Tom Clancy’s Jack Ryan – Season 2

Eine der positivsten Serien-Überraschungen im letzten Jahr war für mich die erste Staffel von „Tom Clancy’s Jack Ryan“. Die Amazon-Produktion hat das ein wenig angestaubte Genre des Spionage-Thrillers gekonnt modernisiert und mit dem neuen Jack Ryan einen frischen Heldentypus etabliert. Folglich habe ich mich sehr auf „Tom Clancy’s Jack Ryan – Season 2“ gefreut. Warum die zweite Staffel jedoch nicht an das famose erste Jahr heranreicht, lest ihr in der folgenden Besprechung…

Tom Clancy’s Jack Ryan – Season 2 | © Amazon Prime Video

Tom Clancy’s Jack Ryan – Season 2 | © Amazon Prime Video

Rückkehr zu bekannten Genre-Konventionen

Das erste, was mir negativ aufgefallen ist, war das Herausschreiben (oder eben nicht) von Jack Ryans Freundin Dr. Cathy Mueller. Es scheint so als hätte es sie nie gegeben. Keine Erklärung. Nicht einmal in einem Nebensatz. Einfach weg. Das ist schlechter Erzählstil und hat zudem ein seltsames Licht auf den Hauptcharakter geworfen, der bei erster Gelegenheit mit einer Unbekannten ins Bett hüpft. Überhaupt scheint sich Jack Ryan eher zum stereotypen Agenten zurückentwickelt zu haben. Dies mag an der persönlich gefärbten Rachegeschichte liegen, aber auch davon abgesehen ist nur noch wenig vom empathischen Helden der ersten Staffel zu spüren. Dies ist schade, hatte der neue Ansatz die gesamte Serie doch gleich viel zeitgemäßer wirken lassen. Der Jack Ryan der zweiten Staffel ist dagegen viel näher am klassischen Heldentypus der 80er/90er Jahre dran.

Der Fall, um den sich Ryan, Greer und Co. dieses Mal kümmern müssen, ist dagegen ziemlich spannend: Ich mochte das Setting in Venezuela und die politischen Verstrickungen samt Kampfeinsatz im Hinterland. Die Nebengeschichte rund um den deutschen Auftragskiller Max Schenkel sowie die von Noomi Rapace gespielte Femme Fatale war mir dagegen viel zu klischeehaft geschrieben sowie für den eigentlichen Plot zu wenig relevant. All das ist toll inszeniert und sieht wirklich nach großem Kino aus, aber inhaltlich tritt die Serie hier oft auf der Stelle. Sobald sich Ryan wieder nach Venezuela begibt, nimmt auch die Serie wieder Fahrt auf. Hier hätte ich gerne mehr Zeit verbracht und dafür die teils unnötigen Nebenschauplätze gestrichen.

Fazit

Auch wenn ich in meiner Besprechung eher die negativen Aspekte herausgehoben habe, so bietet auch die zweite Staffel von „Tom Clancy’s Jack Ryan“ sehr gute Unterhaltung. Wir haben acht Episoden in nur einer Woche durchgeschaut, was für unsere Verhältnisse wirklich sportlich ist. Ein gutes Zeichen, auch wenn ich mir für die dritte Staffel wieder eine gelungenere Charakterentwicklung sowie ein durchdachteres Drehbuch wünsche: 8/10 (7.7) Punkte.

The Boys – Season 1

Mangels Netflix-Account bin ich oft außen vor, wenn es um neue Hype-Serien geht. Doch nun lief auch auf Prime Video eine neue Serie an, die in aller Munde zu sein scheint: Ob „The Boys – Season 1“ gerechtfertigt so früh in meinem Programm gelandet ist, erzähle ich euch in der folgenden Besprechung… 🦸‍♂️🦸‍♀️

The Boys – Season 1 | © Amazon Prime Video

The Boys – Season 1 | © Amazon Prime Video

Die Dekonstruktion des Superhelden-Mythos

Ganz neu ist das alles nicht. Spätestens mit Alan Moores „Watchmen“ wurde die Ära der postmodernen Superhelden eingeläutet. Auch die eher witzig-brutale Schiene wurde mit „Kick-Ass“ und Co. bereits im Mainstream-Kino abgedeckt. Nachdem die moderne Kinowelt komplett in Marvel-Hand ist, und spätestens mit Disney+ auch immer mehr Vorstöße in Richtung des kleinen Bildschirms vorgenommen werden, war es nur eine Frage der Zeit, bis sich auch hier die Dekonstruktion unserer Helden manifestiert. Noch vor dem Start der „Watchmen“-Serie auf HBO, geht Amazon mit der Comic-Verfilmung „The Boys“ an den Start. Mir war der Comic im Vorfeld noch nicht bekannt, doch bereits der Trailer hat mich stilistisch sehr an die oben genannten Vorbilder erinnert:

In nur acht Episoden (jeweils mit einer knappen Stunde Laufzeit) erzählt „The Boys“ die Geschichte einer Welt, in der Superhelden in unserer Gesellschaft etabliert sind. Sie sind Helden und Medienstars zugleich. Werbefiguren und Influencer. Gesteuert von einem Konzern, der – wie sollte es anders sein? – nur an zwei Dingen interessiert ist: Macht und Geld. Da beides korrumpiert, ist es auch kein Wunder, dass unsere Helden alles andere als Saubermänner und -frauen sind. Eher das Gegenteil. Kein Wunder, dass sich mit den titelgebenden „The Boys“ eine Gegenbewegung formiert hat.

Sex, Drugs and Blood’n’Gore!

Wir nehmen die Welt durch die Augen von Hughie (gespielt von Jack Quaid, Sohn von Meg Ryan und Dennis Quaid) wahr, dessen Freundin von einem Flash-artigen Superhelden namens A-Train wortwörtlich über den Haufen gerannt wurde. Alleine diese Szene setzt gekonnt den Ton für „The Boys“: Ultrabrutal, schockierend und doch comichaft und witzig überzeichnet. Zumindest während der acht Episoden der ersten Staffel wird diese Formel auch nie langweilig. Ich hatte jede Sekunde Spaß mit der Serie, auch wenn der Humor und der damit einhergehende vorgehaltene Spiegel oftmals eher plump und nicht sonderlich subtil eingesetzt werden.

Neben der inhaltlichen Spritzigkeit (auch das ist durchaus wortwörtlich zu nehmen), hat mich speziell die Inszenierung beeindruckt. Effekte und Look entsprechen schon wirklich Kino-Niveau, was auch durch das für Serien noch ungewohnte Cinemascope-Format unterstützt wird. Ziemlich beeindruckend, was Amazon hier auf die Beine gestellt hat. Auch Soundtrack und Schauspieler (u.a. Karl Urban) spielen auf hohem Niveau, was dem Unterhaltungswert definitiv zugute kommt.

Fazit

Ja, „The Boys“ macht unglaublich viel Spaß und ist genau zum richtigen Zeitpunkt erschienen. Den Superhelden so langsam überdrüssig, kann man sich hier schön an der Dekonstruktion des Genres ergötzen. Das alles wird oft ganz schön mit der Brechstange erzählt, was aber auch den Reiz der Serie ausmacht. Vielleicht nicht der große Überflieger, doch insgesamt extrem unterhaltsam: 8/10 (8.3) Punkte.