Ex Machina (2015)

Vormittags noch unzählige Fahrräder Probe gefahren, nachmittags den 4. Geburtstag des Neffen gefeiert. Was gibt es Schöneres als solch einen vollgestopften Tag mit einem gelungenen Film zu beenden? Heute frisch in der Post gewesen, ist Alex Garlands „Ex Machina“ auch sofort in den Player gewandert. Eigentlich wollte ich den Film schon damals im Kino sehen, dann wurde er mir auch noch von einem Freund ans Herz gelegt – es wurde als höchste Zeit den Sci-Fi-Thriller nachzuholen…

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Künstliche Intelligenz ist ein Thema, das mich – zumindest filmisch gesehen – schon seit jeher stark beschäftigt: von „Blade Runner“„Alien“ und „The Terminator“ bis hin zu „The Matrix“ und „A. I. – Artificial Intelligence“ oder „Her“. In all diesen Filmen spielt Künstliche Intelligenz eine mehr oder weniger prominente Rolle. Umso gespannter war ich auch, was nun Alex Garland in seinem Regiedebüt daraus macht. Der häufig mit Danny Boyle arbeitende Drehbuchautor ist mir vor allem für seine oft im letzten Drittel qualitativ abfallenden Skripte bekannt: Sowohl „The Beach“ als auch „28 Days Later“ und „Sunshine“ schwächeln ausgerechnet auf der Zielgeraden, was tatsächlich auch ein wenig auf „Ex Machina“ zutrifft. Doch besitzt auch dieses Finale eine zweite Ebene, mit der ich mich durchaus anfreunden kann.

Garlands kühle Bilder unterstreichen perfekt die kammerspielartige Klaustrophobie, der sich die Charaktere ausgesetzt sehen. Diese bedrückende Atmosphäre wird umso stärker spürbar, da brachial lebendig wirkende Naturmotive immer wieder dem kalten, technokratischen Labor gegenübergestellt werden. Man fühlt sich als Zuschauer zusammen mit dem von Domhnall Gleeson („About Time“) gespielten Caleb wirklich nicht wohl in dieser Welt. Und doch geht eine Faszination von der gezeigten Technik aus, die letztendlich in Ava (Alicia Vikander) gipfelt. Während der ersten beiden Drittel wusste ich auch nicht so recht, in welche Richtung sich der Film denn wohl bewegen würde. Ich hatte so meine Vermutungen – und es sollte sich herausstellen, dass Caleb die gleichen Ideen hatte. Wir beide lagen falsch.

Das endgültige Finale rutschte mir inszenatorisch ein wenig zu sehr in Richtung Horror ab, auch wenn es inhaltlich nur konsequent und folgerichtig war. Man spürt den typischen Garland-Stolperer und doch komme ich nicht umhin, es als gelungen zu bezeichnen. Ich bin mir auch sicher, dass ich in den kommenden Tage noch oft an den Film werde denken müssen. Mein größter Kritikpunkt ist, dass Nathan (Oscar Isaac) gegen Ende die Züge eines klischeehaften Bösewichts trägt. Vielleicht sind das aber auch die logischen Folgen seines Gott-Komplexes. Gerade weil der Film an dieser und anderen Stellen noch weiter zum nachdenken anregt, möchte ich ihn mit der besseren der beiden möglichen Punktzahlen belohnen. Weiter so, Mr. Garland: 9/10 Punkte.

45 Gedanken zu “Ex Machina (2015)

  1. Mir hat der Film auch sehr gefallen. Die perfekte Mischung aus Sci-Fi und Kammerspiel, mit einer sensationell guten Hauptdarstellerin. Nathan erinnerte mich immer irgendwie an einen typischen High-Tech-Mogul: reich, arrogant, unersättlich, der normalen Welt schon irgendwie entrückt und dadurch einsam.

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    • Das beschreibst du wirklich gut. Ganz ähnlich habe ich den Film auch wahrgenommen, wenngleich ich mich teils auch ein wenig an der Darstellung von Nathan gestört habe. Doch das ist nur ein kleiner Kritikpunkt für diesen großartigen Film.

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  2. Im Kino habe ich den so gefeiert. Dann kam ich zuhause an und habe mir über das Ende nochmal den Kopf zerbrochen. Klar, es passt und es ist im Grunde auch hervorragend, aber… war das dann nicht doch etwas zu einfach? Muss den unbedingt nochmal sehen und schauen, wie das Ende jetzt wirkt. Konnte mich damals nicht so recht entscheiden.
    Den leichten Horrorflair den du beschreibst fand ich übrigens großartig gemacht. Da haben die Bilder präzise mit dem Ton gespielt.

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    • Tatsächlich war mir das Ende im ersten Moment auch zu einfach. Garland hat einmal mehr auf die Horror-Schiene gesetzt (ganz ähnlich wie bei „Sunshine“), doch in letzter Konsequenz hat es für mich doch Sinn gemacht. Ich bin auch schon sehr auf meine Zweitsichtung gespannt und bin mir sicher, dass danach noch einiges klarer wird, was die Motivation der Figuren angeht.

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  3. Sehr guter Film! Ich finde am Ende weht ein Hauch „Westworld“, was mir gut gefiel. Ich fand das Ende konsequent, gut durchdacht und überraschend, wüsste nicht was es da zu meckern gibt. Allerdings finde ich nicht dass Nathan dort als der Bösewicht rüberkommt. Er ist von allen das größte Opfer, wenn auch irgendwie gerechtfertigt, so kühl intelektuell wie er überheblich dachte alles im Griff zu haben. Aber eigentlich trifft das ja auf alle drei Hauptfiguren zu, somit macht dies Nathan auch nicht böser oder unsympathischer als den Rest. „Ex Machina“ ist ein über viele Ecken und auf vielen Ebenen intelligent durchdachtes Denker-Duell, das gekonnt mit dem Zuschauer spielt, was beim zweiten Gucken sogar noch mehr auffällt. Schön dass Du ihn endlich geguckt hast. Ich freue mich auf die Besprechung zur Zweitsichtung beizeiten. 🙂

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    • Stimmt, das Finale weist tatsächlich Parallelen zu „Westworld“ auf. Danke für diesen Gedanken, auf den ich selbst nicht gekommen bin.

      Nathan funktioniert für mich bis zu dem Moment, als Caleb die Video-Files von seinen eigenen A.I.-Tests findet. In diesen wird dann klar, dass er die von ihm erschaffenen Wesen misshandelt hat, obwohl er wusste bzw. ahnte, dass sie zu einem gewissen Grad Intelligenz besitzen. Das Ganze wird dann, in meinen Augen, noch weiter gesteigert als klar wird, dass er sich Kyoko als Quasi-Sexklavin hält. Das hatte für mich durchaus etwas von Klischee-Bösewicht, der eben seine Machtfantasien und Triebe an der A.I. auslebt. Davon abgesehen aber ein famoser Film, keine Frage.

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  4. Schön, dass dir der Film auch so gut gefallen hat wie mir! Jetzt kannst du bestimmt auch nachempfinden, warum er bei mir in der Top 10 des letzten Jahres gelandet war. 🙂 Ich habe ihn ja schon im Kino gesehen, trotzdem liegt er hier auch in DVD-Form rum – vielleicht schau ich ihn mir ja heute Abend doch endlich noch einmal an…

    „Schockiert“ war ich neulich, als eine Schülerin, als ich vorschlug, den Film evtl. anzusehen, gemeint hat, dass sie den ganz furchtbar schlecht fand. Aber vielleicht muss ich den jungen Menschen eine Chance geben, sich in Bezug auf Filmgeschmack noch zu entwickeln, auch wenn ich es schon „bedenklich“ finde, dass sie jetzt letztendlich (bei einem Kollegen) mehrheitlich für „Bad Grandpa“ (von und mit Johnny „Jackass“ Knoxville) gestimmt haben. :-/

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    • Ja, ich kann das sehr gut verstehen. Hätte ich letztes Jahr 10 Filme gesehen, hätte er es bestimmt auch in die Top 10 bzw. sogar Top 5 geschafft. Wirklich ein sehr, sehr guter Film, den ich schon viel früher hätte sehen sollen. Aber besser spät als nie… 😉

      Ach, es gibt ja durchaus auch andere Stimmen, hust, Flo Lieb, hust, die dem Film nicht sonderlich viel Qualität zuschreiben. Das hat vermutlich nichts mit dem Alter zu tun, sondern eben Geschmack. Und das Nicht-Filmliebhaber sich lieber mit schlechten 08/15-Komödien begnügen, ist ja eh meistens so. Schade nur, dass es schon in der Schule anfängt. Dazu eine kleine Anekdote: Wir waren in der Kollegstufe einmal alle gesammelt im Kino zu „American Beauty“ und es war eine freiwillige Aktion, zu der aber fast jeder mitgekommen ist. Nach dem Film hat mir ein Mitschüler direkt ins Gesicht gesagt: ‚Der war aber langweilig. Da war „American Pie“ aber viel besser!‘ Da ist mir schon damals nichts mehr eingefallen…

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  5. Ich muss zugeben, dass mich der Film damals nicht so richtig packen konnte. Das Ende fand ich nicht so super, aber vielleicht kommt er bei einer Zweitsichtung besser weg. Muss ich die BD wohl mal entstauben langsam 😉

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  6. Für mich hatte der Film wenig bis nichts aus einer an sich durchaus spannenden Prämisse gemacht. Diese fehlerhafte Umsetzung in Verbindung mit einem Leinwandtrio, das mir inzwischen ob seiner ausufernden Präsenz schon auf den Senkel geht (dito Cumbertbatch & Fassbender), waren wenig eindrucksvoll. Von mir gab es daher 4 Punkte weniger.

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    • Schade, dass dir der Film nicht gefallen hat. Er war zwar nicht makellos, doch hat er mich mit seiner Atmosphäre und den famosen Schauspielern doch unsagbar in den Bann gezogen. Vermutlich hat es auch Vorteile, dass ich aus den letzten Jahren kaum noch etwas gesehen habe… 😉

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  7. Hm, mit Nathan und dem klischeehaften Bösewicht sagst du vielleicht was. Ich glaube, ich muss den Film nochmal sehen, bei mir ist die Kinosichtung schon fast ein Jahr her. Aber schön, dass dir der Film gefallen hat! Wie fandest du denn Alicia Vikander als Ava? Ich war damals so begeistert von ihrer Vorstellung, weil sie so glaubwürdig dargestellt hat, dass sie eine künstliche Intelligenz ist 🙂

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    • Alicia Vikander hat mir sehr gut gefallen. Absolut glaubhaft gespielt, speziell in der Doppeldeutigkeit, die sich am Ende offenbart. Ganz famos auch die glaubwürdigen und doch dezent eingesetzten Effekte. Rundum gelungen, bis eben auf Nathans Darstellung gegen Ende…

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    • Ich hatte tatsächlich schon die ganze Zeit mitgerätselt, wie der Film nun ausgehen würde. Dass es so drastisch werden würde, hätte ich aber auch nicht erwartet.

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      • Ich auch nicht. Und im ersten Augenblick fand ich es irgendwie doof, weil ich wohl auch einfach nicht wahr haben wollte, was für ein berechnendes „Biest“ Ava ist, aber später fand ich das einfach nur toll…

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      • Wobei Ava aus ihrer Perspektive ja nur folgerichtig handelt: Sie wurde eingesperrt und wird nun getestet. Sie sucht einen Fluchtweg. Zudem ist Intelligenz auch nicht gleich Empathie, was eine weitere schöne Diskussion aufmacht. Doch, auf den zweiten Blick schon ein sehr gelungenes Ende.

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