Kürzlich hatten wir es auf der Arbeit über Western und dass viele Kollegen – mich eingeschlossen – noch nie einen Western mit John Wayne gesehen haben. Daraufhin hat sich ein großer Fan des Dukes vorgenommen, diesen untragbaren Umstand zu ändern und mich sowie fünf weitere Kollegen zu einem Westernabend inklusive standesgemäßem Essen (lecker Grillfleisch und Bohnen mit Speck) einzuladen. Nach einem kurzen Abriss über die Bedeutung des Films, waren wir schon gespannt, ob „Der Schwarze Falke“ seinem Ruf als bester Western John Fords und John Waynes gerecht wird und uns auch 60 Jahre später noch zu überzeugen weiß…
Der Western und ich
Im Vorfeld der Besprechung muss ich den Hinweis geben, dass die Stimmung doch eher ausgelassen war und somit manche aus heutiger Sicht unfreiwillig komische Szene noch zusätzlich an Humor gewonnen hat. Die Umstände der Sichtung haben den Film bestimmt anders wirken lassen, als die ursprüngliche Intention vorgesehen hat – und doch glaube ich, dass ich mir insgesamt ein recht gutes Bild von „Der Schwarze Falke“ machen konnte, zumindest nachdem die Zwischenbildberechnung ausgeschaltet war, was nur wieder mich zu stören schien. Danach aber konnte John Fords epochaler Western zumindest visuell überzeugen, denn die auf Blu-ray gebannten VistaVision-Bilder sind auch heute noch sehr beeindruckend und lassen schnell vergessen, dass man einen Film aus dem Jahr 1956 sieht.
Western ist ein Genre, das mich meist nicht sonderlich lockt, auch wenn mit „Die glorreichen Sieben“ ein nur vier Jahre nach „The Searchers“ entstandener Genrekollege zu meinen Lieblingsfilmen zählt. Auch John Fords legendärer Western zählt für viele Kritiker und Filmschaffende (u.a. Martin Scorsese und John Milius) zu den besten Filmen aller Zeiten. Dies hatte ich bei der Sichtung im Hinterkopf – und auch wenn ich so manch spannenden Ansatz erkennen konnte, wollte mich der Film nicht so wirklich mitreißen. Das mag einerseits an den Umständen der Sichtung liegen, doch auch darüber hinaus werden John Ford, John Wayne und ich vermutlich keine allzu engen Freunde. Die simple Handlung wird oft unnötig umständlich erzählt und ein Gefühl für den langen Zeitraum (immerhin über 5 Jahre), den unsere Suchenden unterwegs sind, mag sich kaum einstellen.
Licht und Schatten im Monument Valley
Ich war wirklich erstaut wie unsympathisch der Held aus heutiger Sicht gezeichnet ist: wortkarg, eindimensional und ohne jegliche Empathie. Ob das damals genauso wahrgenommen wurde? In ausgewählten Szenen kann man als Zuschauer tatsächlich hinter die Fassade blicken – und in diesen Momenten konnte mich der Film tatsächlich packen. Teils hatte ich auch das Gefühl eine Entmystifizierung des Westernhelden zu sehen: Während der 5-jährigen sinnlosen Odyssee geht das restliche Leben weiter und Martin Pawley (Jeffrey Hunter) hätte beinahe seine große Liebe an einen anderen Mann verloren. Die endlich ausgeübte Rache an Scar wirkt wenig kathartisch und für unseren Helden scheint es auch kein glückliches Ende zu geben – ruhelos zieht er weiter. Eine Deutung von „Der Schwarze Falke“, mit der ich mich wirklich anfreunden könnte. Leider jedoch wirkt John Fords Film in anderen Szenen äußerst eindimensional erzählt und bekräftigt fragwürdige Stereotype. Den Rassismusvorwurf muss sich Ford aus heutiger Sicht an manchen Stellen gefallen lassen, doch offenbart „The Searchers“ auch für die damalige Zeit durchaus progressive Ansichten, wie das offene Zeigen der Auswirkungen eines Massakers an den Ureinwohnern. Insofern befindet sich der Film eher in einer Grauzone als in einem der beiden Lager, welche von der Filmkritik so gerne eingenommen werden.
Rein formal ist „The Searchers“ bemerkenswert. Gerade in den Szenen, die auf einem Set spielen, gelingt Ford ein Deep Staging mit ungeahnter Tiefenschärfe, was bei uns Zuschauern oft den Eindruck hervorruft eher ein Theaterstück als einen Film zu sehen. Im direkten Kontrast dazu stehen die weiten, offenen Einstellungen des Monument Valley, die wirklich famos anzusehen sind. Max Steiners Score ist mir dagegen leider kaum im Ohr geblieben, was ich schade fand, da z.B. Elmar Bernsteins Score zu „The Magnificent Seven“ zu meinen Lieblingsfilmmusiken zählt und Ennio Morricone im Italowestern geradezu Großartiges geleistet hat.
Fazit
Eine Bewertung fällt mir nun wirklich schwer. Einerseits konnte ich mich während der Sichtung nicht so komplett auf den Film einlassen, wie er es verdient gehabt hätte, und andererseits habe ich genug gesehen, um zu wissen, dass „The Searchers“ für mich nicht die große Offenbarung des Western ist, die er für viele Fans und Kritiker gerne sein würde. Die Präsenz John Waynes hat mich beeindruckt, gerade weil er einen ungewöhnlich unsympathischen Heldentypus verkörpert und die Inszenierung John Fords fand ich famos. Dem gegenüber stehen eine unausgegorene Rachegeschichte und eine aus heutiger Sicht fragwürdige Charakterzeichung. Filmhistorisch relevant, doch keiner dieser Klassiker, die auch heute noch wie eine Offenbarung wirken. Dennoch bin ich sehr froh, die Möglichkeit bekommen zu haben den Film zu sehen: 6/10 Punkte.