Die Schule der magischen Tiere (2021)

Das Zappelinchen braucht ein neues Jugendzimmer, also sind wir heute durch diverse Möbelhäuser getingelt. Da sich mein letzter Kinobesuch gut angefühlt hat, habe ich vorgeschlagen, ob wir nach der Möbeltour nicht noch in „Die Schule der magischen Tiere“ gehen sollten. Immerhin waren wir ja eh schon in der Stadt. Somit war ich diese Woche zweimal im Kino. Verrückt. 🐢🦊

Die Schule der magischen Tiere (2021) | © LEONINE

Die Schule der magischen Tiere (2021) | © LEONINE

Kunterbuntes Kinoabenteuer mit Tier und Gesang

„Die Schule der magischen Tiere“ ist eine extrem populäre Buchreihe von Margit Auer und ich muss gestehen, dass ich die Vorlage nur am Rande kenne. Früher den Kids ein paar Kapitel vorgelesen und teils den Hörbüchern gelauscht. Aber nie richtig am Stück. Meine Kinder lieben die Bücher jedoch und somit waren sie heiß auf den Film, seit sie wussten, dass er ins Kino kommt. Inzwischen sind die Vorstellungen selten geworden, doch heute hat es einfach gepasst. Die Vorfreude war groß und ich habe mich mit den Kids gefreut. Schließlich waren wir schon ewig nicht mehr zusammen im Kino.

Der Film sieht aus wie ein typischer deutscher Kinderfilm: Eine idyllische Kleinstadt, die Farbsättigung schön nach oben gedreht, eine Schule in einem alten Schloss und eine Clique von Kids, die sich zusammenraufen muss. Nur eben statt Krimielementen, wie z.B. bei „Die drei !!!“, gibt es nun eben magische Tiere. Und diese sind wirklich toll animiert. Die Geschichte und Figuren funktionieren auch, selbst wenn es keinerlei Überraschungen gibt. Einzig befremdlich fand ich die Gesangnummern, die wie in einem Musical in den Film integriert waren. Das hätte es nicht gebraucht.

Fazit

Unser Kinobesuch von „Die Schule der magischen Tiere“ war toll, keine Frage. Das war überfällig nach zwei Jahren Pandemie. Der Film selbst ist auch nett, gerade für Kinder, welche die Vorlage kennen. Ich hatte auch meinen Spaß damit, selbst wenn weit nicht alles perfekt war: 7/10 Punkte. (Zappelinchen: 8/10 Punkte;  Zwergofant: 9/10 Punkte.)

Die Besprechung ist Teil des CMARCH, der Blogaktion für Kinderfilme des Sneakfilm-Blogs.

Hilfe, ich hab meine Eltern geschrumpft (2018)

Schon wieder eine Woche vorbei, schon wieder Freitagabend. Heute gab es einen Film, auf den die Kinder schon lange heiß waren: „Hilfe, ich hab meine Eltern geschrumpft“ stand auf dem Programm. Den ersten Teil haben die Kids geliebt und nun gab es auch die Fortsetzung endlich im Streaming-Abo. Meine Erwartungen waren nicht allzu hoch, doch habe ich mich natürlich überraschen lassen… 🏫🧙‍♀️

Hilfe, ich hab meine Eltern geschrumpft (2018) | © Sony Pictures Home Entertainment GmbH

Hilfe, ich hab meine Eltern geschrumpft (2018) | © Sony Pictures Home Entertainment GmbH

Nette Familienunterhaltung mit zu wenig Witz

Schon „Hilfe, ich hab meine Lehrerin geschrumpft“ konnte mich nicht sonderlich begeistern. Die Fortsetzung begeht nahezu die gleichen Fehler: Wieder dauert es beinahe eine halbe Stunde, bis die Geschichte richtig in Fahrt kommt und wieder wird danach kaum etwas aus der Prämisse der geschrumpften Eltern gemacht. Da hat selbst die Direct-to-Video-Fortsetzung „Liebling, jetzt haben wir uns geschrumpft“ des 1980er-Jahre-Hits „Liebling, ich habe die Kinder geschrumpft“ deutlich mehr aus der Idee herausgeholt. Wirklich schade, denn die Effekte können sich durchaus sehen lassen. Warum nicht ein wenig mehr Energie ins Drehbuch stecken?

Am besten hat mir noch die Dynamik innerhalb der Kindergruppe gefallen. Die geschrumpften Eltern waren dagegen eher nervig. Warum sich diese plötzlich wie Kleinkinder benehmen müssen? Nicht wirklich logisch. Die mystisch-gruselige Handlung in der Schule hat dieses Mal ein wenig besser für mich funktioniert. Aber auch nur, weil ich mich bereits darauf einstellen konnte. Albern bleibt dieses Vehikel, um die Geschichte zum Laufen zu bringen, dennoch weiterhin.

Fazit

„Hilfe, ich hab meine Eltern geschrumpft“ ist eine erwartbare Fortsetzung, die man sich durchaus anschauen kann. Die Inszenierung funktioniert ziemlich gut, das Drehbuch fällt dagegen leider ziemlich ab. Dafür hatten die Kinder wieder sehr viel Spaß und das ist ja schließlich die Hauptsache. Tut nicht weh, ist aber auch kein Muss: 6/10 Punkte. (Zappelinchen: 10/10 Punkte; Zwergofant: 8/10 Punkte.)

Hilfe, ich hab meine Lehrerin geschrumpft (2015)

Ein Jahr Pandemie. Ein Jahr Home Office. Ein Jahr Unsicherheit und Verzicht. Aber auch ein Jahr wöchentliche Filmabende. So auch heute und die Wahl, vor allem die des Zappelinchens, ist auf „Hilfe, ich hab meine Lehrerin geschrumpft“ gefallen. Sie hatte den Film schon einmal mit einer Freundin gesehen und die Prämisse klang auch in meinen Ohren recht nett. Was hatte der Film also letztendlich zu bieten? 👩‍🏫

Hilfe, ich hab meine Lehrerin geschrumpft (2015) | © Sony Pictures Home Entertainment GmbH

Hilfe, ich hab meine Lehrerin geschrumpft (2015) | © Sony Pictures Home Entertainment GmbH

Nette Effekte und ein gelungenes Finale

Ich mag ja Filme, die ihre Figuren schrumpfen. Als Kind hat mich besonders „Liebling, ich habe die Kinder geschrumpft“ begeistert, an den sich „Hilfe, ich hab meine Lehrerin geschrumpft“ natürlich anlehnt. Inzwischen habe ich diesen schon seit Jahren nicht mehr gesehen, was ich wohl einmal ändern sollte. Doch auch „Der Indianer im Küchenschrank“ ist in meinen Augen ein wundervoller Kinderfilm und selbst der vom erwachsenen Publikum verschmähte „Downsizing“ hat mich durchaus fasziniert. Nun also eine deutsche Kinderbuchverfilmung, was das Spielfeld schon recht eng steckt.

Es gab etliche Elemente, die mir gut gefallen haben: Die Effekte sind überraschend gelungen und die Entwicklung des Films gegen Ende hat mir auch gefallen. Leider dauert es gerade zu Beginn ewig (fast 25 Minuten), bis die Geschichte ins Rollen kommt. Danach folgen erst einmal ziemlich doofe und billige Gags, bis sich der Film auf seine Stärken besinnt. Insgesamt also zu viel Otto (ja, Otto Waalkes hat einen Gastauftritt) und zu wenig Rick Moranis, doch letztendlich nette Unterhaltung für die ganze Familie.

Fazit

Die Kinder waren von „Hilfe, ich hab meine Lehrerin geschrumpft“ ziemlich begeistert, auch wenn der Zwergofant wieder recht oft die Hände vor den Augen hatte. Auch ich hatte meinen Spaß, wenngleich es doch einer der durchschnittlicheren deutschen Kinderfilme gewesen ist, die im letzten Jahr den Weg auf unseren Fernseher gefunden haben: 6/10 Punkte. (Zappelinchen: 10/10 Punkte; Zwergofant: 9/10 Punkte.)

Die Besprechung ist Teil des CMARCH, der Blogaktion für Kinderfilme des Sneakfilm-Blogs.

Nordwand (2008)

Nach meinem Halbmarathon war ich heute ziemlich ausgefroren. Davon wurde auch die Filmwahl beeinflusst und ich habe mit „Nordwand“ zu einem Bergsteigerfilm gegriffen, der die Protagonisten ebenfalls in eisige Kälte versetzen sollte. Ob die deutsche Produktion mit historischem Hintergrund zu überzeugen wusste? 🏔

Nordwand (2008) | © Majestic

Nordwand (2008) | © Majestic

Es muss nicht immer der Everest sein

Ich liebe Bergsteigergeschichten. Besonders „Everest“ ist mir positiv in Erinnerung geblieben, doch auch Dokumentarfilme, wie „The Summit“, wissen mich zu begeistern. Nun also die deutsche Variante, die ihren US-Pendants in Sachen Inszenierung in nichts nachsteht. Ich konnte die eisige Kälte beinahe spüren und habe mit den Figuren mitgelitten. Regisseur Philipp Stölzl hat sich anscheinend stark von Kevin Macdonald beeinflussen lassen, da er dessen Dokudrama „Sturz ins Leere“ so beeindruckend fand. Und das sieht man: „Nordwand“ hat alles, was ein Bergfilm braucht und stellt die eisigen Szenen an der Eiger-Norwand wunderbar in Kontrast mit dem sicheren und gemütlich wirkenden Hotel, von dessen Terrasse aus die Gäste das Drama verfolgen.

Auch inhaltlich konnte mich „Nordwand“ überzeugen: Ein Bergsteigerdrama in der NS-Zeit zu inszenieren birgt so ganz eigene Herausforderungen und Stölzl ist sichtlich bemüht, Toni Kurz (Benno Fürmann) und Andreas Hinterstoißer (Florian Lukas, u.a. „Weissensee“) nicht als Helden oder Marionetten des Nazi-Regimes darzustellen. Auch fand ich es eine interessante Wahl, eben keine erfolgreiche und gefeierte Besteigung zu inszenieren, sondern sich bewusst für die Katastrophe zu entscheiden. Ja, das ist auch in Filmen wie „Everest“ der Fall,  doch entspinnt sich in diesen die Katastrophe erst nach dem erfolgreichen Gipfelsturm. Im Kontrast dazu wird hier die Nordwand nur bis zur Hälfte bestiegen und auch die Todesfälle sind weniger spektakulär als tragisch. Der Film wirkt dadurch eher klein und persönlich. Einzig die etwas forciert wirkende Liebesgeschichte hätte Stölzl ein wenig straffen können.

Fazit

„Nordwand“ überzeugt als historisches Bergsteigerdrama aus deutschem Lande. Inszenatorisch beeindruckend und wirklich packend erzählt. Freunde des Genres sollten auf jeden Fall einen Blick riskieren: 8/10 Punkte.

Mount St. Elias (2009)

Schon seit einem knappen Jahr habe ich mich nicht mehr von meinem Sofa aus auf einen schneebedeckten Gipfel begeben. Glücklicherweise hat mir Flo Lieb zu Weihnachten den Film „Mount St. Elias“ zukommen lassen, so dass einem weiteren Aufstieg nichts im Wege stand. Heute waren die Bedingungen dann auch endlich so gut, dass ich den Gipfelsturm wagen konnte…

Mount St. Elias (2009) | © STUDIOCANAL

Mount St. Elias (2009) | © STUDIOCANAL

Wenn der Aufstieg noch der einfache Teil ist

Zu Beginn hatte ich noch befürchtet, dass mich der starke Fokus auf das Skifahren abschrecken könnte. Ich hasse Skifahren, was wohl auch meinem mangelnden Talent dafür geschuldet ist. Dennoch waren es gerade diese Szenen, die mir den Schweiß auf die Stirn getrieben haben. Die Leistung von Axel Naglich und Peter Ressmann ist wirklich unfassbar. Und ein wenig verrückt. Ebenso schien mir der Film an manchen Stellen zu effekthascherisch inszeniert zu sein, was eventuell am Produktionsstudio Red Bull Media House liegt, die drei Jahre später auch den Dokumentarfilm „Jäger des Augenblicks: Ein Abenteuer am Mount Roraima“ ins Kino gebracht haben. Doch auch dieser Eindruck legte sich mit der Zeit und ich wurde von den unglaublich imposanten Naturaufnahmen in den Bann gezogen.

Wenn ihr Blogs kommentiert, zahlt sich das in mehrfacher Hinsicht aus:

Neben den imposanten sportlichen Leistungen, fand ich die Kameraarbeit höchst bemerkenswert – und zwar sowohl die kinotauglichen Panoramaaufnahmen als auch das eher intime Handkameramaterial. Man vergisst bei Dokumentationen dieser Art oft viel zu schnell, dass ja auch ein Kameramann dabei sein muss, der hier jedoch recht offen in den Film mit einbezogen wird.

Fazit

Auch wenn „Mount St. Elias“ nicht beeindruckendste Bergfilm ist, den ich bisher gesehen habe (das dürfte wohl nach wie vor „Sturz ins Leere“ sein), so hat er mich jedoch wieder stark mitgerissen. Gerade den Fokus auf das Skifahren fand ich spannend und kann den Dokumentarfilm somit nur jedem Bergfreund ans Herz legen – egal ob das Bergsteigen oder die Abfahrt das Steckenpferd ist: 8/10 Punkte.

Toni Erdmann (2016)

Nach einer kurzen, aber intensiven Arbeitswoche hatte ich mich eigentlich auf einen Popcorn-Film zum Wochenausklang gefreut. Dann habe ich jedoch in der letzten Nerdtalk-Sendung erfahren, dass es „Toni Erdmann“ ganz frisch bei Amazon Prime gibt und hatte zudem noch die positive Besprechung im Sneakpod im Kopf. Also alle Pläne umgeworfen und mich für die diesjährige deutsche Oscar-Hoffnung entschieden. Erwartet habe ich ein anstrengendes Filmerlebnis, bekommen jedoch…

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Habe ich gerade wirklich einen 160-minütigen Film gesehen? Zudem einen, der den Ruf hat ein wenig sperrig zu sein? Kaum zu glauben. Meine Motivation Maren Ades jüngstes Werk zu sehen entsprang eher einer cineastischen Neugier, als der Hoffnung wirklich einen unterhaltsamen Film zu sehen. Ich stellte mich also auf eine fordernde Sichtung ein, die ich zudem – ja, die Fastenzeit hat begonnen – ohne Knabbereien und Alkohol über mich ergehen lassen würde. Bekommen habe ich jedoch einen Film, der wie im Flug vergangen ist, der mich mehrmals laut lachen ließ, der mich zu Tränen rührte und der teils schmerzhaft anzuschauen war. Ein emotional aufgeladenes, kunstvolles und dabei doch unglaublich unterhaltsames Werk. Damit hätte ich nun wahrlich nicht gerechnet.

Mit einer Vater-Tochter-Beziehung im Fokus, drückt „Toni Erdmann“ bei mir natürlich einige Knöpfe. Hinzu kommt die teils schon schmerzhaft treffende Darstellung der Big-Business-Welt mit all ihren Buzzwords und unsinnigen Ritualen. Die Kamera ist oft fast schon dokumentarisch und verpackt das Geschehen in sehr echt wirkende Bilder. Zunächst lernen wir Vater Winfried Conradi kennen und bleiben für gut eine Stunde in seiner Erzählperspektive, bevor wir Tochter Ines Conradi in ihrem beruflichen Umfeld kennenlernen. Hier wechselt die Perspektive, was für eine interessante Dynamik sorgt. Oberflächlich betrachtet beginnt nun eine Art Verkleidungskomödie, in der Winfried als Kunstfigur Toni Erdmann die Tochter in peinliche Situationen bringt. Der Kniff dabei ist aber, dass Ines schon bald auf das Spiel ihres Vaters eingeht und ihm nie wirklich böse sein kann, selbst wenn es ihr schwer fällt. Dies ist von Peter Simonischek und Sandra Hüller so wunderbar gespielt und von Maren Ade so leicht und doch bewegend inszeniert, dass es eine Freude ist.

Neben den schmerzhaften Einblicken in diese beiden so unterschiedlichen und doch so eng verknüpften Leben, birgt der Film auch einige Überraschungen, die nicht nur die handelnden Figuren irritieren. In diesen Szenen ist „Toni Erdmann“ wunderbar komisch, wobei er seine Protagonisten nie der Lächerlichkeit preisgibt. Die Dramödie enthält viele große und kleine Szenen, die mir noch lange im Gedächtnis bleiben werden. Das Ende des Films ist zudem großartig und setzt nicht auf aufgesetztes Drama (meine größte Befürchtung war der Tod des Vaters), sondern auf einen kurzen Moment der Wahrhaftigkeit. Jeder von uns weiß, dass man die besonderen Momente im Leben erst hinterher zu schätzen weiß. Gerade als Elternteil. Auch ich mache mir über dieses Konstrukt häufiger ganz bewusst Gedanken – und doch bin auch ich getrieben von Dingen, die einfach erledigt werden müssen. Und selbst mit diesem Bewusstsein kann man nichts daran ändern, was schön damit verbildlicht wird, dass Winfried die Kamera eben nicht rechtzeitig holen kann. Der Moment ist vorbei.

Ich bin wirklich froh, die Gelegenheit wahrgenommen zu haben „Toni Erdmann“ zu sehen. Es war ein rundum gelungenes Erlebnis und ich kann den Film jedem Interessierten nur ans Herz legen. Allerdings glaube ich auch, dass er nicht für jeden Zuschauer funktionieren wird, dafür ist er zu speziell und andersartig. Er lässt sich in keine Schublade stecken, doch gerade das macht ihn so wunderbar: 9/10 Punkte.

Blutgletscher (2013)

Nach einer ziemlich turbulenten Arbeitswoche ist auch der zweite Monat des Jahres fast schon wieder vorbei. Zum Start in ein langes Wochenende habe ich mir mit „Blutgletscher“ einen österreichischen Genrefilm angeschaut, der schon länger auf meiner Liste stand. Ob unsere Nachbarn den filmischen Vorbildern gerecht werden, lest ihr in der folgenden Besprechung…

blutgletscher

Regisseur Marvin Kren hat mit „Blutgletscher“ ziemlich eindeutig seine Version von John Carpenters „Das Ding aus einer anderen Welt“ geschaffen: eine abgelegene Forschungsstation, eine Gruppe von Wissenschaftlern und eklige Mutationen. Die Anleihen sind unverkennbar und doch besitzt „Blutgletscher“ durchaus eine gewisse Eigenständigkeit, die natürlich vom Lokalkolorit und den atmosphärischen Bildern lebt. Was den Erzählton angeht, schwankt Krens Horrorfilm zwischen Ernsthaftigkeit und Trash, was erstaunlich gut funktioniert. Wären die Charaktere ein wenig interessanter (leider kann nur Gerhard Liebmanns Janek überzeugen), dann hätte der Film durchaus mehr sein können als nur ein Monsterstreifen.

Es ist wirklich wunderbar zu sehen, wie hier handgemachte Effekte eingesetzt werden, die zwar ein wenig trashig wirken, dabei jedoch unglaublich effektiv sind. Unter diesem Aspekt funktioniert dieser österreichische Genre-Beitrag sogar besser als das CGI-lastige Prequel bzw. Remake „The Thing“ aus dem Jahr 2011: abstruse Monster in einer klassischen Horrorgeschichte, die vor dem Hintergrund des Klimawandels erzählt wird und dabei das für das Genre nötige Maß an Sozialkritik mitbringt. Zwar ist „Blutgletscher“ mehr eklig als spannend, geschweige denn unheimlich, doch ist dieser Umstand dem Unterhaltungswert kaum abträglich. Einzig ein paar Längen im Mittelteil schwächen den positiven Gesamteindruck ein wenig.

Insgesamt kann ich „Blutgletscher“ allen Genre-Freunden nur ans Herz legen. Das Rad wird zwar auch hier nicht neu erfunden, doch ist der Film auf jeden Fall erfrischender als die 08/15-Jump-Scare-Streifen aus der Traumfabrik. Bei der folgenden Wertung ist der nötige, erweiterte Lokalpatriotismus schon mit eingerechnet: 7/10 Punkte.

Jäger des Augenblicks: Ein Abenteuer am Mount Roraima (2012)

Liebe Leser, es ist noch nicht vorbei mit mir und den Bergsteigerfilmen. Nachdem mir die gute Schlopsi in den Kommentaren zu „Meru“ den Dokumentarfilm „Jäger des Augenblicks: Ein Abenteuer am Mount Roraima“ ans Herz gelegt hatte, war heute – nach dem turbulenten Kindergeburtstag unseres Zwergofanten – genau der richtige Zeitpunkt dafür gekommen…

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Zu Beginn war ich überrascht gar vertraute Töne zu vernehmen. Ich wusste vor der Sichtung nicht, dass dies ein österreichischer Dokumentarfilm ist. Und dann steht auch noch ein Franke ziemlich prominent im Mittelpunkt. Ich fühlte mich also schnell heimisch und war sofort gefangen von der hochwertigen Montage, die uns eine direkte Verbindung mit den drei Extrembergsteiger Kurt Albert, Stefan Glowacz und Holger Heuber aufbauen lässt. Wir wissen als Zuschauer meist nur genauso viel, wie die Personen zu dem Zeitpunkt, als die Aufnahmen gemacht wurden. Dadurch kommt es zu teils sehr emotionalen Wendungen, die ich so nicht vorhergesehen hätte. Ich möchte an dieser Stelle gar nicht weiter darauf eingehen, da es dem Film vermutlich einiges an Wirkung nehmen würde.

Am Angang werden wir auch ziemlich in die Handlung reingeschmissen und die Hintergründe der agierenden Personen entwickeln sich – zumindest für Zuschauer, die nicht im Extremklettern zu Hause sind – erst nach und nach. Über seine Laufzeit entwickelt „Jäger des Augenblicks: Ein Abenteuer am Mount Roraima“ somit eine Tiefe, die ich ihm während der ersten paar Minuten nicht zugetraut hätte. Produziert von Red Bull Media House lassen die perfekt eingefangenen Kletterszenen zunächst mehr Schein als Sein vermuten. Die Sorge nur einen aufgeblasenen Werbefilm zu sehen, erweist sich jedoch als unbegründet. Die Kletterszenen sind enorm beeindruckend, doch letztendlich stehen die Personen und ihre Schicksale im Vordergrund. Ein weiterer Blickwinkel auf die Kletterszene, der bestätigt was Jon Krakauer in „In eisige Höhen“ über diesen besonderen Schlag Mensch schreibt.

Nach dem Film, der übrigens auch auf Amazon Prime läuft, bin ich extrem begeistert. Mir hat der Dokumentarfilm noch besser gefallen als „Meru“ und ich kann mich Schlopsis Empfehlung nur anschließen. Davor am besten gar nicht weiter groß über den Film informieren und ihn einfach wirken lassen: 9/10 Punkte.

Before Sunrise (1995)

Warum wagt man sich oft nur zögerlich an die wirklich guten Filme heran? Richard Linklaters ungewöhnliche Liebesgeschichte „Before Sunrise“ sah ich das erste Mal irgendwann im Nachtprogramm der Dritten. Ich war begeistert. Weitere TV-Sichtung folgten – trotz festem Plan – jedoch nicht. Nachdem die DVD auf den Markt kam, bin ich auch Jahre lang an ihr vorbei gelaufen. Selbst nach dem Kauf stand der Film nun beinahe ein halbes Jahr ungesehen im Regal.

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Warum habe ich dem Wien von Jesse (Ethan Hawke) und Celine (Julie Delpy) nicht schon früher einen erneuten Besuch abgestattet? Ich kann es nicht sagen – und ehrlich gesagt kann ich es kaum glauben, wie lange ich auf dieses reduzierte Meisterwerk von Richard Linklater („A Scanner Darkly“) verzichtet hatte. Wenn ich auch viele Filme wirklich gut finde und Inszenierung, Drehbuch usw. als besonders gelungen herausstelle, so gibt es doch wenige Filme, die mich emotional so mitreißen, wie das „Before Sunrise“ gelingt.

Die Geschichte um zwei Fremde (einen Amerikaner und eine Französin), die sich zufällig im Zug nach Wien begegnen und dort spontan eine gemeinsame Nacht verbringen, ist so lockerleicht erzählt – und wiegt doch so schwer. Die Dialoge sind spritzig und so natürlich gespielt, dass man innerhalb von Minuten vergisst nur ein Zuschauer zu sein. Wirklich Hut ab vor Ethan Hawke und Julie Delpy – und von Linklaters zurückgenommener Regie.

Diese zauberhafte und beinahe schon surreale Reise durch das nächtliche Wien wirkt unglaublich spontan. Die Figuren treiben dahin – und wir Zuschauer mit ihnen. Für diese Nacht gibt es keinen Plan – und doch wiegt die Realität letztendlich schwerer. Der melancholische Abschied fällt nach dieser gemeinsamen Zeit nicht nur den beiden Liebenden schwer.

„Before Sunrise“ ist ein unglaublich schöner Film. Es steckt sehr viel in diesen anscheinend so spontanen Dialogen. Zudem ist die Atmosphäre des nächtlichen Wiens wahrlich bezaubernd. Eine Sichtung im O-Ton wird übrigens dringend empfohlen! Einer der schönsten, außergewöhnlichsten und interessantesten Liebesfilme: 10/10 Punkte.

Prädikat: Lieblingsfilm

Die fetten Jahre sind vorbei (2004)

Es gibt wenige Bereiche in meinem Leben, in denen ich mich als Patriot sehe. Film gehört definitiv dazu. Meiner Meinung nach ist der deutsche Film weit besser, als sein Ruf. Es fehlt oft einzig und allein an Geld und Mut – zwei Faktoren, die leider untrennbar miteinander verknüpft sind. Das Ergebnis sind daher meist uninspirierte Komödien oder zu schwere Dramen. Umso mehr freue ich mich daher über Filme, wie Hans Weingartners „Die fetten Jahre sind vorbei“. Filme, die Mut beweisen. Die anders sind. Die aktuell und aufwühlend sind – und sich in kein vorgegebenes Genre pressen lassen. So sollte der junge, deutsche Film aussehen.

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„Die fetten Jahre sind vorbei“ handelt im Grunde von einer Idee. Zwar verpackt in Revolution, Freundschaft und Liebe. Letztendlich bleibt nach dem Film aber vor allem eines bestehen: eine Idee. Ein Gedanke. Ein Anstoß. Der Film präsentiert keine Lösung. Er ist nur in zweiter Instanz als Kapitalismuskritik zu verstehen – wenn überhaupt. Es werden hier Argumente für beide Parteien präsentiert. Es entsteht ein Dialog. Ideen werden ausgetauscht. Ideale vehement verteidigt. Hier liegt auch die wahre Stärke von Weingartners Film. Der Zuschauer wird zum Mitdiskutieren eingeladen. Zum Finden seines Standpunkts. Zum aktiven Denken. Am Ende bleibt eine Idee. Eine Vorstellung. Zumindest mich hat der Film immer noch nicht losgelassen.

Auch vom inszenatorischen Standpunkt her gesehen, fand ich den Film sehr gelungen. Durch die Verwendung von digitalem Video und Handkameras fühlt man sich mittendrin. Unmittelbar dabei. Ein sehr gelungenes Beispiel für die Art der dokumentarischen Inszenierung. Ebenso frisch und lebensecht wirkt das Spiel der Darsteller. Das Ensemble (Daniel Brühl, Julia Jentsch, Stipe Erceg und Burghart Klaußner) ist grandios und vermittelt die verschiedenen Stimmungen absolut glaubwürdig. Auch die Musikuntermalung kann voll und ganz überzeugen. Der Einsatz von HALLELUJAH – in der schönen Cover-Version von JEFF BUCKLEY – mag etwas berechnend erscheinen, doch letztendlich passt der Song hier wie die Faust aufs Auge. Man wird die Szenen der inneren Umbrüche nicht so schnell vergessen.

Kritik muss ich etwas am Ende üben. Es war zu losgelöst. Zu aufgesetzt. Zu einfach. Ich hätte es vermutlich am besten gefunden man wäre a) mit Eintreten der Türe aus dem Film gegangen – auch wenn hier die Charaktere der Erziehungsberechtigten etwas gelitten hätten – oder b) mit dem Auffinden der letzten Botschaft. Variante b) stellt übrigens das Ende der internationalen Fassung (Titel: „The Edukators“) dar. Das deutsche Ende ist erst in einem Nachdreh entstanden, den ich – zumindest meiner Meinung nach – als unnötig erachte.

„Die fetten Jahre sind vorbei“ ist sicherlich einer der besten deutschsprachigen Filme der letzten Jahre. Ich bin nun neugierig auf die weiteren Werke Hans Weingartners geworden und werde meine Augen nach „Das weiße Rauschen“ offen halten. Ein – trotz nicht perfektem Ende – wahrlich beeindruckender Film: 9/10 Punkte.