Westworld (1973)

Wer hätte es gedacht? Ich habe es tatsächlich noch geschafft, mir an diesem langen Pfingstwochenende – nach der Taufe meiner Nichte – einen Film anzuschauen: Nachdem ich gestern über die jüngsten Neuzugänge in meiner Filmsammlung berichtet hatte, fand „Westworld“ auch sogleich den Weg in den Blu-ray-Player. Mit seinem Thema knüpft der Film wunderbar an die Sichtungen der letzten Wochen an, denn sowohl „Ex Machina“ als auch „I, Robot“ hatten bereits den Aufstand intelligenter Maschinen zum Thema. Wie sich der Klassiker aus dem Jahr 1973 im Vergleich schlägt, lest ihr in der folgenden Besprechung…

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Mit „Westworld“ verknüpfe ich tatsächlich ganz frühe Erinnerungen. Es mag auch sein, dass ich mich eher an das Sequel „Futureworld“ erinnere, denn so ganz lassen sich beide Filme in meinem Gedächtnis nicht trennen, was vermutlich auch an Yul Brunners archetypischen Auftritten als Gunslinger liegt. Seine Besetzung ist ohnehin ein Coup, denn welcher amerikanische Schauspieler, John Wayne einmal ausgenommen, hätte den mythischen Westernhelden besser verkörpern können, als Yul Brunner aus „Die glorreichen Sieben“? Das Feingefühl, das Michael Crichton bei seinem Kinodebüt als Regisseur beweist, ist ohnehin bemerkenswert. Sicher inszeniert er hier nur seinen eigenen Stoff, doch beweist ein unglaublich gutes Händchen für den Spannungsaufbau, findet imposante Bilder und trifft den Umschwung im Ton perfekt.

Inhaltlich ist „Westworld“ quasi der Vorläufer von „Jurassic Park“: Crichton hat bereits hier eine faszinierende Welt erschaffen, die gar nicht einmal so unmöglich erscheint, und lässt am Ende die Attraktionen gegen die Besucher Amok laufen. Das Finale weckt zudem Erinnerungen an ein anderes Franchise, denn wenn der Revolverheld unzählige Leben zu haben scheint und mit dem unbeirrbaren Fokus einer Maschine Jagd auf sein Opfer macht, dann ist klar wo James Cameron die Inspiration zu diesem Aspekt von „The Terminator“ gefunden hat. Speziell der Übergang von Freizeitvergnügen hin zu auswegloser Flucht hat mich hier wirklich überzeugt.

Rein formal mag „Westworld“ heute ein wenig angestaubt wirken, wenngleich dies auch gerade den Charme des Films ausmacht. Die Cinemascope-Bilder sind, wie die der meisten Western auch, zeitlos und bilden einen schönen Kontrast zu den unterirdischen Laboren, die in ihrer Darstellung an andere Sci-Fi-Klassiker, z.B. „Logan’s Run“, der 1970er Jahre erinnern. Auch wenn ich gerne noch ein wenig mehr von den Welten und den Hintergründen gesehen hätte, so funktioniert der knapp 90-minütige Film auch perfekt in seiner Kompaktheit. Ein Film, der wahrlich Maßstäbe gesetzt hat und leider oft vergessen wird, wenn es um die großen Genreklassiker geht: 9/10 Punkte.

Jahr 2022… die überleben wollen – OT: Soylent Green (1973)

Zurzeit wird die gesamte Familie von einer fiesen Erkältung gequält – allein unser Zappelinchen hält sich noch wacker. Dafür sind Mama und Papa zu fast nichts mehr zu gebrauchen, weshalb wir den heutigen Tag auch mit anspruchsloser Unterhaltung ausklingen lassen wollten. Trotz dieses Vorsatzes ist die Wahl auf „Jahr 2022… die überleben wollen“ gefallen, der besser unter seinem Originaltitel „Soylent Green“ bekannt ist. Also doch Anspruch mit einem der großen Sci-Fi-Klassiker der 70er Jahre. Puh, fast schon anstrengend…

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Mit „Soylent Green“ verbinde ich seelige Erinnerungen an durchwachte Fernsehnächte während meiner Zivildienstzeit. Zusammen mit „Logan’s Run“, „THX 1138“ und „Rollerball“ gehört er für mich zu den großen dystpopischen Sci-Fi-Klassikern dieser Zeit. Hinzu kommt die große popkulturelle Komponente des titelgebenden Nahrungsersatzmittels, welches in unzähligen TV-Serien (z.B. „Die Simpsons“ oder „Futurama“) oder aktuellen Kinofilmen (z.B. „Cloud Atlas“) referenziert wird. Damit spielt „Jahr 2022… die überleben wollen“ auch in einer Liga mit einem anderen großen Charlton-Heston-Klassiker, nämlich „Planet der Affen“, dessen Pointe ebenfalls zu den meistzitierten Wendungen der Popkultur gehören dürfte.

Auch wenn Richard Fleischers Film nach über 40 Jahren nicht mehr allzu frisch aussieht, so hat er doch keinesfalls etwas von seiner Faszination eingebüßt. Die Dystopie wird greifbar und das Setting ist in der heutigen Zeit aktueller denn je: Die Kluft zwischen Arm und Reich wird hier so plakativ dargestellt wie nur selten. Die eingewobene Kriminalgeschichte ist spannend und führt zu einem Finale, das immer noch zu schockieren weiß. Auch emotional weiß „Soylent Green“ durch die ebenfalls oft zitierte zentrale Szene um Sol Roth (Edward G. Robinson in seiner letzten Rolle) mitzureißen. Überhaupt ist das ungleiche Duo Heston und Robinson großartig!

Wer auch nur ein wenig für das dystopische Sci-Fi-Kino der 60er bis 80er Jahre übrig hat, der hat „Jahr 2022… die überleben wollen“ bestimmt schon mehr als einmal gesehen. Wenn er euch bisher allerdings durch die Lappen gegangen ist, dann bitte anschauen – und die Chance ergreifen einen Genreklassiker neu für euch entdecken zu können: 8/10 Punkte.

American Graffiti

Gestern Abend habe ich einmal wieder eine filmische Wissenslücke schließen können. George Lucas‘ „American Graffiti“ zeigt – wie so viele Filme nach ihm – den letzten wichtigen Abend an der Grenze zum Erwachsenwerden. Simpel in der Handlung. Simpel in der Aussage. Umwerfend in seiner Ausführung.

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Bei der Sichtung hatte ich stets das Gefühl, den Film doch schon irgendwie zu kennen. Die unterschiedlichen Charaktere. Das beinahe schon magische Gefühl dieser letzten bedeutenden Nacht. Die Musik. Die Autos. All das hat sich bereits so in der Popkultur festgesetzt, das man kaum glauben kann hier nun endlich das Original zu sehen. Allein wenn man an den exakt 20 Jahre später entstandenen „Dazed and Confused“ von Richard Linklater denkt, sind die Parallelen unübersehbar. Wahrlich ein Meilenstein für diese Art von Coming-of-Age-Film.

Der Verlust der Unschuld – im übertragenen Sinne – ist in nahezu jeder Szene zu spüren. Der Umbruch macht sich dabei nicht nur bei den Charakteren bemerkbar, sondern auch in der Welt, in der der Film spielt. Vietnam steht vor der Tür und das naive Lebensgefühl der 50er Jahre ist bereits dabei zu verblassen. Die nostalgische Stimmung wird auf den Zuschauer perfekt durch kleine, persönliche Geschichten übertragen. Selbst in der heutigen Zeit kann sich wohl jeder noch an solch unbeschwerte Nächte erinnern. Die letzten Nächte der eigenen Jugend.

Für Filmfreunde ist es famos diverse Schauspieler in ihren ersten größeren Rollen zu sehen: Richard Dreyfuss, Ron Howard, Charles Martin Smith und Harrison Ford sind nur einige der bekannten Gesichter. George Lucas und Francis Ford Coppola haben hier wahrlich ein geschicktes Händchen bei der Besetzung bewiesen. Ebenso bei der Auswahl des Soundtracks, der hier wichtiger ist als in kaum einem zweiten Film.

„American Graffiti“ ist sicherlich nicht der spannendste oder lustigste Film. Er erzählt keine epische Geschichte. Er besitzt keine besonderen Schauwerte. Er ist ein kleiner Film. Er zeigt uns einen kleinen Ausschnitt aus dem Leben von Jugendlichen an der Schwelle zum Erwachsensein – und das macht er perfekt. George Lucas hat hier wirklich einen der Archetypen des Coming-of-Age-Films geschaffen: 8/10 Punkte.

Schlacht um den Planet der Affen – OT: Battle for the Planet of the Apes

Mit „Schlacht um den Planet der Affen“ ist vorerst Schluss mit dem Affentheater – und das ist auch gut so. Nicht, dass ich keine Freude an den Filmen gehabt hätte, doch dank der geballten 70er Jahre Optik, der oft redundanten Handlung sowie der gewöhnungsbedürftigen Musik bin ich nun froh einmal wieder einen Film ohne Affen zu sehen. Gespannt auf die erneute Sichtung des Remakes und die Erstsichtung der TV-Serie bin ich dennoch – aber alles zu seiner Zeit.

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J. Lee Thompsons zweite Regiearbeit für die Filmreihe schließt nahtlos am Vorgänger an: Die Affen leben (zum ersten Mal in der Reihe!) in einer einigermaßen friedlichen Koexistenz mit den Menschen zusammen. Ceasar ist ein friedliebender Herrscher, doch die Gorillas zeigen den Menschen gegenüber bereits gewaltbereite Tendenzen. Als die Affen bei einer Expedition in die verbotene Zone nun auf verstrahlte Menschen treffen, ist eine weitere Auseinandersetzung unausweichlich. Soweit die Geschichte.

Auf mich macht „Schlacht um den Planet der Affen“ einen etwas unnötigen Eindruck. Die Szenen im Affenlager und die Darstellung des Zusammenlebens zwischen Mensch und Tier halte ich für recht gelungen. Auch die Dynamik zwischen den Affenarten zeugt von Potential. Der weitere Kampf allerdings ist nicht wirklich nötig. Zudem schafft es der Film – in Bezug auf die Zeitachse der Reihe – nicht eindeutig Position zu beziehen: Ändert sich nun die Zukunft? Warum hat man dies dann nicht deutlicher gemacht? Bleibt sie unverändert? Warum zeigt man dann solch einen unbedeutenden Ausschnitt aus der Geschichte der Affen? Alles wirkt nicht so recht durchdacht.

Im Folgenden möchte ich meine persönliche Rangliste der „Planet der Affen“-Filme darstellen. Letztendlich ist allein der erste Teil großes Kino und wirklich Pflichtprogramm für jeden Filmfreund. Der Rest der Film ist teils ganz nett, größtenteils aber einfach unnötig. Zur reinen Unterhaltung durchaus geeignet, aber mehr ist da nicht:

1. „Planet der Affen“ (1968 )
2. „Flucht vom Planet der Affen“
3. „Eroberung vom Planet der Affen“
4. „Schlacht um den Planet der Affen“
5. „Rückkehr zum Planet der Affen“

Das letzte Kapitel in der Affengeschichte bietet somit ganz nette Unterhaltung. Wenn man ihn nicht sieht, verpasst man allerdings auch nichts. Absoluter Durchschnitt mit einem – für die Reihe – erstaunlich positiven Ende: 5/10 Punkte.

Mein Name ist Nobody – OT: Il mio nome è Nessuno (1973)

„Nobody ist der Größte“ ist der erste Film, an dessen Sichtung ich mich erinnern kann. Eigentlich habe ich gedacht, auch „Mein Name ist Nobody“ – den Vorgänger – im Laufe der Zeit das eine oder andere Mal gesehen zu haben. Umso erstaunter war ich, dass ich mich an nahezu keine Szene erinnern konnte. Einzig die Jahrmarktszene mit dem Stelzenläufer war mir noch dunkel im Gedächtnis.

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Erwartet hatte ich folglich einen Spaßwestern, wie er typisch für Terence Hill ist. Gesehen habe ich allerdings etwas vollkommen anderes: Einen waschechten Sergio Leone Western, der zwar durchsetzt ist mit den bekannten Späßen, aber dem es dennoch nicht an Ernsthaftigkeit und Tiefe mangelt. Jack Beauregard steht für den klassischen Westernhelden, der die Zeichen der Zeit erkennt und einer neuen Generation Platz macht. Nobody ist Teil dieser neuen Generation. Er verdrängt den klassischen Helden. Sein Stil ist locker, er hat immer einen Spruch auf den Lippen und damit ist er das genaue Gegenteil des bisherigen Stereotyps, wie man ihn in Leones Spaghettiwestern gefunden hat: Nobody ist das Gegenstück zu Harmonica.

Dieser Abschied vom klassischen Western, den eigentlich der Spaghettiwestern an sich bereits dargestellt hat, ist dem Film in jeder Szene anzumerken. Allein die ersten zehn Minuten könnten direkt aus der Hochzeit des Spaghettiwestern stammen und ich müsste mich doch sehr wundern, wäre Sergio Leone hier nicht höchst persönlich auf dem Regiestuhl gesessen – oder zumindest dahinter gestanden. Trotz seines Humors schwingt den gesamten Film über Wehmut mit. Wohl auch die Wehmut eines großen Regisseurs, der mit diesem Film das von ihm geschaffene Genre mit zu Grabe getragen hat. Umso ironischer ist es wohl, dass die nachfolgenden Spaßwestern mit Terence Hill und Bud Spencer sich immer größerer Beliebtheit erfreut haben.

„Mein Name ist Nobody“ ist auch heute noch ein toller Film. Seine Doppeldeutigkeit ist wahrscheinlich einzig den Zuschauern bewusst, die sich etwas mit der Geschichte des Films auskennen. Alle anderen sehen in dem Film wohl nur einen Spaßwestern, mit teils irritierend langsamen Szenen. Doch gerade dieses Existieren zwischen zwei Welten macht den eigentlichen Reiz des Films aus. Neben all den – für filmhistorisch interessierte Menschen – netten Details bietet der Film zudem noch gute Unterhaltung und mit Terence Hill den Held meiner Kindheit. Somit sind 8/10 Punkte mehr als gerechtfertigt.