8. Staffel wäre meiner Meinung nach perfekt gewesen.
„Gilmore Girls“ ist eine wirklich besondere Serie. Sie kann ihre hohe Qualität fast durchgängig halten. Ebenso sind ihr ein paar tolle Schauspieler entsprungen. Allen voran natürlich Alexis Bledel und Lauren Graham. Doch auch Milo Ventimiglia (Peter Petrelli, „Heroes“) oder Jared Padalecki (Sam Winchester, „Supernatural“) wären ohne „Gilmore Girls“ garantiert nicht da, wo sie heute sind. Das Ende der Serie stimmt mich fast etwas wehmütig. Aber so ist das immer, wenn liebgewonnene Serien zu Ende gehen. Allen, die bis jetzt noch keinen Kontakt mit den Girls hatten, kann ich nur empfehlen doch einmal einen Abstecher nach Stars Hollow zu machen. Es lohnt sich: 9/10 Punkte.
Daß auch Männer die Serie gut finden, überrascht mich schon ein bißchen. Obwohl es natürlich einfach eine objektiv gute Serie ist – nur wirken Beschreibungen wirklich immer etwas „frauenmäßig“. Man muß eben einfach reinschalten und sich überzeugen lassen.
Mir gefällt auch die angesprochene wahnsinnige Schnelligkeit. Erstens möchte man selber gerne so schlagfertig sein wie die Mädels (vor allem wie Rory – Rory ist toll!) und zweitens gibt es auch einfach zu viele andere Serien, in denen man sich denkt: „Ja, is‘ gut. Nu‘ spult mal ein bißchen vor.“ Das hat man bei den Girls nie. Durch meine Abneigung DVDs gegenüber und weil ich auch noch nicht so lange dabei bin, kenne ich bislang noch nicht so viele Folgen. Also kann ich mich noch auf viele freuen 🙂
Von den Schauspielern gefällt mir Rorys Opa (Edward Herrmann) übrigens besonders gut.
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Es gibt wohl auch nicht all zu viele Männer, denen die Serie gefällt. Dies ergibt sich meiner Meinung nach aber allein durch Vorurteile, da „Gilmore Girls“ auch beste Unterhaltung für uns Männer bietet und nicht nur auf Frauenthemen festgelegt ist.
Die Schlagfertigkeit der Mädels ist wirklich grandios. Allerdings möchte ich nicht wissen, wie lange die Autoren brauchen, um sich solche Dialoge auszudenken. Du kannst dich nun wirklich auf noch ein paar tolle Episoden – auch mit den Großeltern – freuen. 🙂
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Bei mir war es mein Bruder, der plötzlich mit den Gilmore Girls ankam. Was hab ich damals über diese neue Präferenz Witze gerissen, weil ich das für so etwas wie Sex in the City ohne Sex und ohne City hielt. Bis ich selbst mal mitguckte und sehr angetan davon war.
Auch Kerle sind nicht immun gegen den Charme und die skurrilen Charaktere von Stars Hollow. Zugegebenermaßen interessen mich die diversen Beziehungsprobleme von Rory und Lorelai nicht so sehr, aber drumherum spielt sich doch genug Amüsantes ab, um erstklassig unterhalten zu werden.
Luke beweist zudem, dass man auch als anständiger Kerl es den Frauen nicht recht machen kann. Bevor aufgrund dieses Satzes jetzt hier der Geschlechterkampf ausbricht, ziehe ich mich nun zurück 😉
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Die Entwicklung der Geschichte mit Luke hat mich am Ende der sechsten Staffel wohl am meisten gestört. Dass dann die Hälfte der siebten mit Christopher vertrödelt wurde, war umso schlimmer. Auf Luke trifft dann wohl auch der beliebte Spruch nice guys finish last zu. Aber so ist es damals ja schon Dean mit Rory ergangen… und schon wären wir wieder bei den Beziehungsproblemen von Rory und Lorelai. 😉
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Gilmore Girls sehen ist unmännlich? Verdammt, warum hat mir das keiner gesagt? Aber ernsthaft, wenn ich mal grob überschlage mit wem ich mal über die Serie geredet habe und wem sie gefallen hat, da waren schon ein paar Männer dabei.
Bei mir persönlich war das ganze aber eher wechselhaft. Als es sich bei den ersten Staffeln gut mit meinem eignen Vorlesungsplan gedeckt hat, hab ich kaum eine Folge verpasst. Aber immer Augenblick entgeht mir doch die ein oder andere Folge. Wahrscheinlich steht die Serie deshalb auch auf meiner immer größer werdenden Liste mit künftigen DVD-Einkäufen.
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Nein, „Gilmore Girls“ sehen ist nicht unmännlich. Es ist nur das Vorurteil vieler Männer, dass es sich hierbei um eine reine Frauenserie handelt. Schubladendenken ist halt auch bei so profanen Dingen wie TV-Serien sehr verbreitet… 😉
Ich denke auch, dass sich die Serie für eine Sichtung auf DVD sehr gut eignet.
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Hin und wieder zappe ich bei den Gilmores vorbei. Anfänglich haben sie einen guten Eindruck bei mir gemacht. Erfrischend spritzig. Aber nach einer gewissen Zeit läuft sich der Plot und das Setting tot. Das Schema „erwachsene Tochter und kindliche Mama“ wurde und wird scheinbar von anderen Serien kopiert (bei ‚Desperate Housewives‘ ist’s mir aufgefallen). Ein bisschen zu viel heile Welt, was einem da vorgesetzt wird – wobei du richtig von „traumartiger Atmosphäre“ sprichst.
Und das Diner mit Luke, ja, das ist der Grund, warum ich hin und wieder zugeschaut hab. Hier funktioniert der Witz am besten.
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Zu Scott Patterson (Luke) und Lauren Graham (Lorelai) fällt mir noch ein, dass beide einen ihrer ersten TV-Auftritte in „Seinfeld“ hatten. Die humoristischen Grundlagen könnten für beide also nicht besser sein… 😉
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Als seichte Unterhaltung ja, aber konzentriert zusehen dabei, eher nein. Obwohl ich selbst immer wieder geschaut habe 😉 Seit 2 Jahren allerdings nicht mehr. Was mir bei der Serie etwas „aufgestossen“ hat ist – wahrscheinlich aufgrund meiner Amerika-Zeit – diese typische, naive Darstellung der „Heile-Welt-Familie-mit- ihren-kleinen-normalen-Alltagsproblemchen-und-wie-alles- wieder-gut-wird“ 🙂 Und in vielen Fällen entspricht es sogar der traurigen amerikanischen Realität, speziell in der Gegend New Englands 🙂 Aber sonst, ganz OK, soll ja auch keinen Anspruch für einen Oscar haben.
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Normalerweise stößt mir die von dir genannte Heile Welt-Darstellung (bestes Negativbeispiel: „Eine himmlische Familie“) auch übel auf. Hier jedoch hat man in jeder Szene gemerkt, dass sich alles im Rahmen der traumartigen, überhöhten Realität von Stars Hollow abspielt. Zudem wurde häufig nicht an Selbstironie gespart. Sicher keine Oscar-Qualitäten, aber – zumindest bis zur fünften Staffel – beste TV-Unterhaltung mit äußerst pfiffigen Dialogen.
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@bullion…darauf einige ich mich gerne mit dir. Bin und bleibe halt eingefleischter SATC-Fan 🙂
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Ebenfalls ein wirklich schöner „Nachruf“ auf die wunderbaren „Gilmore Girls“. Zum Thema „Frauensendung“ kann ich immer nur eine Anekdote bringen. Vor ca. 2 Jahren oder so, bin ich mal mit 3 männlichen Freunden Samstag abends nach Bochum (knapp 1 Stunde Fahrzeit) gefahren, um dort in ner Disco zu feiern. Und irgendwie sprach ich dann das Thema „Gilmore Girls“ an und da kam plötzlich von allen drei Mitfahren so ein halb verlegenes „Wie? Du schaust die Serie auch?“. Das fanden wir dann doch sehr, sehr amüsant – und haben im anschließend auch mehrfach „Gilmore Girls“-Abende eingelegt, wo wir entweder die neuesten Folgen auf VOX oder die alten Staffeln auf DVD geschaut haben.
Und auch so habe ich mich wesentlich häufiger mit Männern über diese Serie unterhalten, als mit Frauen.
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Ich muss ja ehrlich gestehen, dass ich ohne meine Frau wohl auch keinen Blick riskiert hätte. Zumindest damals nicht. Heute bin ich – was Serien angeht – doch um einiges experimentierfreudiger, was sich auch sehr oft auszahlt.
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Ja die letzte Folge ist nicht gerade das was man erwartet hat, aber sie lebt von den Kleinigkeiten, wie er Eröffnungsszene, wo Rory auf ihr Idol triff. Oder Lanes und Rorys Gespräch auf der Veranda. Und auch der liebevollen Schlussszene.
Das es so vollgepackt wirkt, wird wohl daran liegen, dass Serienschöpferin Amy Sherman Palladino Hand angelegt hat. Während sie sich die ganze 7. Staffel von GG zurückgezogen hat, kam sie für die Finale Folge zurück und hat glaube ich versucht, alles wieder in Ordnung zu bringen, was in diesem Jahr verpfuscht wurde. Naja, perfekt war es nicht, aber sie hat sich auf jeden Fall Mühe gegeben.
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Ich fand das Finale auch nicht schlecht, doch hat man eben gemerkt, dass es mit der heißen Nadel gestrickt wurde. Manchmal habe ich wieder richtig Lust auf die Serie, doch um noch einmal komplett von vorne anzufangen fehlt mir momentan leider die Zeit.
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