Keinohrhasen (2007)

Wer hätte gedacht, dass sich mein wohl letzter Kinobesuch dieses Jahr einen Platz unter meiner 2007er Kino-Top 3 sichern würde? Wer hätte gedacht, dass dies ein Film von und mit Til Schweiger sein könnte? Ich nicht! Ich bin mit der Erwartung in „Keinohrhasen“ gegangen, einen Kinobesuch für meine Frau zu absolvieren. Eine romantische Komödie eben. Eventuell nett, aber nichts besonderes. Nun holt sich hinter „Pans Labyrinth“ und „Ratatouille“ doch tatsächlich Til Schweiger die diesjährige Bronze-Medaille. Kaum zu glauben.

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Meine Beziehung zu deutschen Beziehungskomödien habe ich ja bereits dargelegt. Dort konnte man auch lesen, dass ich Til Schweiger in „Wo ist Fred?“ überraschend gut fand. Was ich heute gesehen habe, hätte ich jedoch nicht für möglich gehalten. Herrn Schweiger ist tatsächlich die beste romantische Komödie gelungen, die ich seit „Notting Hill“ gesehen habe – und das mag etwas heißen! Vergesst die typische TV-Optik der deutschen Beziehungskomödien. Vergesst die Verklemmtheit der amerikanischen Pendants. Vergesst peinlichen Fäkalhumor. Hier paaren sich schmissige Dialoge mit urkomischen Slapstickeinlagen. Rührende Szenen mit bissiger Satire. Zudem durfte ich erstmals gelungene Gastauftritte von deutschen Komikern erleben. Wer hätte das gedacht!

Die Geschichte gewinnt sicherlich keinen Preis: Ein ungleiches Paar. Eine graue Maus findet die große Liebe. Ein Arschloch wandelt sich zum Traummann. Kurz vor Ende droht er die ganze Chose zu vermasseln, nur um dann genau das Richtige zu tun. Happy End. Doch wie heißt es so schön? Der Weg ist das Ziel. Und was für einen Weg „Keinohrhasen“ beschreitet! Bereits die Eröffnungsszene mit einem herrlich selbstironischen Jürgen Vogel ist das Eintrittsgeld mehr als wert. Weiterhin nimmt der Film kein Blatt vor den Mund. Egal ob es um Sex, Hollywood, deutsche TV-Stars oder ein berühmtes Boulevardmagazin geht. Wirklich erfrischend.

Besonders hervorheben möchte ich die Inszenierung. Hier gibt es keine vollkommen willkürlichen Farbkombinationen, wie so oft im deutschen Kino. Die Farblichkeit orientiert sich an erdigen Herbsttönen. Die Kamera passt sich den warmen Farben an und zaubert stimmige Bilder auf die Leinwand. Der Soundtrack ist zudem perfekt darauf abgestimmt und weiß im richtigen Moment die richtigen Emotionen zu transportieren. Auch hier versteht Til Schweiger sein Handwerk, der übrigens auch als Schauspieler zu überzeugen weiß und gar famos mit der unglaublich erfrischenden Nora Tschirner harmoniert.

Ich kann jedem, den diese überschwängliche Kritik nun verwundert, nur empfehlen sich „Keinohrhasen“ anzusehen. Es mag an der weihnachtlichen Zeit liegen, doch wurde ich lange nicht mehr so gut und erfrischend unterhalten. Ich bin wahrlich glücklich und mit einem Grinsen auf dem Gesicht aus dem Kino gekommen. Til Schweiger hat sich für mich damit rehabilitiert und sein Name soll in Zukunft keine abschreckende Wirkung mehr in Bezug auf meine Filmwahl haben. Ich werde sogar Ausschau nach seinem vorherigen Film „Barfuss“ halten. Ein wirklich rundum gelungener Film: 9/10 Punkte.

27 Gedanken zu “Keinohrhasen (2007)

  1. Tscha… Wenn es meiner Jule nicht zu stressig gewesen wäre, vor Weihnachten nochmal ins Kino zu gehen, dann hätt ich den schon längst gesehen… So aber kann ich leider erst heute gehen. Bin aber schon sehr gespannt nach deiner guten Kritik 🙂

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  2. Dann werd ich auch noch mal sehen, was ich so tun kann. War bisher unentschlossen, da ich die Vorschau gut fand (wenn Leute auf Harkenstiele treten, find ich das nun mal komisch :-).), aber Til Schweiger sonst auch echt gar nicht abkann. Na gut, geben wir ihm noch mal eine Chance.

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  3. Ehrlich gesagt schreckt mich Till Schweiger immer noch ab, aber ich werde mir dank vieler Kritiken in dieser Richtung und natürlich Nora Tschirner den Film trotzdem mal anschauen. Vielleicht nicht unbedingt im Kino, weil mir dafür anscheinend die richtigen Leute fehlen („Alien vs. Predator II!! BOAH WIE GEIL!!“), aber spätestens wenn er auf DVD erhältlich ist.

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  4. Echt nicht von Til Schweiger abschrecken lassen! Ich konnte ihn lange Zeit überhaupt nicht sehen, doch mit „Wo ist Fred?“ ist er mir echt sympathisch geworden. Und nun „Keinohrhasen“, bei dem er ja auch Co-Autor war und Regie geführt hat! Da scheint viel von ihm in dem Projekt drinzustecken – und es ist ein wirklich charmanter Film geworden. Überzeugt euch selbst davon und schreibt etwas schönes darüber! 🙂

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  5. Komme gerade aus dem Kino – bin ich nicht folgsam? 😉 Ich muß sagen, daß ich wirklich positiv überrascht war. Nette Story, gute Schauspieler und ein paar richtig gute Gags. Die überbordende Begeisterung kann ich dann allerdings doch nicht teilen – einige Lacher waren mir dann doch etwas zu sehr unter der Gürtellinie (vielleicht bin ich auch verklemmt. Ich bin aber nicht unlocker. Ich kann mich total gehen lassen – nur damit das klar ist ;-)… Nora Tschirner fand ich übrigens extrem gut in der Rolle) Alles in allem würd ich aber eher so auf 7/10 Punkte kommen.

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  6. @ Miss Sophie: Fantastisch, solche Leser lob ich mir! 😀

    Ich kann verstehen, dass nicht jeder meine Begeisterung nach der Sichtung teilt. Doch wenn ich so glücklich und positiv überrascht aus dem Kino komme, dann muss ich das einfach entsprechend würdigen. Ich fand die Inhalte auch teils sehr derb, was ich persönlich erfrischend fand – bei der FSK6-Freigabe kann ich jedoch nur den Kopf schütteln. Viele Eltern dürften sich nun auf jedem Fall mit ein paar interessanten Fragen konfrontiert sehen… 😉

    @ Paul: Also wirklich. Frauen! Bei einem Männerfilm hätte ich das Trödeln ja noch verstanden, aber so… 😉

    @ pipollina: Danke! Ja, schau dir den Film an, dann wird dir auch in der kalten Schweiz warm ums Herz… 🙂

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  7. FSK 6 ist wirklich ziemlich Murks. Herr Schweiger sagt ja, man soll Kinder so früh aufklären wie möglich, aber es bringt einfach nichts, mit Vorschülern über Cunnilingus zu diskutieren. Ist meine persönliche Meinung. Andererseits würd ich aber auch sowieso nie mit kleinen Kindern in einen Film gehen, nur weil die FSK stimmt. Da muß man dann schon mal fünf Minuten investieren und sich zumindestens mal einen Trailer oder so im Internet ansehen. Den Taxifahrer-Gag am Schluß fand ich dann jedenfalls auch wieder ziemlich witzig 🙂

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  8. Stimmt, das hatte ja auch weniger mit Aufklärung zu tun. Da dürften sich dann eher die Eltern auf den Schlips getreten fühlen, aber das ist dann deren Problem, wenn sie sich nicht – wie du bereits völlig korrekt festgestellt hast – vorab über den Film informiert haben. So eine Haltung kann ich eh nicht verstehen…

    Der Taxifahrer-Gag hat mir auch richtig gut gefallen! Tolles Timing und schön unaufdringlich inszeniert. 🙂

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  9. „Pans Labyrinth“ auf Platz 1? Interessant. Ist jetzt Mal etwas unkonvetionelleres, als die ueblichen Verdaechtigen 😉

    Haben den Film inzwischen auch gesehen . Unter anderem wegen solch positiven Kritiken und mit der leisen Hoffnung, dass Til Schweiger nicht gut ist 😉
    Wurde enttaeuscht.
    Es war schlussendlich ein ganz guter Film, der lustig war. Eine gewisse Selbstironie, die nicht plump war.
    Einbau des Kinderhorts hatte natuerlich den Vorteil die „suessen“ Kinder einzubauen. Ist halt wie „Wetten Dass“. Kinderwetten kommen immer gut an.

    Yeap, das mit der FSK ab 6 fand ich ebenfalls etwas kritisch.

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  10. „Pans Labyrinth“ war für mich ja auch einer der herausragendsten Filme seit langem. Selbst wenn ich es öfter ins Kino geschafft hätte, wäre da kaum ein anderer Film rangekommen…

    Das mit dem Kinderhort hatte ich mir beim Trailer schon gedacht. Allerdings hatte ich da noch viel mehr geballte Niedlichkeit befürchtet. Insofern konnte mich auch dieser Aspakt nicht abschrecken… 😉

    Werde mir deine Kritik beizeiten einmal zu Gebüte führen…

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  11. “Pans Labyrinth” war für mich ja auch einer der herausragendsten Filme seit langem.

    Die Geschichte an sich war nicht schlecht. Irgendwie passte mir die Verbindung zwischen der realen und der maerchenhaften Welt nicht so ganz. Beide Geschichten an sich waren sehr gut.

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  12. Da muss ich mich mal einmischen. Ich fand Pans Labyrinth ebenfalls großartig und fand gerade die Verbindung der realen Welt mit Orphelias Traumwelt sehr gut gemacht.

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  13. Nein. Nicht falsch verstehen. Die 2 Geschichten waren sehr gut. Kann man auch zusammen in einem Film bringen, wenn es wie hier, bewusst gemacht wird.
    Was bei mir eben nicht ganz so angekommen ist, war wie sie verknuepft waren. Wie so vieles wohl Geschmackssache 😉

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  14. @ Paul: Freut mich, dass der Film auch bei dir eingeschlagen hat. Aber Feiertagszuschlag? Gibt es bei uns glaub ich nicht. Hier ist Kino immer schweineteuer… 😉

    @ grossesmanitu: Mir hat auch gerade die Verbindung zwischen Traumwelt und Realität gefallen. Orphelias Fantasie hat ja meist Dinge herauf beschworen, die sie in anderer Form in der Realität wahrgenommen hat. Aber sicherlich ist auch – bzw. gerade – dieser Film Geschmackssache.

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  15. Wirklich guter Film, hat bei mir ne 8 von 10 bekommen und ich hab Til Schweiger jetzt auch wieder lieb 🙂

    Der Vorgänger BARFUSS ist meiner Meinung nicht ganz so stark, aber auf jeden Fall auch sehenswert.

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  16. Ich finde es wirklich faszinierend, wie viel Anklang der Film findet. Da scheine ich mit meiner euphorischen Meinung nicht ganz alleine dazustehen… 😉

    „Barfuss“ steht so oder so schon auf meiner Liste. Wird irgendwann demnächst bestimmt gesichtet.

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