Wider Erwarten habe ich es doch noch zu Dennis Gansels Verfilmung von „Die Welle“ ins Kino geschafft – unserem beschaulichen Dorfkino sei Dank. Damit habe ich dieses Wochenende zwei Filme auf der großen Leinwand gesehen, vermutlich das erste Mal seit der seligen Schulzeit. Trotz EM war das Kino verhältnismäßig gut besucht, was wohl durch die Popularität der Geschichte zu erklären ist.

Vorausschickend sollte ich erwähnen, dass ich die Vorlage nie gelesen habe und damit wohl einer Minderheit angehöre, wird Morton Rhues „Die Welle“ doch in den meisten Schulen als Pflichtlektüre angesehen. Ich konnte somit jedoch völlig unvoreingenommen an den Film herangehen, was bei Literaturverfilmungen oft einen ganz anderen Blickwinkel offenbart. Mein Interesse ist nun auf jeden Fall geweckt und falls mir die Vorlage einmal in die Hände fällt, werde ich garantiert einen Blick riskieren.
Zunächst einmal möchte ich auf die Inszinierung eingehen, die dem modernen Kino Hollywoods in wahrlich nichts nachsteht. Kühle Ästethik in Cinemascope. Das deutsche Kino muss sich hier nicht verstecken. Professionalität wohin man blickt. Ein audiovisueller Genuss, der manchmal schon zu perfekt wirkt. Dieser beinahe schon glattgebügelte Look unterstreicht leider auch die Schwächen des Drehbuchs. Zwar wunderschön anzuschauen, doch fehlt der Bruch – die unerwartete Spannung – die dem Thema innewohnt.
Inhaltlich ist der Film ebenso perfekt aufgebaut. Perfektionismus à la Hollywood. Eine mitreißende Dramaturgie, die – wie erwartet – mit einem Knall verpufft. All das ist leicht konsumierbar. Die Spannungsschraube wird genau im richtigen Moment angezogen. Die Charaktere sind von Anfang an eindeutig definiert. Man kann voraussehen, was passieren wird – und genau hier liegt der Hund begraben. Gäbe es das – von Anfang an zu erwartende – Ende nicht, wären die vorangehenden Szenen zu schwach. Die Gefahr geht hier von einem Individuum aus und eben nicht von der anonymen Masse. Dem blinden Gehorsam. Hier hätte man mit dem Spannungsaufbau brechen müssen, die Aussage des Films verstärken. Am Ende bleibt der perfekte Thrill – das kalte Grauen verpufft jedoch.
Schauspielerisch ist der Film ebenfalls absolut hochwertig. Allen voran Jürgen Vogel, der die zentrale Figur – den Lehrer Rainer Wenger – mit Hingabe mimt und sich für mich damit einmal mehr als einer der besten deutschen Schauspieler beweist. Leider wird seiner Figur zu wenig Screentime gegönnt, was seinen Charakter – besonders gegen Ende – unnötig schwächt. Auch die Schüler sind größtenteils perfekt besetzt, was für die nachwachsende Schauspielergeneration Hoffnung gibt. Hier konnte ich wirklich keinen Kritikpunkt finden.
Insgesamt ist „Die Welle“ ein äußerst unterhaltsamer und perfekt inszenierter Film, der leider größere inhaltliche Schwächen aufweist. Aus dem Thema hätte man weit mehr machen können, doch dann wäre der Film für die Zielgruppe vielleicht zu unbequem und unspektakulär geworden. Sehenswert, aber – für das Thema – eindeutig zu zahm und berechenbar: 7/10 Punkte.




