Die glorreichen Sieben – OT: The Magnificent Seven (1960)

Obwohl ich jedem Genre etwas abgewinnen kann, wenn mich Geschichte und Umsetzung eines Films ansprechen, so gibt es jedoch Genres mit denen ich mehr und Genres mit denen ich weniger anfangen kann. Western gehören eindeutig zur zweiten Kategorie. John Sturges „Die glorreichen Sieben“ hat es dennoch auf die Liste meiner persönlichen Klassiker geschafft, was als großes Kompliment für den Film zu verstehen ist.

Wenn ich an „Die glorreichen Sieben“ denke, dann denke ich an einen speziellen Fernsehabend meiner Kindheit. Obwohl meine Eltern sehr strikt waren, was den TV-Konsum anging, hatte ich aus irgendeinem Grund diesen Western gesehen. Ich war zutiefst beeindruckt. Noch heute kann ich mich an das Gefühl erinnern, das ich während der Sichtung hatte. Yul Brunner war mein Held. Der Inbegriff der Coolness – auch wenn ich damals mit diesem Begriff wahrscheinlich noch nichts anfangen konnte. Es begann die Zeit, während der ich später unbedingt einmal Cowboy werden wollte.

In den vergangenen Jahren sah ich den Film noch bei diversen TV-Ausstrahlungen, doch dieses magische Gefühl der ersten Sichtung wollte sich nie wieder einstellen. Dafür lernte ich den Film aus anderen Gründen zu schätzen: Den wunderbaren Bildern, dem fantastischen Score, der mitreißenden Geschichte und dem unglaublichen Aufgebot an Schauspielern. Eine Sache hat sich nämlich seit damals nicht geändert: Yul Brynner spielt hier immer noch den coolsten Charakter, der je die Leinwand betreten hat. Da können heutige Stars einpacken.

Meine Lieblingsszene ist wohl auch die Einführung von Chris (Yul Brynner) und Vin (Steve McQueen), die einfach so dermaßen lässig daherkommt, dass es eine wahre Freude ist. Auch die weitere Vorstellung der fünf verbleibenden Revolverhelden ist fantastisch: Ob Charles Bronsons lakonischer erster Auftritt als Bernado oder James Coburns Messerwurf. Diese Szenen haben zu Recht Filmgeschichte geschrieben. Neben den offensichtlich herausragend besetzten Helden, gibt es auch zwei Schauspieler zu sehen, deren Besetzung etwas seltsam anmutet: Eli Wallach als fieser Bösewicht Calvera und Horst Buchholz als junger Heißsporn Chico. Ich könnte mir heute keine anderen Darsteller in diesen Rollen vorstellen, doch mutet unser Horst Buchholz als heißblütiger Mexikaner teils durchaus etwas befremdlich an.

Bevor ich zum Ende meiner Besprechung kommen, muss ich unbedingt noch ein paar Worte zu Elmer Bernsteins Score verlieren, der auch heute noch zu meinen absoluten Lieblingsfilmmusiken zählt. Nicht nur das Hauptthema in seinen unzähligen Variationen, sondern auch die unbekannteren Elemente fügen sich zu einer wahren Westernoper zusammen, welche die klassische Geschichte der sieben Helden mit den nötigen Emotionen unterfüttert.

John Sturges Western-Adaption von Akira Kurosawas „Die sieben Samurai“ ist einer der großen amerikanischen Filmklassiker, welche man einfach gesehen haben muss. Die Blu-ray bringt das Epos in bisher nicht gekannter Qualität in die heimischen Wohnzimmer und nach unzähligen TV-Ausstrahlungen kann der Film seine audiovisuellen Trümpfe endlich vollständig ausspielen. Großes Kino: 10/10 Punkte.

Prädikat: Lieblingsfilm

Der mit dem Wolf tanzt – Langfassung – OT: Dances With Wolves (1990)

Es gibt nur wenige Filme, die einen wirklich mit Haut und Haaren gefangen nehmen. Von denen man sich selbst nach dem Abspann nicht emotional lösen kann. Zu diesen Filmen gehört Kevin Costners „Der mit dem Wolf tanzt“. Gesehen habe ich den Film – in der Langfassung – gestern bestimmt zum dritten Mal und einmal wieder war ich erstaunt über die Wirkung dieses außergewöhnlichen Epos.

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Der Film nimmt sich viel Zeit um seine Charaktere einzuführen. Dadurch lernt man die Hauptfigur John Dunbar (Kevin Costner) wirklich kennen und kann eine emotionale Beziehung zu ihr aufbauen. Ab der Ankunft im verlassenen Fort braucht man als Zuschauer diese starke Identifikation auch, da der Film sonst nicht funktionieren würde. Man lebt sein Leben in der Wildnis. Man lernt mit ihm die neuen Nachbarn kennen und durch ihn tanzt man auch mit dem Wolf.

Begleitet wird die wunderschöne Geschichte von unglaublichen Naturbildern, die in einem fast schon verzauberten Licht erstrahlen. Der Kameramann transportiert den Westen wirklich spürbar ins heimische Wohnzimmer. Umso beeindruckender auf Blu-ray. Dabei ist die Landschaft nie nur schmuckes Beiwerk, sondern hilft stets die Geschichte zu erzählen. Ebenso wichtig und imposant ist John Barrys fantastischer Score, welcher dem Epos durchgehend als emotionaler Anker dient.

Die Annäherung zwischen Dunbar und den Ureinwohnern Amerikas wird sehr behutsam erzählt. Costners Figur geht so offenherzig auf diese ihm fremde Kultur zu, dass man den Mann nur bewundern kann. Trotzdem wirkt der Film durchaus realistisch, da hier nicht glorifiziert wird und die unterschiedlichen ethischen Grundlagen beider Kulturen durchaus kritisch betrachtet werden. Sehr gewinnend finde ich hier die Erzählerstimme, die nicht im Raum schwebt, sondern durch Johns Tagebuch fest im Film verankert ist.

Besonders beeindruckt hat mich in „Der mit dem Wolf tanzt“ vor allem Costners Spiel. Man nimmt ihm die Rolle voll und ganz ab – wenn man dazu noch bedenkt, dass er bei diesem Film für nahezu alles verantwortlich war, kann man nur sagen: Hut ab, Mr. Costner! Es stecken so viele wunderbare Details in dem Film, wie z.B. der titelgebende Wolf als Metapher für die Annäherung mit der Natur, dass man aus dem Entdecken gar nicht mehr heraus kommt.

„Der mit dem Wolf tanzt“ ist ein überwältigendes Filmerlebnis, das emotional zu berühren weiß. Durch die lange Laufzeit erinnert man sich noch während der Film läuft an gewisse vergangene Szenen zurück, was einen noch enger mit den Filmfiguren zusammenschweißt. Ein wahres Epos und einer meiner persönlichen Lieblinge: 10/10 Punkte.

Prädikat: Lieblingsfilm

Nobody ist der Größte – OT: Un genio, due compari, un pollo (1975)

Gestern Abend habe ich eine Reise zu den Wurzeln meiner Filmleidenschaft unternommen. Ich habe „Nobody ist der Größte“ gesehen. Zu diesem Film hege ich eine ganz besondere Beziehung: Es war der erste Film, den ich abends komplett ansehen durfte. Es war irgendwann während meiner Grundschulzeit und bis dahin war spätestens um 21:00 Uhr Zapfenstreich angesagt. Doch dann kam Nobody. Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, ob damit das lange Aufbleiben eingeläutet wurde oder ob es ein Einzellfall war. An diesen einen Abend erinnere ich mich jedoch noch ganz genau.

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Mir fällt es aufgrund meiner besonderen Beziehung zu dem Film natürlich schwer, eine nachvollziehbare Bewertung abzugeben – somit wird diese Filmbesprechung noch weniger objektiv, als die restlichen. Bei den Kritikern hat „Nobody ist der Größte“ ja bekanntermaßen einen schweren Stand. Besonders im Vergleich zu seinem gelungenen Vorgänger „Mein Name ist Nobody“ kann man einen qualitativen Rückschritt kaum bestreiten. Dennoch muss man den Film meiner Meinung nach mit anderen Augen sehen: In der Fortsetzung – die eigentlich nichts mit dem ersten Teil zu tun hat – hat die Figur des Nobody den wilden Westen schon fest im Griff. Der Wandel ist bereits vollzogen. Somit sollte man „Nobody ist der Größte“ auch als reinen Spaßwestern im Geiste der Trinity-Filme sehen und nicht als Abgesang auf den klassischen Spaghettiwestern, wie ihn noch der Vorgänger zelibrierte.

Abgesehen von allen offensichtlichen Schwächen bietet der Film auch für das kritische Auge tolle Szenen. Das Duell mit Klaus Kinski ist wahrlich grandios und als Nobody Kinskis Charakter in einer der Folgeszenen einfach aus dem Fenster wirft, dann ist das schon nahe an großem Kino dran. Auch wenn die Geschichte des Films nur aus Versatzstücken besteht so ist sie doch äußerst unterhaltsam und kann mit tollen Figuren (z.B. der rotbärtige Captain samt Tochter) und nett anzusehenden Darstellern (Miou-Miou) aufwarten.

Für mich ist „Nobody ist der Größte“ ein echter Kindheitsklassiker. Auch heute noch freue ich mich über so manch bekannte Szene und den schelmischen Witz von Terence Hill. Damals wurde zudem eine Ära eingeläutet: Die Ära der Bud Spencer- und Terence Hill-Filme. Trotz Schwächen ganz klare 8/10 Punkte.

Mein Name ist Nobody – OT: Il mio nome è Nessuno (1973)

„Nobody ist der Größte“ ist der erste Film, an dessen Sichtung ich mich erinnern kann. Eigentlich habe ich gedacht, auch „Mein Name ist Nobody“ – den Vorgänger – im Laufe der Zeit das eine oder andere Mal gesehen zu haben. Umso erstaunter war ich, dass ich mich an nahezu keine Szene erinnern konnte. Einzig die Jahrmarktszene mit dem Stelzenläufer war mir noch dunkel im Gedächtnis.

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Erwartet hatte ich folglich einen Spaßwestern, wie er typisch für Terence Hill ist. Gesehen habe ich allerdings etwas vollkommen anderes: Einen waschechten Sergio Leone Western, der zwar durchsetzt ist mit den bekannten Späßen, aber dem es dennoch nicht an Ernsthaftigkeit und Tiefe mangelt. Jack Beauregard steht für den klassischen Westernhelden, der die Zeichen der Zeit erkennt und einer neuen Generation Platz macht. Nobody ist Teil dieser neuen Generation. Er verdrängt den klassischen Helden. Sein Stil ist locker, er hat immer einen Spruch auf den Lippen und damit ist er das genaue Gegenteil des bisherigen Stereotyps, wie man ihn in Leones Spaghettiwestern gefunden hat: Nobody ist das Gegenstück zu Harmonica.

Dieser Abschied vom klassischen Western, den eigentlich der Spaghettiwestern an sich bereits dargestellt hat, ist dem Film in jeder Szene anzumerken. Allein die ersten zehn Minuten könnten direkt aus der Hochzeit des Spaghettiwestern stammen und ich müsste mich doch sehr wundern, wäre Sergio Leone hier nicht höchst persönlich auf dem Regiestuhl gesessen – oder zumindest dahinter gestanden. Trotz seines Humors schwingt den gesamten Film über Wehmut mit. Wohl auch die Wehmut eines großen Regisseurs, der mit diesem Film das von ihm geschaffene Genre mit zu Grabe getragen hat. Umso ironischer ist es wohl, dass die nachfolgenden Spaßwestern mit Terence Hill und Bud Spencer sich immer größerer Beliebtheit erfreut haben.

„Mein Name ist Nobody“ ist auch heute noch ein toller Film. Seine Doppeldeutigkeit ist wahrscheinlich einzig den Zuschauern bewusst, die sich etwas mit der Geschichte des Films auskennen. Alle anderen sehen in dem Film wohl nur einen Spaßwestern, mit teils irritierend langsamen Szenen. Doch gerade dieses Existieren zwischen zwei Welten macht den eigentlichen Reiz des Films aus. Neben all den – für filmhistorisch interessierte Menschen – netten Details bietet der Film zudem noch gute Unterhaltung und mit Terence Hill den Held meiner Kindheit. Somit sind 8/10 Punkte mehr als gerechtfertigt.