Arctic with Bruce Parry (2011)

Es war lange ruhig im Doku-Bereich – und neben Bruce Parry wartet auch Louis Theroux darauf, dass ich ihn endlich einmal wieder auf seinen Abenteuern begleite. Mit „Arctic with Bruce Parry“ habe ich mich jedoch zunächst dem nettesten aller Briten angeschlossen, um ihn auf seiner Reise in die Arktis zu begleiten…

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Wie bereits bei der vorangegangenen Doku-Serie „Amazon with Bruce Parry“ liegt auch der Fokus des Nachfolgers darin, komplexe Zusammenhänge zwischen unterschiedlichen Lebensmodellen in einer speziellen Region (u.a. Grönland, Alaska und Kanada) zu zeigen. Bei Arktis denkt man zunächst nur an schneebedeckte Flächen, doch tatsächlich machen diese nur einen Bruchteil des faszinierenden Lebensraums aus. Aufgrund dieser Vielfalt bleibt die Serie sowohl inhaltlich als auch visuell stets abwechselnd.

Auch dieses Mal liegt die Faszination in den unterschiedlichen Lebensweisen begründet, die man als Zuschauer durch die Augen des Abenteurers kennenlernt. Nicht so vielfältig, wie bei Parrys Doku-Serie „Tribe“, doch dafür umso fokussierter versucht der Filmemacher wieder alle Aspekte möglichst wertfrei zu dokumentieren, einzig die Bedrohung durch die globale Erwärmung zieht sich als dunkler Schatten durch alle Begegnungen.

Auch mit seiner dritten Doku-Serie hat mich Bruce Parry erneut begeistert. In nur fünf Episoden schafft er es die Augen für einen Lebensraum zu öffnen, dabei zu unterhalten und sehr persönliche Geschichten zu erzählen. Ich würde mich wirklich freuen, wenn dies nicht die letzte Dokumentation des sympathischen Menschenfreunds gewesen wäre: 9/10 Punkte.

Indie Game: The Movie (2012)

Eigentlich wollte ich nur einmal kurz in den Dokumentarfilm „Indie Game: The Movie“ reinschauen, dessen Besprechung im Second Unit-Podcast mich damals recht neugierig gemacht hatte. Doch ich blieb hängen. Nur noch schnell 10 Minuten, dann doch noch die Stunde voll machen – und schon saß ich staunend vor dem Abspann. Das kann eigentlich nur ein gutes Zeichen sein…

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Ich bin mit Computer- bzw. Videospielen aufgewachsen. Eine ganz eigene Welt, die ich mir – mangels Interesse der Eltern – selbst erschließen musste. Zunächst auf dem Commodore C64, dann über den Game Boy und das legendäre SNES, bis hin zum PC. Noch ein kurzes Aufflackern der Liebe zum elektronischen Spiel mit dem GameCube, doch seit ca. 8 Jahren ist Schluss damit – auch wenn ich mir das in meiner Jugend niemals hätte träumen lassen. Interesse für die Spieleszene ist dennoch ungebremst vorhanden, wenngleich ich mich nur noch passiv via Podcasts und Blogs informiere. Kein Wunder also, dass auch „Indie Game: The Movie“ irgendwann auf meinem Radar auftauchten musste…

Der über Crowdfunding finanzierte Film ist formal wahrlich eine Pracht: wunderschön gefilmt und montiert, und mit einem tollen Soundtrack versehen. Das Zuschauen macht einfach Spaß. Auch inhaltlich bleiben kaum Wünsche offen, zeigt der Film doch einen sehr persönlichen und emotionalen Blick auf die unterschiedlichen Stadien diverser Indie-Game-Produktionen. Einzig ein wenig mehr Einblick in die tatsächlichen Arbeitsschritte hätte ich mir gewünscht, welche in der Dokumentation nur angedeutet werden. Dafür rücken die Entwickler und ihr Umfeld stark in den Vordergrund, was den einzelnen Geschichten eine sehr persönliche Note gibt.

Insgesamt kann ich „Indie Game: The Movie“ jedem ans Herz legen, der sich auch nur ein wenig für die Spielebranche interessiert. Ich war wirklich fasziniert und hätte mir gerne noch tiefere Einblicke gewünscht, die den Indie-Trend vielleicht mit der Spielentwicklung vor 30 Jahren in Bezug setzen, als ebenfalls Einzelkämpfer wahre Kultspiele produzieren konnten. Dennoch ein Doku-Highlight, das man sich nicht entgehen lassen sollte: 8/10 Punkte.

Louis Theroux: Law & Disorder

Nachdem ich im vergangenen Jahr meine Vorliebe für Doku-Serien entdeckt hatte, ist es in diesem Jahr wieder etwas ruhiger geworden. Die vier Dokumentationen aus der Reihe „Louis Theroux: Law & Disorder“ habe ich in einem Zeitraum von 9 Monaten gesehen, was sowohl der zur Verfügung stehenden Zeit als auch den recht düsteren Themen geschuldet war…

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Law & Disorder in Philadelphia
Die erste der vier Dokus führt Louis und uns Zuschauer nach Philadelphia, einer der Städte Amerikas mit der höchsten Zahl an Gewaltverbrechen. Als jemand, der erst kürzlich komplett „The Shield“ verschlungen hat, konnte ich nur staunen, wie nah dran die darin Geschichten doch an der Wirklichkeit gewesen sein müssen. Viele der portraitierten Drogendealer hätten 1:1 der TV-Serie Pate stehen können, doch dies ist die Wirklichkeit. Erschreckend und bitter zugleich. Die Polizei ist machtlos und am Ende ist mal nicht nur als Zuschauer desillusioniert: Die Spirale aus Drogen, Waffen und Gewalt wird sich stets weiter drehen…

Law & Disorder in Johannesburg
Auch die zweite Doku führt die Zuschauer in die Welt des Verbrechens, dieses Mal nach Johannesburg. In der größten Stadt Südafrikas verdingen sich private Sicherheitsfirmen als selbsternannte Gesetzeshüter. Diese stets an der Grenze zur Kriminalität ausgeübte Selbstjustiz lässt niemanden in einem guten Licht dastehen. Auch wenn das Thema interessant und spannend umgesetzt ist, so empfand ich diese Doku jedoch als die schwächste der „Law & Disorder“-Reihe.

A Place for Paedophiles
Die dritte Doku ist ziemlich harter Tobak. Louis besucht Coalinga, eine Anstalt für sexuelle Straftäter. Man merkt, wie schwer es ihm fällt einen neutralen Blickwinkel zu behalten und den Menschen losgelöst von seinen Verbrechen zu sehen. Eine unmögliche Aufgabe, was die Doku umso eindrücklicher werden lässt. Sie zeigt und Vergewaltiger und Triebtäter als Menschen, die in einer seltsam künstlichen Zwischenwelt leben. Mich haben diese 60 Minuten teils ziemlich verstört, was wohl auch die Qualität der Doku ausmacht.

The City Addicted to Crystal Meth
Dachte ich bereits die zuvor gesehene Doku wäre schockierend, so hat mich die abschließende Reise des Journalisten doch erst richtig erschüttert. Den meisten dürfte Crystal Meth wohl als Droge aus der Erfolgsserie „Breaking Bad“ bekannt sein. Ihre vernichtende Wirkung wird darin jedoch nur sehr bedingt in den Vordergrund gestellt. Louis Theroux begibt sich dagegen in das Herz der Finsternis und es ist wirklich zutiefst erschütternd, was er bei seiner Reise erlebt. Die Doku sollte eigentlich zusammen mit der „Breaking Bad“-Komplettbox ausgeliefert werden.

Im Gegensatz zu „Louis Theroux: The Strange and the Dangerous“ und insbesondere „Louis Theroux: The Collection“ sind die oben besprochenen Dokus weit ernster und düsterer, was aufgrund der Themen wohl auch angebracht ist. Das macht sie nicht weniger interessant oder spannend, aber sollte man auch in der Stimmung sein, sich mit diesen Themen auseinandersetzen zu wollen. Ein eindringliches und bedrückendes Erlebnis: 9/10 Punkte.

Amazon with Bruce Parry (2008)

Nachdem ich mich vor ca. einem halben Jahr noch recht regelmäßig mit Doku-Serien beschäftigt hatte, bin ich, was diese Art der Unterhaltung angeht, in letzter Zeit nicht wirklich weitergekommen. Zumindest habe ich mit „Amazon with Bruce Parry“ erneut auf eine Reise begeben, was ein 6-stündiges Vergnügen war. Ein Abenteuer, das ich nur empfehlen kann…

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Im Gegensatz zu den drei Staffeln der Vorgängerserie „Tribe“, bei der Bruce Parry in jeder Episode einen anderen Stamm – von Jägern und Sammlern im Regenwald bis hin zu Nomaden in der Tundra – besuchte, verfolgt der Dokumentarfilmer in dieser Serie ein spezielles Ziel: die Lebensbedingungen der Menschen am größten Fluss der Erde, dem Amazonas, aufzuzeigen. Erneut widmet sich Parry dabei wieder unterschiedlichsten Lebensmodellen, von naturverbundenen Waldvölkern, über Kokain-Bauern bis hin zu Goldgräbern: das Spektrum ist schier endlos. Im Mittelpunkt steht jedoch immer der Fluss und wie er das Leben der Menschen beeinflusst bzw. überhaupt erst ermöglicht. Ein wahrer Mikrokosmos des Lebens!

Erneut hat mich Bruce Parrys äußerst sympathische und vor allem empathische Art wirklich begeistert. Er begegnet allen Menschen mit unglaublich viel Respekt und versucht jeden Aspekt des Lebens nachzuvollziehen. Das macht die Dokuserie spannend, interessant und wirklich unterhaltsam. Die Laufzeit von sechs Stunden ist genau richtig, um einen ausreichend großen Einblick in diesen wunderbaren und bedeutenden Abschnitt unserer Welt zu präsentieren. Teils enorm bewegend, mitreißend und in tollen Bildern festgehalten: Der Amazonas mit Bruce Parry als Reiseführer ist wirklich einen Besuch wert. Ich kann diese Serie allen Dokufreunden nur ans Herz legen: 10/10 Punkte.

Louis Theroux: The Strange and the Dangerous

Nachdem ich von „Louis Theroux: The Collection“ angefixt war, musste schnell Nachschub her. Somit habe ich mir über die letzten Wochen mit „Louis Theroux: The Strange and the Dangerous“ die zweite Sammlung mit Dokumentationen des symapthischen BBC-Journalisten geschaut. Louis ist erwachsener geworden, die Themen ernster – und doch ist jede einzelne der 60-minütigen Dokus weiterhin unglaublich unterhaltsam…

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Gambling in Las Vegas
In der ersten Doku besucht Louis Las Vegas und lernt allerlei Persönlichkeiten kennen, die sich ohne Rücksicht auf Verluste dem Spielerleben verschrieben haben. Dabei trifft er u.a. einen millionenschweren Geschäftsmann, der während eines Wochenendes mal eben so eine viertel Million Dollar verspielt, ein Duo von Vertriebsmitarbeitern, die in über 36 durchwachten Stunden Zehntausende von Dollar verjubeln und eine ältere Dame, die in den letzten sieben Jahren über vier Millionen Dollar durchgebracht hat. Auch Casino-Mitarbeiter kommen zu Wort, wodurch die absurde Symbiose zwischen Spieler und Casino greifbar wird. Erneut ein großartiger Einblick in einen bizarren Mikrokosmos.

Under the Knife
Die zweite Doku führt Louis in die Stadt der Schönen und jenen, die es erst noch werden wollen. Schönheitsoperationen werden in Beverly Hills eingekauft, wie anderswo ein Kilo Kartoffeln. Louis‘ Besuch bei drei plastischen Chirurgen ist ebenso abstoßend wie faszinierend. Noch unglaublicher fand ich allerdings die Patienten, die sich völlig sorglos unter das Messer legen. Respekt auch an Louis, der das Eintauchen in diese fremde Welt wieder einmal bis zur letzten Instanz durchzieht. Ein gut gemeinter Tipp: Man sollte während der Doku nicht essen.

The Most Hated Family in America
In einer seiner wohl bekanntesten Dokus besucht Louis Theroux die Westboro Baptist Church. Diese Glaubensgemeinschaft (= abstruser Kult) hat es sich zur Aufgabe gemacht, ihre ganz eigene Interpretation der Bibel zu predigen – und in dieser sind gleichgeschlechtliche Beziehungen die Wurzel allen Übels. Das Vorgehen der Mitglieder, beinahe komplett aus einer einzigen Familie bestehend, ist zugleich erschreckend, absurd und lächerlich. Ein beängstigend faszinierende Parallelwelt, die mit ihrer Mischung aus Kalkulation und völligem Schwachsinn verstört.

African Hunting Holiday
Auf diesem Ausflug nach Südafrika begleitet Louis Möchtegern-Großwildjäger bei ihrer Jagd nach der nächsten Trophäe. Das alles ist sehr absurd, da die Tiere in speziellen Parks gezüchtet und gehalten werden, nur um dann von den Hobbyjägern abgeschossen zu werden. Skurrile Type, seltsame Ansichten und Argumente beherrschen diesen ganz und gar unromantischen Ausflug in die Wildnis bzw. das, was so manche für Wildnis halten.

Louis Behind Bars
Bei seinem Besuch in einem Hochsicherheitsgefängnis in San Quentin lässt uns Louis einen Blick auf eine seltsame Parallelgesellschaft werfen. Gefängnisfilme, wie z.B. Frank Darabonts „Die Verurteilten“ schaffen es stets eine seltsame Faszination auf uns Zuschauer auszuüben – dies hat mir der Realität jedoch nur wenig zu tun. Louis besucht die unterschiedlichsten Charaktere, welche uns teils erstaunen, erschrecken und am Justizsystem zweifeln lassen. Doch was wäre die Alternative?

The Weird World of Louis Theroux
In diesem Rückblick auf sein bisheriges Schaffen lässt Louis seine verrücktesten Begegnungen noch einmal Revue passieren. Mir waren die meisten Ausschnitte bereits bekannt, doch es gab auch Neues zu entdecken. In dieser geballten Form stellt die Doku in der Doku einen schönen überblick über das Schaffen des Journalisten dar. Besonder Einsteigern zu empfehlen.

Insgesamt hat mich auch „Louis Theroux: The Strange and the Dangerous“ wieder voll und ganz überzeugt. Der Stil hat sich zwar gewandelt, doch die Faszination ist geblieben. Glücklicherweise liegen die nächsten zwei Doku-Sammlungen bereits parat, so dass ich meine nötige Dosis Verrücktheit auch weiterhin von Louis Theroux verabreicht bekommen kann: 9/10 Punkte.

Tribe – Season 1 to 3

Bei meiner Suche nach einer neuen Doku-Serie, bin ich über „Tribe – Season 1 to 3“ gestolpert. Natur- bzw. Tierdokumentationen der BBC (z.B. „Planet Erde“ oder „Das Wunder Leben“) sehe ich sehr gerne und demnach war ich gespannt, ob ich auch dem anthropologischen Blickwinkel des Dokumentarfilmers Bruce Parry etwas abgewinnen kann. Drei Staffeln später bleibt mir nur zu sagen: Good job, Mr. Parry!

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Insgesamt umfasst die Serie 15 Episoden, die sich in drei Staffeln mit einmal drei und zweimal sechs Episoden aufteilen. Jede Episode dauert ca. 60 Minuten und zeigt den Besuch von Bruce Perry bei einem der titelgebenden Stämme. Besuch bedeutet in diesem Fall nicht einfach nur kurz vorbeischauen, sondern einen guten Monat die Lebensweise des Stammes annehmen und unter den gegebenen Bedingungen zu leben. Dabei gliedert sich Parry meist in eine der Familien ein und wird wie ein Stammesmitglied behandelt. Durch diese komplette Immersion bekommt man auch als Zuschauer einen sehr unmittelbaren Eindruck von der Lebensweise der unterschiedlichen Stämme.

Parry hat dabei eine sehr angenehme und positive Art mit den Stammesmitgliedern zu kommunizieren – auch wenn er sich meist nur durch einen Übersetzer mitteilen kann. Gesten und Handlungen gewinnen in dieser Welt viel stärker an Bedeutung. Von Jägern und Sammlern im Urwald, über abgeschiedene Inselvölker bis zu Nomaden im ewigen Eis – die Vielfalt der unterschiedlichen Lebensweisen ist beeindruckend. Parry nimmt auch stets Bezug auf die sich verändernden Bedingungen bzw. Einschnitte, die durch die westliche Zivilisation auf die verschiedenen Stämme hereinbrechen. Dabei erklärt er stets beide Seiten und spricht sowohl die Gefahren (z.B. Identitätsverlust, Aufgabe von Tradition und Wissen, Ausbeutung von Ressourcen) als auch die Möglichkeiten (z.B. medizinische Versorgung, Selbstbestimmung) an.

Beim Sichten der Serie hatte ich häufig das Gefühl, dass die gezeigten Menschen glücklicher sind – obwohl oder gerade weil sie nicht die Vorzüge der uns bekannten Zivilisation genießen. Sie arbeiten, um zu überleben. Dieses Leben ist oft hart und anstrengend, doch es werden keine Rohstoffe verschwendet und keine Zeit vergeudet. Familie und Tradition stehen im Vordergrund. Auch wenn die gezeigten Lebensumstände oft fremd und ungewöhnlich erscheinen mögen, so habe ich mich nach den jeweils 60 Minuten doch stets heimisch gefühlt und konnte den einzelnen Dokus immer wieder neue Aspekte abgewinnen. Wirklich beeindruckende und teils nachdenklich machende Unterhaltung. Großartig: 9/10 Punkte.

Extreme Frontiers: South Africa (Charley Boorman’s South African Adventure)

Es war einmal wieder soweit und Charley Boorman hat sich zu einem neuen Abenteuer aufgemacht. Dieses Mal ging es nach Südafrika, wo unser wackerer Abenteurer so manche Extremsituation zu meistern hatte. Ob die Reisedoku ihrem Titel „Extreme Frontiers: South Africa“ somit tatsächlich gerecht wird, oder ob der gemütlicher klingende Alternativtitel „Charley Boorman’s South African Adventure“ eher Programm ist, lest ihr in der folgenden Besprechung…

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Wie bereits „Extreme Frontiers: Racing Across Canada“ ist auch der Ausflug nach Südafrika in vier kurze Episoden unterteilt. Fand ich die Zeit bereits beim Vorgänger deutlich zu knapp bemessen, wiegt dieser Umstand im aktuellen Fall noch schwerer: Charley scheint von einem Ereignis zum nächsten zu hetzen und mögliche Highlights, wie z.B. der Besuch des Kruger National Parks, werden in nicht einmal 10 Minuten abgehandelt. Hinzu kommen etliche historische Gegebenheiten, die zwar grob nacherzählt werden, doch aufgrund der oberflächlichen Behandlung keinen wirklichen Mehrwert für den Zuschauer darstellen – dem Reiseerlebnis eher abträglich.

Spaß gemacht hat die Reise trotz meiner Kritikpunkte auf jeden Fall, wenngleich die Herausforderungen für Charley meist so enden, dass im Vorfeld viel Wind um nichts gemacht wird und die Extremsituationen a) recht einfach zu bewältigen sind oder b) abgebrochen werden müssen. Ein amüsanter Trip durch Südafrika, der das Potential des Landes leider nicht komplett nutzt: 7/10 Punkte.

Der Blender: The Imposter – OT: The Imposter (2012)

Nach einer langen Woche habe ich mich dennoch dazu durchgerungen einmal wieder einen Film anzuschauen. Nach den Louis Theroux-Dokus, stand erneut eine Empfehlung des Celluleute-Podcasts auf dem Programm: „Der Blender: The Imposter“ ist nach einiger Verzögerung nun auch bei uns auf DVD erhältlich und ich bin dank eines Gewinnspiels des Zeilenkinos auch endlich in den Genuss gekommen – und ein solcher ist Bart Laytons Film zweifellos.

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Obwohl ich mich sehr auf den Film freute, war ich doch ein wenig skeptisch, da ich einerseits bereits (zu) viel von der Geschichte wusste und andererseits mit Spielszenen in Dokumentarfilmen eher wenig anfangen kann. Doch schon bald sollte sich herausstellen, dass „The Imposter“ trotz vermeindlicher Kenntnis des Ablaufs und der Dramatisierung ausgezeichnet funktioniert. Die Geschichte und ihre Figuren ziehen einen in ihren Bann und man kann aufgrund der abstrusen Geschehnisse teils nur ungläubig den Kopf schütteln. Wäre dies ein fiktiver Film gewesen, so hätte ich das Drehbuch wohl bereits nach ein paar Minuten als unglaubwürdig abgestraft.

Im Grunde handelt der Film von Identitätsdiebstahl, einem Familiendrama und einer damit verwobenen Kriminalgeschichte. Die Konstellation der einzelnen Elemente und die Art, wie die relevanten Personen agieren, hat man so allerdings noch nie gesehen. Unglaublich. Im wahrsten Sinne des Wortes. Durch Laytons geschickte Art Interview- mit Spielszenen zu kombinieren, fühlt man sich oft eher in einen absurden Thriller versetzt. Diese Technik funktioniert erstaunlich gut, da man nie das Gefühl hat zum Narren gehalten zu werden. Die Spielszenen unterstützen einzig und allein das Kopfkino, welches die Talking Heads hervorrufen, und ziehen den Betrachter noch stärker in die Geschichte hinein.

Am Ende bleibt man ein wenig unschlüssig zurück. Beide Varianten der Geschichte scheinen in diesem seltsamen Universum möglich. Eines ist auf jeden Fall sicher: Der titelgebende Blender Frédéric Bourdin schafft es auch den Zuschauer in seinen Bann zu ziehen. In diesem Sinne sei euch ein ungewöhnlicher Dokumentarfilm ans Herz gelegt, der es in Sachen Spannung mit den meisten fiktiven Thrillern aufnehmen kann: 9/10 Punkte.

Louis Theroux: The Collection

Über diverse Erwähnungen im Celluleute-Podcast, bin ich auf den Dokumentarfilmer Louis Theroux aufmerksam geworden. Da der seit den 1990er Jahren aktive Journalist bereits unzählige Dokumentationen produziert hat, war es gar nicht so leicht einen Einstieg zu finden. Letztendlich bot sich „Louis Theroux: The Collection“ an, welche eine Auswahl seiner Werke von 1995 bis 2003 umfasst und nicht nur einen wirklich unterhaltsamen Einblick in die seltsame Welt unterschiedlicher Subkulturen bietet…

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Normalerweise bespreche ich keine konkreten Veröffentlichungen (DVDs oder Blu-rays), sondern den jeweiligen Film bzw. die jeweilige Serie an sich. In diesem Fall muss ich jedoch davon abweichen, da die Dokumentationen von Louis Theroux sehr unüberschaubar veröffentlicht werden. Es gibt unzählige und teils vergriffene Einzelausgaben, Sammelboxen mit mehreren Dokus, doch keine seiner Doku-Reihen ist bisher komplett erhältlich. So habe ich – nach ein wenig Recherche – „Louis Theroux: The Collection“ als Einstieg gewählt, was sich als sehr gute Entscheidung erwiesen hat, bietet die Box doch einen guten Überblick über Therouxs bisheriges Schaffen.

Zunächst ein paar Worte zu Louis Theroux (übrigens Cousin von Schauspieler und Drehbuchautor Justin Theroux) selbst: Wenn man die Liste an Themen liest, die im Mittelpunkt der ca. 45- bis 60-minütigen Dokumentationen stehen, dann könnte man das Schlimmste erwarten: Einblicke ins Porno-Geschäft, das Leben von leidenschaftlichen Swingern, überzeugten Neo-Nazis und ein Bordell rufen Assoziationen zu Möchtegern-Krawall-Dokus à la RTL2 hervor. Nichts könnte jedoch ferner liegen, denn Louis Theroux nähert sich den Individuen seiner Beobachtungen mit teils erschreckend viel Respekt und gibt ihnen nahezu unbegrenzten Freiraum sich zu äußern. Durch sein beinahe schon passives Auftreten entlockt er seinen Interview-Partnern teils Aussagen, die oft schockierend, lustig oder einfach nur absurd sind. Dabei führt er sein Gegenüber nie vor und ist sich selbst auch nicht zu fein in oft peinlichen Situationen gefilmt zu werden.

Im Folgenden findet ihr eine Besprechung der unterschiedlichen Doku-Formate, die in dieser Sammlung vorliegen:

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Extreme Frontiers: Racing Across Canada

Kaum hat Charley Boorman die Rallye Dakar bestritten, schicke ich ihn in meinem Wohnzimmer direkt in das nächste Abenteuer. Dieses Mal darf er es jedoch entspannter angehen und bereist in „Extreme Frontiers: Racing Across Canada“ das schöne Kanada. Zwar ist das bevorzugte Verkehrsmittel auch hier wieder das Motorrad, doch erinnert die Serie vom Aufbau eher an klassische Reisedokus, wie z.B. „Stephen Fry in America“ – alle Elemente, die man von einer Charley Boorman-Doku erwartet, sind dennoch vorhanden…

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Im Gegensatz zu den sonst üblichen 6-10 Episoden begleitet man Boorman hier nur über 4 Episoden auf seiner Reise, was wirklich knapp ist. Etliche Abschnitte wirken dadurch ziemlich gehetzt und ich hätte mir mehr Tiefe oder ausführlichere Gespräche gewünscht. Immerhin geht es direkt los und man hält sich nicht mit technischen Fachsimpeleien über Motorräder auf. Der Titel lässt zudem schon erahnen, dass es einige Grenzen auszutesten gilt und so nimmt Charley an diversen kleineren Abenteuern (z.B. Tauchen im Eismeer, Bullenreiten oder Bergbesteigungen) teil, was zwar oft grober Unfug, für den Zuschauer aber stets unterhaltsam ist. Wirklich fundierte Informationen zu Land und Leuten sollte man aber nicht erwarten.

Wem die bisherigen Dokus mit Charley Boorman gefallen haben, der dürfte auch mit „Extreme Frontiers: Racing Across Canada“ seinen Spaß haben. Auch ich hatte ihn, doch hätte ich gerne mehr von der Reise gesehen, denn die knapp 180 Minuten werden dieser – soweit ich das beurteilen kann – einfach nicht gerecht. Ein kurzes, aber auf jeden Fall sehenswertes Vergnügen: 8/10 Punkte.