Klaus (2019)

Nachdem wir heute bereits den Weihnachtsbaum aufgestellt und geschmückt haben, waren die Kinder schon sehr in Weihnachtsstimmung. Am Abend war dann irgendwie die Luft raus und wir sind nur noch aufs Sofa gefallen. Somit haben wir mit „Klaus“ ausnahmsweise einen weiteren Filmabend veranstaltet. Von der Netflix-Produktion hatte ich schon viel Gutes gehört und somit auf ein echtes Highlight gehofft… 🎅

Klaus (2019) | © Netflix

Klaus (2019) | © Netflix

Toll animiert, emotional und doch „nur“ gut

Am meisten war mir „Klaus“ im Vorfeld als Retter der 2D-Animation ein Begriff. Und ja, ich muss sagen, dass ich den Stil toll fand. Ein wahrer Augenschmaus. Allerdings gibt es, bis auf die Figuren, gar nicht so viele rein 2D-animierten Elemente, da Hintergründe, Gegenstände und gerade Licht und Schatten offensichtlich computer-gestützt animiert wurden und somit sehr modern wirken. Das ist nicht schlimm, aber für mich ist „Klaus“ damit kein rein klassisch animierter Film, sondern nimmt sich eben das Beste aus beiden Welten. Was „Klaus“ zweifellos besitzt, ist ein eindeutiger Stil, der ihn vom Großteil der heutigen Animationsfilme abhebt. Wahrlich ein frischer Wind.

Inhaltlich mochte ich „Klaus“ auch über weite Strecken. Speziell, wenn er sich dann doch einmal näher an seine Figuren heranwagt. Leider verbringt Regisseur Sergio Pablos sehr viel Zeit damit, die Fehde zweier verfeindeter Familien in Zwietrachtingen auszuführen, was für so manchen grotesken Moment sorgt, mich aber nie wirklich in die Geschichte hineingezogen hat. Ich hätte gerne mehr Zeit mit Klaus und Jesper verbracht, denn hier liegt in meinen Augen das wahre Potenzial der Geschichte.

Fazit

Mir und den Kindern hat „Klaus“ durchaus Freude bereitet. Allerdings hätte ich zuvor erwartet, dass mich der Film inhaltlich mehr zu begeistern weiß. Letztendlich wird er mir vor allem durch seinen Stil im Gedächtnis bleiben. Nur der Zwergofant war mehr von der Welt und speziell Klaus eingenommen. Ein nettes Weihnachtsmärchen: 7/10 Punkte. (Zappelinchen: 6/10 Punkte; Zwergofant: 9/10 Punkte.)

Zwei wie Pech und Schwefel – OT: …altrimenti ci arrabbiamo! (1974)

Was für ein Tag. Nachdem der Zwergofant spontan einen Arzttermin bekommen hat, ging es recht schnell und er musste am späten Nachmittag einen kleinen Eingriff über sich ergehen lassen. Es ist alles gut gegangen, doch das alles hat unseren Tag ziemlich durcheinandergewirbelt. Der Zwergofant war auch komplett durch und am Abend durfte er sich noch einen Film aussuchen. Der er nur noch Sicherheit und Unterhaltung wollte, hat er sich mit „Zwei wie Pech und Schwefel“ für einen Spencer/Hill-Film entschieden und war mit dieser Wahl auch sichtlich zufrieden… 🏎🛺🏍

Zwei wie Pech und Schwefel (1974) | © Universum Film

Zwei wie Pech und Schwefel (1974) | © Universum Film

„Hast du Feuerschweif am Heck, spült das Wasser alles weg.“

Im Gegensatz zu vielen anderen Spencer/Hill-Filmen, gehört „Zwei wie Pech und Schwefel“ nicht zu denen, die ich früher am laufenden Band geschaut habe. Dennoch sind mir heute etliche Szenen wieder bekannt vorgekommen. Nach der großen ersten Action-Szene, dem Autorennen, dauert es recht lange bis zum ersten Mal die Fäuste fliegen. Überhaupt wirkt „Zwei wie Pech und Schwefel“ über weite Strecken erstaunlich geerdet und nicht so übertrieben, wie etliche andere Filme des Prügelduos. Wenn es dann aber zur Sache geht, macht auch dieser Film keine Gefangenen. Die Prügelszenen im Fitnessclub und auf den Motorrädern stellen nach wie vor die wohl besten der gesamten Filmografie von Bud Spencer und Terence Hill dar.

„Steht um zwölf Besuch ins Haus, ruh‘ zunächst im Park dich aus.“

Das Highlight ist aber wohl die Chorszene, bei der sich sowohl der Zwergofant als auch das Zappelinchen vor Lachen überhaupt nicht mehr eingekriegt haben. Das war tatsächlich Balsam für meine Ohren nach all den Tränen des heutigen Tages. Schon alleine deshalb liebe ich den Film gleich umso mehr. Neben dieser rein persönlichen Perspektive fand ich es zudem ungewöhnlich, Donald Pleasence in einer größeren Nebenrolle zu sehen. Der Star aus John Carpenters „Halloween“ hatte hier vier Jahre vor seinem großen Durchbruch eine mehr als absurde Rolle inne.

Fazit

Schon seltsam, wie ein Film am Ende eines konfusen Tages alles wieder geraderücken kann. „Zwei wie Pech und Schwefel“ objektiv zu bewerten ist mir somit nicht möglich. Nun bleiben uns nur noch wenige gemeinsame Filme des Duos. Und danach? Vermutlich beginnen wir, wie früher, einfach wieder von vorne: 8/10 Punkte.

Der Schacht – OT: El Hoyo (2019)

Nach einem recht angespannten Samstag, der nur durch einen kurzen Lauf am Abend aufgelockert wurde, habe ich einen ebenso angespannten Film ausgesucht. Die spanische Netflix-Produktion „Der Schacht“ hat mich durch seine High-Concept-Prämisse überzeugt und ich war gespannt, was Regisseur Galder Gaztelu-Urrutia aus der interessanten Idee gemacht hat. 🥓🥘🥗🥔🥞

Der Schacht (2019) | © Netflix

Der Schacht (2019) | © Netflix

Wenn „Cube“ auf „Snowpiercer“ trifft

Tatsächlich hat mich der Film über weite Strecken stark an Vincenzo Natalis „Cube“ erinnert. Der eingeschränkte Schauplatz, die immer gleichen Räume, die Bewegung der Plattform und vor allem die allesamt unausstehlichen Figuren. Inhaltlich dagegen ist „Der Schacht“ ebenso wie Bong Joon-hos „Snowpiercer“ eine Allegorie auf den Kapitalismus bzw. unsere Klassengesellschaft. Dabei geht Galder Gaztelu-Urrutia nicht sonderlich feinfühlig vor, sondern prügelt das Bild ziemlich direkt durch die Geschichte. Fressen oder gefressen werden. Die Scheiße fließt wortwörtlich von oben nach unten. „Der Schacht“ ist dreckig und abstoßend, dabei aber auch ziemlich effektiv in seiner Bildsprache.

Weniger gut hat für mich die weitere Überhöhung funktioniert. Wenn Goreng zum Messias stilisiert wird und das Kind am Ende die Rettung sein soll? Das war mir zu viel Geschwurbel. Ich habe nichts gegen offene Enden und auch „Cube“ besitzt letztendlich ein sehr vergleichbares, das aufgrund seiner Direktheit aber deutlich besser funktioniert. Hier dagegen habe ich es fast schon so empfunden, als hätten die Autoren nicht wirklich gewusst, wie sie die Geschichte zu Ende bringen sollen.

Fazit

Auch wenn „Der Schacht“ kein perfekter Film ist, so ist er doch wirklich bedrückend und besitzt eine ganz eigene Atmosphäre. Nichts für zimperliche Gemüter und sicherlich auch nicht die Laune steigernd. Für Genre-Fans auf jeden Fall eine Empfehlung, gerade wenn man auf High-Concept-Ansätze steht: 7/10 Punkte.

Escobar: Paradise Lost (2014)

Nach einem erfolgreichen Tag, stand heute Abend natürlich ein Film auf dem Programm. In den Player wanderte „Escobar: Paradise Lost“, der schon länger ungesehen im Regal stand. Ob sich der Blick auf Pablo Escobars Leben aus einer ungewohnten Perspektive lohnt, lest ihr in der folgenden Besprechung…

Escobar: Paradise Lost (2014) | © Alive Vertrieb und Marketing

Escobar: Paradise Lost (2014) | © Alive Vertrieb und Marketing

Liebe macht blind – Der Film

Zunächst einmal fällt die nicht chronologische Erzählweise auf. Das ist an sich kein besonders ungewöhnlicher Kniff, doch ist es Regisseur Andrea Di Stefano nicht immer gelungen, die Zeitebenen klar zu definieren. Das liegt vermutlich auch an der ungewohnten Montage, bei der Schwarzblenden häufig recht unmotiviert wie harte Schnitte eingesetzt werden. Für manche mag das kunstvoll wirken, mich hat es öfter aus dem Film geworfen. Wenn wir schon bei den formalen Aspekten sind, bleibt zu erwähnen, dass die Schauplätze in schönen Bildern eingefangen werden. Man bekommt ein gutes Gefühl für örtliche Zusammenhänge und die Stimmung im Land. Wirklich schön. Der Score dagegen erschien mir ziemlich aufdringlich.

Inhaltlich ist der Film ähnlich unrund, wie in seiner Inszenierung. Die Liebesgeschichte überwiegt und Pablo Escobar verkommt fast schon zum reinen Setting. Eigentlich ein interessanter Ansatz, doch spielt Benicio Del Toro den Drogenbaron so großartig und charismatisch, dass ich gerne mehr von ihm gesehen hätte. Die eigentliche, von Josh  Hutcherson gespielte, Hauptfigur Nick wird dagegen so naiv gezeichnet, dass dies trotz seiner Verliebtheit zu Pablo Escobars Nichte fast ein wenig unglaubwürdig wirkt. Dennoch wusste mich der Film, als Nick endlich aufwacht, wirklich zu packen. Das Finale ist spannend inszeniert und bleibt ganz am Ende wunderbar bittersüß. Aber eben auch unspektakulär und vorhersehbar. Überraschungen sollte man somit auch lieber nicht erwarten.

Fazit

Insgesamt war „Escobar: Paradise Lost“ ein nett anzusehender und durchaus spannender Film, dem ein wenig mehr Fokus auf seine Stärken gut getan hätte. Diese besitzt der Genre-Mix nämlich durchaus. So bleibt am Ende jedoch das Gefühl, einen nur ganz netten Film mit einem herausragenden Benicio Del Toro und ein paar spannenden Einzelszenen gesehen zu haben: 6/10 Punkte.

Sieben Minuten nach Mitternacht – OT: A Monster Calls (2016)

Heute war ein wenig erfreulicher, fordernder und emotional anstrengender Tag. Typisch Freitag, der 13. könnte man meinen. Da die Stimmung ohnehin schon ziemlich im Keller war, konnte ich mich auch gleich „Sieben Minuten nach Mitternacht“ stellen, der ohnehin schon viel zu lange ungesehen im Regal stand. Meine Frau hat das Buch gelesen und ich habe schon einige positive Stimmen zu den Film gehört. Dennoch hatte ich mich aufgrund der Thematik lange nicht an die Geschichte herangewagt…

Sieben Minuten nach Mitternacht (2016) | © STUDIOCANAL

Sieben Minuten nach Mitternacht (2016) | © STUDIOCANAL

Der personifizierte Schmerz des Abschieds

In den letzten Jahren haben sich Sterbedramen als beinahe schon eigenes Genre etabliert. Oft in Kombination mit einer tragischen Liebesgeschichte, ziehen diese Filme Zuschauer in Scharen in die Kinos. Für mich unverständlich. Auch wenn ich recht nah am Wasser gebaut bin, wenn es um Filme geht, mache ich normalerweise einen großen Bogen um Geschichten dieser Art. Vielleicht weil ich selbst schon zweimal Abschied von mir nahestehenden Menschen nehmen musste. Wieso sich also Filme anschauen, die einzig und allein Krankheit, Schmerz und Tod zum Thema haben? Bei „A Monster Calls“ haben mich jedoch sowohl der Fantasy- als auch der Coming-of-Age-Aspekt gereizt. Dennoch war mir von Anfang an klar, dass es keine einfache Sichtung werden würde – und ich sollte recht behalten…

Den jungen Conor (großartig gespielt von Lewis MacDougall) dabei zu begleiten, wie er den Abschied von seiner sterbenden Mutter verarbeitet, ist mir tatsächlich nicht leicht gefallen. Zu oft musste ich daran denken, was meine Kinder in einem ähnlichen Fall durchzumachen hätten. Keine schönen Gedanken. Die Geschichte nähert sich dem Thema behutsam und das titelgebende Monster als Allegorie für Conors Schmerz ist ein wunderbarer erzählerischer Kniff. Zunächst hatte ich die Befürchtung, dass die Geschichte unter den großen Effekten leiden könnte, doch das CGI fügt sich nahtlos in die Handlung ein und lässt den Figuren genügend Luft zum Atmen. Neben Lewis MacDougal wissen Felicity Jones als sterbende Mutter und Sigourney Weaver als Großmutter des Jungen zu überzeugen.

Fazit

Regisseur Juan Antonio Bayona (u.a. „The Impossible“) setzt die ergreifende Geschichte in starken Bildern um. Selbst die eingeschobenen Märchen wissen aufgrund ihres besonderen Animationsstils zu überzeugen. Trotz der Effekte werden mir jedoch vor allem die zwischenmenschlichen Szenen in Erinnerung bleiben – und am Ende sind, wie zu erwarten, die Tränen geflossen. Ein starker und ergreifender Film, den ich allerdings so schnell nicht mehr anschauen werde – und das ist durchaus als Kompliment zu verstehen: 8/10 Punkte.

Dein Weg – OT: The Way (2010)

Nachdem ich heute den ganzen Tag ein Blockseminar gegeben habe, ist nicht nur meine Stimme nahezu komplett weg, es machte sich auch schon früh eine gewisse Müdigkeit bemerkbar. Auf einen Film wollte ich dennoch nicht verzichten: Die Wahl fiel letztendlich auf „Dein Weg“ von Emilio Estevez, der bereits seit mehreren Jahren auf meiner imaginären Liste der noch zu sehenden Filme steht. Ob das beinahe schon meditative Drama die richtige Wahl für solch einen müden Abend war?

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Es mag am Kaffee liegen, den ich erst zu später Stunde zu mir genommen habe, doch eingeschlafen bin ich tatsächlich nicht. Es bestand nicht einmal annähernd die Gefahr – und ich möchte dies dem Film zuschreiben, denn er hat mich gar wunderbar unterhalten. Meine langjährigen Leser wissen, dass Vater-Sohn-Beziehungen (siehe auch „Wish I Was Here“ oder „Beginners“ oder „About Time“) seit jeher einen Nerv bei mir treffen. Folglich ist es auch keine Überraschung, dass der auf zwei Ebenen mit der Vater-Sohn-Beziehung spielende „The Way“ mich berührt hat: Emilio Estevez hat die Rolle der Hauptfigur Tom für seinen Vater Martin Sheen, den ich spätestens seit „The West Wing“ liebe, geschrieben. Gleichzeitig verkörpert Sheen den Vater des auf dem Jakobsweg verstorbenen und von Emilio Estevez gespielten Daniel. Und man merkt diese persönliche Komponente in wirklich jeder Szene des Films.

Es wird viele Zuschauer geben, die den Film nicht ertragen können. Er strotzt nur so vor religiösen und spirituellen Untertönen, die letztendlich aber auch nur Untertöne sind und das Setting für vier ganz individuelle Geschichten bilden. Weiterhin passiert nicht viel in dem Film, sprich man beobachtet zwei Stunden lang Tom, wie er auf dem Jakobsweg unterschiedlichen Pilgern begegnet und sich langsam mit diesen anfreundet. Das muss man mögen. Und ich mochte es wirklich sehr. Man bekommt tatsächlich ein Gefühl für die Landschaft und die Art von Menschen, die sich auf solch eine Reise begeben. Weiterhin ist die Dynamik zwischen unseren vier Pilgern großartig und ich habe sehr gerne zwei Stunden meiner Zeit mit ihnen verbracht. „Dein Weg“ ist kein aufregender Film, aber ein kraftvoller.

Müsste ich etwas kritisieren, dann vermutlich die ein wenig beliebig wirkende Zusammenstellung des Soundtracks. Ebenso fügt sich nicht jede Episode perfekt in die Geschichte ein, doch das macht für mich auch den Reiz dieses Films aus. Spontane Begegnungen sind eben nicht immer perfekt. Am Ende war ich sogar richtig wehmütig, dass die Reise nun vorbei ist. Ich kann mir gut vorstellen, den Weg irgendwann noch einmal zu gehen: 8/10 Punkte.

The Impossible – OT: Lo imposible (2012)

Teils finde ich Filme, die auf einer wahren Begebenheit beruhen faszinierend, teils schreckt mich solch ein realer Hintergrund eher ab. Als ich das erste Mal von „The Impossible“ hörte, fand ich die Geschichte interessant – und auch den zeitlichen Abstand zur Tsunami-Katastrophe von 2004 inzwischen passend gewählt. Der Trailer versprach bereits eine sehr emotionale Geschichte, doch war er nur ein schwacher Vorbote dessen, was der Film letztendlich auslösen sollte…

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Ich hatte im Vorfeld kaum Kritiken gelesen und nahm nur einzelne Tendenzen wahr, wobei mir am ehesten die negativen Aspekte in Erinnerung blieben: Kritik daran ausgerechnet das Schicksal einer priviligierten westlichen Familie zu zeigen, die Einwohner Thailands als Nebenfiguren abzustempeln, eine zu manipulative Inszenierung usw. Letztendlich hat man sich bei „The Impossible“ dafür entschieden das Einzelschicksal einer Familie zu zeigen, die überlebt hat – und diese war eben priviligiert und stand im Zentrum ihrer Geschichte. Das ist der Ansatz des Films. Natürlich hätte man auch eine globalere Perspektive wählen können, doch dann wäre es eine ganz andere Art von Film geworden.

Was die Art der Inszenierung angeht, so ist sie voll und ganz darauf ausgerichtet Emotionen beim Zuschauer auszulösen. Ist das manipulativ? Sicher, doch Film ist eben Manipulation. Ich hatte während der gesamten knapp zwei Stunden kaum ein paar Minuten trockene Augen, doch sollte man das dem Film zu Vorwurf machen? Auch mich verärgern Filme, die auf Teufel komm raus Emotionen wecken wollen, doch nahm ich Ewan McGregor und Naomi Watts ihre emotionale Tour de Force zu jeder Sekunde ab und war einfach bei ihren Charakteren – ganz genauso, wie bei denen der exzellenten Kinderdarsteller. Da kann ich mir die härtesten Horror-Filme ohne große Gefühlsregungen anschauen, doch das Schicksal dieser fünfköpfigen Familie hat mich an der Sofakante gehalten und Fingernägel gekostet. Manipulation des Zuschauers? Sicher! Und was für eine…

Die Schauspieler sind großartig, die Inszenierung unglaublich nah am Geschehen dran – und dabei nicht nur bombastisch, sondern auch emotional aufwühlend. Leider kann das Drehbuch nicht mit dem Rest mithalten und so gab es ein paar Dialogzeilen, die doch recht forciert wirkten und offensichtlich nur zur Klärung diverser Umstände (z.B. beruflicher Hintergrund der Hauptpersonen) im Film landeten. Mit ein wenig mehr Feinschliff hätte hier noch ein großer Mehrwert geschaffen werden können.

Insgesamt hat mich „The Impossible“ wohl weniger unterhalten, als mitgerissen – wie absolut passend für diesen Film. Eine Welle der Emotionen, aus der ich so schnell nicht auftauchen konnte. Vielleicht liegt es an meiner Rolle als Vater, doch fand ich etliche Szenen einfach nur herzzerreißend – herzzerreißend beängstigend, herzzerreißend traurig und herzzerreißend schön. Ein kraftvoller Film, der inszantorisch aus dem Vollen schöpft, um eine einfache und doch umso packendere Geschichte zu erzählen: 8/10 Punkte.

Buried: Lebend begraben – OT: Buried (2010)

Wieder einmal habe ich einen Film gesehen, der mich alleine aufgrund seiner Prämisse reizte. Rodrigo Cortés‘ „Buried“ versprach einen unkonventionellen Ansatz, wenngleich die Idee dahinter auch nicht so originell ist, wie man vielleicht vermuten würde. Die Kombination aus lebendig begraben sein und Thriller wurde bereits in diversen TV-Serien (u.a. von Quentin Tarantino für „CSI: Las Vegas“) umgesetzt. So konsequent wie Cortés ist zuvor jedoch noch niemand an die Thematik herangegangen… Spoiler sind zu erwarten.

Zunächst einmal muss ich dem Team rund um „Buried“ meinen Respekt zollen, dass man die Grundidee konsequent bis zum Ende durchgezogen hat. Sicher hätte es ein paar Kameraspielereien nicht gebraucht, um die Situation noch realer und beängstigender erscheinen zu lassen, doch auch mit diesen wird die klaustrophobische Enge deutlich spürbar. Ziemlich beeindruckend fand ich Lichtgestaltung, die ihre Wirkung aus den im Film vorkommenden natürlichen Lichtquellen zieht. Wirklich sehr gelungen. Auch Ryan Reynolds‘ Leistung als Schauspieler ist durchaus herausragend und kann insbesondere als One-Man-Show voll und ganz überzeugen.

Die Handlung an sich ist dagegen weit weniger verzwickt, als man dies anfangs noch vermuten würde. Erzählt wird ein ziemlich geradliniger Thriller, der sich letztendlich einzig und allein um die Rettung Paul Conroys (Ryan Reynolds) dreht. Wird sie gelingen oder nicht? Alles dazwischen lebt einzig und allein vom Spiel mit der Urangst lebendig begraben zu sein – und dies macht der Film auch ziemlich gut. Wenn er 20 Minuten kürzer gewesen wäre und man sich z.B. die Schlangen-Episode gespart hätte, wäre der Film in seiner Wirkung meiner Meinung nach jedoch noch deutlich intensiver gewesen.

Nicht gelungen fand ich dagegen den Twist am Ende. Dieser wirkte weder sonderlich originell noch wäre er nötig gewesen. Auch wenn ein Happy End für mich als Zuschauer befriedigender gewesen wäre, so hadere ich nicht einmal so sehr mit dem Ausgang, sondern eher der plumpen Umsetzung. Die vorherigen 90 Minuten verpuffen völlig und gerade die unnötig erzählten Sequenzen fallen rückblickend betrachtet umso stärker ins Gewicht. Auch wenn Cortés versucht sich – wie man schon alleine an den sich an Saul Bass orientierenden Opening Titles sieht – an Alfred Hitchcock anzunähern, so bleibt es in meinen Augen jedoch bei diesem Versuch.

Mich hat „Buried“ durchaus beeindruckt und ich werde die Sichtung bestimmt in Erinnerung behalten. Letztendlich verspielt der Film etliche Möglichkeiten jedoch aufgrund seiner zu sehr auf Effekt setzender Inszenierung und der zu aufgeblasenen Handlung. Auch mit dem Ende kann ich mich nicht anfreunden, was potentiell interessierte Leser jedoch nicht davon abschrecken sollte, dem Film eine Chance zu geben. Interessant und sehenswert, wenn auch nicht frei von Fehlern: 7/10 Punkte.

Midnight in Paris (2011)

Woody Allen hatte ich nie bewusst auf meinem filmischen Radar. Die meisten seiner Klassiker kenne ich noch von diversen TV-Ausstrahlungen, doch aktiv beschäftigt habe ich mich nie mit dem misanthropischen Stadtneurotiker. Durch seinen jüngsten Film „Midnight in Paris“ ist er jedoch wieder in mein persönliches Rampenlicht gerückt. Es mag an Paris liegen, der phantastisch angehauchten Prämisse oder auch Owen Wilson, den ich für ziemlich unterschätzt halte. Es sollte eine magische Reise werden…

Ich war 17 als ich mit Freunden zum ersten Mal alleine und unbeaufsichtigt in einer großen Stadt Urlaub machte. Eine abgehalftere Jugendherberge in Paris, rudimentärste Sprachkenntnisse und ein Gefühl von Abenteuer. Die Erinnerung daran kommt mir vor wie aus einem anderen Leben. Dennoch habe ich dieses magische Gefühl, das Paris bei diesem kurzen Trip vor gut 14 Jahren bei ausgelöst hat, nicht vergessen. Und genau solch ein magisches Gefühl gelingt es Woody Allen in „Midnight in Paris“ heraufzubeschwören. Es ist weniger die Handlung des Films, die über weite Strecken vorhersehbar bleibt, oder die oft nur angerissenen Charaktere – nein, es ist die beinahe schon magische Atmosphäre, die den Film so sehenswert macht.

Gil Penders nächtliche Streifzüge, die letztendlich – wie sollte es auch anders sein – in einer für den Zuschauer nur konsequenten Selbsterkenntis gipfeln, hat Allen so herrlich unspektakulär in die Handlung eingewoben, dass es eine wahre Freude ist. Es gibt keine forcierten Erklärungsversuche und kein aufgesetztes Hinterfragen. Unser verhinderter Autor nimmt die Situation wie sie ist und stürzt sich kopfüber in die Roaring Twenties. Die dort stattfindenden Begegnungen mit nahezu jeder Künstlergröße dieser Epoche sind wunderbar unterhaltsam inszeniert und mit pointierten Dialogen durchsetzt. Ich muss jedoch zugeben, dass wohl nur jede dritte Anspielung zu mir durchgedrungen ist. Zwar konnte ich nahezu jeden Namen einordnen, habe gewisse Werke gelesen oder gesehen, doch um wirklich alles verstehen zu können, müsste man sich wohl ausführlicher mit Literatur und bildender Kunst der damaligen Zeit auseinandersetzen.

Große Kritikpunkte kann ich an „Midnight in Paris“ nicht finden. Von mir aus hätte der Film ruhig noch etwas länger laufen können, doch dies ist eigentlich nur ein weiteres Kompliment. Man verabschiedet sich – wie im atmosphärisch ähnlich gelagerten „Before Sunrise“ – eben nur sehr ungern vom nächtlichen Paris, den inspirierenden Begegnungen und auch der Hauptfigur. Das Ende hat mir zwar gut gefallen, doch war es viel zu vorhersehbar, wie leider große Teile der Handlung des Films. Formal hätte ich auf den exzessiv eingesetzten Gelbstich der Farbkorrektur verzichten können. Natürlich wollte Allen eine Postkartenidylle schaffen. Ein verklärtes Parisbild nicht ohne Ironie. Einen Künstlertraum. Doch weniger wäre hier in meinen Augen mehr gewesen.

Insgesamt ist Woody Allens jüngster Film unglaublich entspannte Unterhaltung. Ein Wohlfühlfilm, wie er im Buche steht. Owen Wilsons Gil Pender ist dabei kein schlecht gelaunter Misanthrop, sondern ein nostalgischer Träumer – und gerade dies macht den Film in meinen Augen so sympathisch. Ich bin mir fast sicher, dass ich bei einer garantiert folgenden nächsten Sichtung des Films besser über seine Schwächen hinwegsehen kann. Es ist noch Potential vorhanden. Dennoch möchte ich schon jetzt eine dringende Empfehlung aussprechen. Nicht nur für alle Träumer da draußen. Starke 8/10 Punkte.

Königreich der Himmel – Director’s Cut – OT: Kingdom of Heaven (2005) (WS1)

Bei einem spontenen Videoabend habe ich gestern zum zweiten Mal Ridley Scotts „Königreich der Himmel“ im Director’s Cut gesehen. Dank Blu-ray war diese zweite Sichtung ein audiovisueller Hochgenuss. Ohne Frage herausragendes Kino. Inhaltlich konnte mich der Film jedoch nicht so sehr begeistern, wie noch beim ersten Mal.

Der in Frankreich spielenden Epilog hat mir erneut ganz ausgezeichnet gefallen. Hier wird eine sehr intensive Stimmung durch den beständigen Schneefall sowie die in kalte Farben getauchte Landschaft erzeugt. Ebenso stark fand ich das Zusammenspiel von Liam Neeson und Orlando Bloom, welche den Zuschauer in einer klassischen Meister/Schüler-Beziehung für sich einnehmen. Umso tragischer fand ich deshalb erneut das frühzeitige Ableben von Neesons Charakter, was andererseits inhaltlich natürlich Sinn macht.

Die Reise nach Jerusalem hätte in meinen Augen durchaus noch abenteuerlicher sein können, besonders wenn man „Königreich der Himmel“ in erster Linie als Abenteuerfilm vor historischem Hintergrund sieht. In Jerusalem selbst sind mir wieder Rhythmusprobleme in der Erzählstruktur aufgefallen: Zu viele Figuren mit ähnlicher Motivation, zu viel Fokus auf unwichtige Nebencharaktere, zu wenig Zeit für die echten Probleme. Hier hätte es meiner Meinung nach einer stringenteren Erzählung bedurft. Und nein, ich meine damit nicht, dass der Film zu lang geraten ist.

Auch die finale Schlacht hätte nicht in dieser Ausführlichkeit gezeigt werden müssen. Ich hätte mir hier eine wesentlich stärkere Fokussierung auf die Religionsproblemtik sowie Balians Charakterentwicklung gewünscht. Doch leider bekommt man im letzten Drittel nur eine weitere bombastische Leinwandschlacht zu sehen. Audiovisuell großartig, doch inhaltlich leider viel zu nichtssagend.

Auch wenn sich diese Kritik nun viel negativer liest, als sie eigentlich gemeint ist (bitte auch noch einmal meinen Ersteindruck des Films nachlesen), ist Ridley Scotts „Königreich der Himmel“ immer noch ein fantastisches Filmerlebnis. Es wird eine interessante und höchst aktuelle Geschichte erzählt, welche einfach nur wunderschön anzusehen ist. Auch wenn etwas weniger Pathos und etwas mehr Inhalt wünschenswert gewesen wäre, kann ich dennoch nur meine dringendste Empfehlung aussprechen: 8/10 Punkte.