Pünktlich zu Ostern kommt Mel Gibsons kontrovers diskutiertes Bibeldrama „Die Passion Christi“ als TV-Erstausstrahlung natürlich zur richtigen Zeit. Auch für mich, denn mich hat schon länger interessiert, was denn nun dran ist, an dem oft als skandalös bezeichneten Werk.

Vorausschicken sollte ich, dass ich durchaus gläubiger Christ bin, wenngleich ich mit der Kirche selbst nicht allzu viel anfangen kann. Ebenfalls muss ich über so manch in der Bibel geschildertes Ereignis eher schmunzeln, als dass es in mir ein Gefühl der Erfurcht auslöst. Vielen Dingen stehe ich folglich eher skeptisch gegenüber, wenngleich ich mir sicher bin, dass Gott in irgendeiner Form existiert. Ob Jesus – und damit Gottes Sohn – nun wirklich so, wie in der Bibel überliefert, auf Erden gewandelt ist, darüber mag ich mir kein Urteil erlauben. Dennoch glaube ich, dass auch hier ein wahrer – historischer – Kern zugrunde liegt.
Ich habe versucht an den Film möglichst objektiv heranzugehen, wenngleich ich mir eigentlich sicher war, ihm nicht sonderlich viel abgewinnen zu können. Letztendlich hat es mich überrascht, wie mitreißend Gibson die Darstellung von Jesus letztem Gang doch gelungen ist. Rein inszenatorisch erinnert der gesamte Film an die letzten Minuten von „Braveheart“. Es wird in Zeitlupe gefoltert, es gibt Großaufnahmen des Leidenden und der Schmerz wird fast körperlich spürbar. Unterbrochen wird die Folterorgie durch Rückblenden, die eine emotionale Bindung herstellen. Was die Folterszene in „Braveheart“ zu einer der eindringlichsten des gesamten Films gemacht hat, verliert hier etwas an Wirkung. Teils konnt ich zwar fast nicht mehr hinsehen, doch wurden das körperliche Leiden und der Sadismus der Wachen zu sehr in den Vordergrund gerückt. Meiner Meinung nach hätte man auf eine ausgewogenere Mischung von Rückblenden und dem Leidensweg setzen sollen. Die gewählte Erzählform an sich weiß nämlich durchaus mitzureißen.
Teils habe ich das Gefühl gehabt die Verfilmung eines Romans zu sehen, den ich seit Kindestagen nicht mehr gelesen habe. Viele Zitate und Begebenheiten sind mir aus dem Religionsunterricht noch sehr präsent gewesen und es war teils wirklich interessant diese perfekt inszeniert auf dem Bildschirm zu sehen. Diese perfekte Inszenierung ist gleichzeitig jedoch auch ein Manko des Films. Gibson wollte – nach eigener Aussage – den Leidensweg Christi so darstellen, wie er sich zugetragen hat. Gegen dieses Vorhaben spricht allerdings die viel zu emotionale Art der Inszenierung. Es wird in Bildern geschwelgt, es gibt unzählige Zeitlupenaufnahmen, die Montage ist sehr manipulativ usw. Der Film wirkt für seinen Inhalt technisch zu perfekt. Andererseits wüsste ich auch nicht, wie man diesen Anspruch hätte besser umsetzen können. Dokumentarstil? Ohne emotionale Inszenierung? Ich weiß es nicht.
Die letzte große Frage, die sich mir stellt: War es überhaupt nötig diesen letzten Abschnitt aus Jesus Leben in dieser emotionalen Detailversessenheit zu zeigen? Ich bin mir nicht sicher. Andererseits: Welcher Film ist schon nötig? Insgesamt lässt mich Gibsons Werk recht unschlüssig zurück. Der Film konnte mich durchaus packen, selbst die Gewaltdarstellung finde ich gerechtfertigt. Allerdings hätte man die Geschichte inhaltlich ausgewogener erzählen können, denn dann wäre die emotionale Bindung auch mit weniger Gewaltszenen vorhanden gewesen und man hätte sich nicht allein auf den Schockeffekt und das Mitgefühl der Zuschauer verlassen müssen.
Es wäre bestimmt interessant zu wissen, wie bibelfeste und sehr gläubige Menschen den Film aufnehmen. Ebenso wie Menschen ohne Glauben, für die das Gesehene wohl jeglicher Grundlage entbehrt. Ich selbst bereue die Sichtung nicht, wenngleich der Film für mich auch etwas schwierig zu greifen ist. Deshalb wollte ich eigentlich auch auf eine Bewertung nach der klassischen Punkteskala verzichten. Doch letztendlich handelt es ja nur um einen Film. Die Umsetzung einer Geschichte. Und als diese ist der Film – trotz Schwächen und seiner besonderen Position – durchaus mitreißend und in starken Bildern erzählt, wenngleich ich es wohl bei dieser einen Sichtung belassen werde: 7/10 Punkte.