Nightcrawler: Jede Nacht hat ihren Preis (2014)

Willkommen bei der wöchentlichen Filmbesprechung auf diesem (ehemaligen) Filmblog. Was für eine Woche – sowohl was die Arbeit als auch was den Hausbau angeht. Aber ich kann mich glücklich schätzen, schließlich könnte ich auch wie Louis Bloom in „Nightcrawler: Jede Nacht hat ihren Preis“ zweifelhaften Tätigkeiten nachgehen müssen. Und das Nacht für Nacht, wie uns der deutsche Untertitel sehr subtil nahe bringt. Was der Kritikerliebling tatsächlich zu bieten hat, erfahrt ihr in der folgenden Besprechung…

nightcrawler-2014

Das nächtliche Los Angeles übt seit jeher anscheinend eine ganz besondere Faszination auf Filmschaffende aus: ob Michael Mann mit „Collateral“, Nicolas Winding Refn mit „Drive“ oder nun eben Dan Gilroy mit „Nightcrawler“ – all diese Filme erzählen Geschichten voller hypnotischer Fahrszenen und eruptiver Gewaltausbrüche mitten in der Stadt der Engel. Stets stehen Einzelgänger im Mittelpunkt, die keinen Platz in unserer Gesellschaft haben. Mit Louis Bloom rückt Gilroy sogar einen waschechten Soziopathen ins Zentrum der Geschichte, mit dem man als Zuschauer nur schwerlich eine Beziehung aufbauen kann. Oberflächlichkeit sowohl in der kritisierten Medienwelt als auch der Figurenzeichnung. Und das ist dem Film nicht einmal groß abträglich, denn „Nightcrawler“ gehört Jake Gyllenhaal. Es ist komplett sein Film. Keine Frage.

Gyllenhaals Leistung ist überragend und obwohl Bloom in jeder einzelnen Szene ein verabscheuungswürdiger Charakter ist, dem Empathie, Moral und Ethik fremd sind, so schafft es der Schauspieler doch, dass wir an Bloom dran bleiben. Anders als bei anderen Soziopathen der Film- und Seriengeschichte, wie z.B. Tony Soprano, denen man in so mancher Szene durchaus noch gewisse Sympathiewerte abringen konnte, betrachtet man Bloom eher aus der Distanz. Dies lässt den gesamten Film, trotz oftmals warmer Bilder und durchaus vorhandener menschlicher Interaktion, bedrückend kalt wirken. Ein Unmensch, der sich in einer Zwischenwelt bewegt.

Die Handlung ist nicht sonderlich komplex, doch wird die Geschichte absolut mitreißend und packend in Szene gesetzt. Medienkritische Aspekte werden nie direkt angesprochen, dafür aber unglaublich plakativ präsentiert. Auch die teils angedeutete Erklärung für Blooms verhalten (Einsamkeit, Internet, TV, Konsum) schien mir ein wenig aufdringlich in so manche Szene geschrieben, was für die Wirkung seines Charakters nicht nötig gewesen wäre – diesen trägt allein der wirklich fantastische Jake Gyllenhaal. Über Bill Paxton habe ich mich übrigens auch gefreut.

Letztendlich ist „Nightcrawler“ tatsächlich ein sehr guter Film, der formal keine Wünsche offen lässt, inhaltlich aber durchaus noch mehr hätte erzählen können. Muss er aber gar nicht, denn auch als düsterer Thriller mit satirischen Untertönen und unerwartetem Humor weiß Dan Gilroys zurecht gelobtes Erstlingswerk zu überzeugen: 8/10 Punkte.

16 Gedanken zu “Nightcrawler: Jede Nacht hat ihren Preis (2014)

  1. Wow. Da fühlt Bullion eher mit einem Mafiapaten als mit Mr. Bloom. Wow. 🙂

    Wieder mal einer der seltenen Fälle, wo ich einen Film besser bewerte als du. Für mich der beste Film in einem schwachen 2014er Jahrgang (der aber immer noch besser ist als der diesjährige). Kann aber natürlich nachvollziehen, dass dieser doch mitunter sehr spezielle Film nicht jeden wirklich vollends überzeugt.

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    • Ja, ist einfach so. Tony Soprano hatte ja ganz bewusst Szenen, in denen er als fürsorglicher Vater oder loyaler Freund gezeichnet wurde, der auch Schwächen hat und echte Emotionen zeigt – dennoch ein Soziopath, keine Frage. Bloom dagegen besitzt diese Seite überhaupt nicht, was für mich aber dennoch ein interessanter Ansatz war. Nur eben ohne Mitgefühl.

      Ich weiß noch, dass du sehr begeistert von dem Film warst. Ganz so sehr bin ich es (noch?) nicht, doch fand ich ihn auch wirklich sehr gut.

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  2. Ich hab den damals gesehen und nie bewertet, weil ich einfach nicht wusste wie^^

    Einerseits hat er mich fasziniert, andererseits auch gelangweilt. Gyllenhaal ist stark, das steht außer Frage und für seinen Charakter hatte ich hin und wieder auch Sympathie. Es war immer so ein hin und her. Wie mit dem Typen aus Simon Becketts „Tiere“.

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    • Das ist ja auch eine spannende Aussage, wenn man überhaupt nicht weiß wie man den Film bewerten soll. Mir ginge es eher mit Gyllenhaals Hauptfigur so, die ich überhaupt nicht sympathisch fand. Dies hat es mir teils schwer gemacht mit ihm mitzugehen, bin ich dann durch das famose Schauspiel aber dennoch. Hat sich gelohnt! 🙂

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  3. Ich hab den Film bisher nur bis zur Hälfte gesehen. Ich finde es schwierig einer Figur zu folgen, die man selber total komisch und abstoßend findet. Wenn jemand einen kompletten Tatort verändert, da hört’s einfach bei mir auf. Aber ich werde den Film auf jeden Fall demnächst noch fertig anschauen. Wird bestimmt noch ordentlich blutig und dreckig… Ich meld mich dann nochmal, wenn meine Kritik fertig ist.

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    • Das kann ich so gut nachvollziehen. Meist sind Protagonisten ja noch in irgendeiner Form sympathisch gezeichnet – selbst wenn es nur die kleinsten Aspekte sind. Gyllenhaals Bloom fand ich jedoch auch komplett abstoßend – und die Veränderung des Tatorts war da nur der Anfang. Bin gespannt, wie du den Film letztendlich fandest!

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