Rock of Ages – Extended Cut

Heute hätte ich schwören können, dass ich vor dem Fernseher einschlafe. Zu lange Arbeitstage, zu zermürbende Aufgaben und eine geballte Ladung Kinder am Feierabend. Vielleicht habe ich mich deshalb für die Musical-Verfilmung „Rock of Ages“ (gesehen im Extended Cut) entschieden. Obwohl mich der Film interessierte, waren meine Erwartungen aufgrund ziemlich mieser Kritiken nicht sonderlich hoch – doch was soll ich sagen? Ich bin noch wach und wurde bestens unterhalten…

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Zunächst einmal sollte man sich klar machen, dass man mit „Rock of Ages“ ein Musical sieht. Ein verfilmtes Musical und keine Dokumentation über die Rockmusik der 80er Jahre. Wie bei nahezu jedem Musical-Film sollte man deshalb – besonders wenn etliche Rollen von bekannten Filmstars besetzt sind – über eine gewisse Fremdschäm-Toleranz verfügen. Doch im Gegensatz zu vielen anderen Musicals nimmt sich der Film zu keiner Zeit ernst. Die dargestellten 80er Jahre sind eine überstilisierte Version dieses Zeit. Künstlich, cheesy und larger than life. Eine glorifizierte Erinnerung inklusive aller Klischees, die die 80er Jahre so mit sich bringen.

Was die Musik angeht, kann ich mich auch nicht beschweren. Selbst wenn Gitarrenmusik im weitesten Sinne zu meinen bevorzugten Genres zählt, so bin ich nicht der größte Fan von 80er Jahr Stadionrock. Dennoch kenne ich natürlich all die gespielten Songs und bin größtenteils mit ihnen aufgewachsen. Ja, sie sind überproduziert und natürlich klingen sie im Original besser, doch macht es unglaublich viel Spaß Tom Cruise, Alex Baldwin, Russell Brand, Catherine Zeta-Jones, Paul Giamatti usw. all die großen Hits performen zu sehen. Mit DON’T STOP BELIEVIN‘ endet der Film zudem mit einem meiner absoluten Lieblingssongs der Ära, was den Film noch einmal in ein positiveres Licht rückt.

Kritikpunkte gibt es – ganz objektiv gesehen – natürlich zuhauf. So ist das Drehbuch platter als eine Vinylscheibe und der Ausgang der Geschichte ist bereits ab der ersten Szene klar. Die beiden Hauptfiguren sind zudem nicht sonderlich charismatisch, aber weit nicht so schrecklich, wie ich das nach den teils bitterbösen Kritiken befürchtet hatte. Ebenso hat der Film im Mittelteil einige Längen, welche jedoch stets durch eine wunderbar inszenierte Musicalnummer unterbochen werden. Der Film ist somit alles andere als perfekt, doch hat er teils herrliche Dialoge, fantastische Songeinlagen – u.a. zwischen Alec Baldwin und Russell Brand das beste Liebesduett überhaupt – und großartige Darsteller, die sich zu keinem Zeitpunkt ernst nehmen.

Auch wenn ich mit dieser Kritik vermutlich wieder Kopfschütteln in der filmischen Blogosphäre hervorrufe, so kann ich den Film doch nur wärmstens empfehlen. So viel Spaß hatte ich schon lange nicht mehr. Wenn also auch ihr nur annähernd etwas mit der Rockmusik der späten 80er Jahre, Musicals an sich und sowohl kitschigem als auch selbstironischem Pathos anfangen könnt, dann solltet ihr eure Luftgitarren auspacken und „Rock of Ages“ eine Chance geben – das hat der Film mehr als verdient: 8/10 Punkte.

13 Gedanken zu “Rock of Ages – Extended Cut

  1. Kopfschütteln in der Tat, du bist eben was Filmrezeption angeht doch zu gut und gnädig für diese Welt. Für mich funktionierte der Film überhaupt nicht, obschon ich Musicals mag, die Musik der 80er Liebe und stets für Selbstironie plädiere.
    Hier wurde für meinen Geschmack nur versucht, möglichst viele coole Songs der Ära in eine Geschichte zu stopfen, ohne sich mit den Lieder wirklich auseinander zu setzen (dagegen spielt Moulin Rouge! in einer anderen Galaxie).
    Zudem konnte ich die Darsteller in ihren Rollen nicht ernst nehmen, da sie mit diesen wenig verschmelzen wollten. Speziell Baldwin und Brand waren ein Graus in ihrer inkonsequent erzählten Liebesgeschichte. Erneut ist ein Musical wie Little Shop of Horrors in einer anderen Galaxie im Vergleich.
    Letztlich ist Rock of Ages gut gemeint aber schlecht inszeniert – aber bei dir haben sie ja schlussendlich alle eine Chance auf die 8/10 🙂

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    • Dass du zu denen gehörst, die kein gutes Haar an dem Film lassen, habe ich mir schon fast gedacht. Schade, denn ich finde der Film hat auf jeden Fall seine Stärken – und das Wichtigste: Er macht enorm viel Spaß bzw. kann Spaß machen, wenn man es zulässt und sich nicht an Kritikpunkten aufhängt.

      „Moulin Rouge!“ spielt natürlich in einer ganz anderen Liga und ist für mich ein Kunstwerk. Absolut großartig. „Rock of Ages“ will da aber auch gar nicht mitspielen, sondern vermittelt gute Laune durch das Sammelsurium an Songs und Medleys. Für mich hat z.B. auch die Liebesgeschichte zwischen Baldwin und Brand funktioniert, gerade weil sie so unvermittelt kommt und völlig over the top inszeniert wurde. Charaktertiefe habe ich da nicht vermisst.

      Natürlich hat der Film auch die 8/10 verdient. Er hat mich schließlich großartig unterhalten. Wenn ich nur 6/10 vergebe, wie beim überschätzen „Headhunters“, gibt es ja auch was zu meckern… 😉

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  2. Oha, das macht mir doch Mut, den Film auch bald mal in den Player einzulegen. Ich fand den Trailer damals so vielversprechend und wurde von den vernichtenden Kritik zum Kinostart wieder sehr abgeschreckt. Im Heimkino werde ich mir dann jetzt bald meine eigene Meinung zu ‚Rock of Ages‘ bilden müssen.

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    • Ja, schau ihn dir mal an. Ich hoffe er kann dich ebenso gut unterhalten, wie mich. Durch die Kritiken hätte ich auch fast auf die Sichtung verzichtet, doch ich bin wirklich froh den Film gesehen zu haben – und es war garantiert nicht das letzte Mal! In diesem Sinne: Rock on! 😀

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    • Für mich war es sogar etwas mehr als Klamauk und der Film hat mich sowohl als Hommage auf die 80er sowie deren Musik, als auch als überdrehte Komödie und beinahe schon Trashfilm überzeugt. Einfach exzellente Unterhaltung.

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  3. Ich fand ihn großartig, war für mich ein schöner FeelGood-Movie.
    Als Jahrgang 72 bin ich mit der Musik aufgewachsen und höre sie auch heute noch, von mir ne 9/10.

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    • Freut mich auf jeden Fall, dass ich nicht der einizige bin, dem der Film so gut gefallen hat. Finde es auch schade, dass er so gefloppt ist und sich deshalb vermutlich viele von einer Sichtung abschrecken lassen.

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      • Ich hab mir sogar den OST gekauft, obwohl ich die Songs im Original schon habe, aber ich finde diese mashups klasse.

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      • Hatte ich mir auch schon überlegt, aber ich muss erst einmal bei Spotify o.ä. reinhören, ob die Songs für mich auch ohne den Film funktionieren. Die Originale liegen größtenteils schon irgendwo rum… 😉

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    • Damit machst du auf jeden Fall nichts falsch. Wenn du allerdings sonst auch keine Musicals magst, dann kann es gut sein, dass dich der Film dennoch enttäuschen wird…

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  4. Pingback: Media Monday #99 | Tonight is gonna be a large one.

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