Before Midnight (2013)

Nachdem Richard Linklaters „Boyhood“ zurzeit in aller Munde ist, war es an der Zeit sich einem anderen ungewöhnlichen Film des Regisseurs anzunehmen. Exakt neun Jahre nach dem zweiten Teil, bildet „Before Midnight“ das vorerst letzte Kapitel der epischen Liebesgeschichte zwischen Celine und Jesse. Kann er die Magie der Vorgänger einfangen und lässt er uns an einem glücklichen Ende teilhaben?

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Ich liebe „Before Sunrise“ schon seit der ersten Sichtung. Es gibt wohl kaum einen zweiten Film, der mich so sehr ins Jetzt der Geschehnisse zieht und direkt an der Atmosphäre der Geschichte teilhaben lässt. Magisch und doch auf seltsame Art und Weise realistisch. Die neun Jahre später entstandene Fortsetzung „Before Sunset“ hatte mich ebenfalls überrascht, zumal ich mit ihr überhaupt nicht gerechnet hatte. Damit hat Linklater begonnen aus dieser intimen Momentaufnahme ein größeres Bild zu zeichnen. Mindestens ebenso imposant wie der Vorgänger, da die vergangene Zeit inhärenter Bestandteils des Films und seiner Charaktere geworden ist. Nun, weitere nein Jahre später, sollte die einst so unschuldige und romantische Beziehung endgültig in der Realität angekommen sein.

„Before Midnight“ ist ein Film, der teils schmerzhaft anzusehen ist. Speziell für Freunde der ersten beiden Teile. Der Alltag hat Celine und Jesse eingeholt, und auch wenn sie sich in einem außergewöhnlichen Setting befinden, so können sie dem normalen Leben jedoch nicht entfliehen. Der Ton des Films schwankt dabei zwischen liebevoll und verspielt bis hin zu zynisch und grausam. Viel mehr als in den Vorgängern werden die Extreme dargestellt, mit denen man sich erst in langjährigen Beziehungen auseinandersetzen muss. Dies ist nicht immer schön zu beobachten und oft schonungslos realistisch in der Offenlegung von verletztem Stolz und Worten, die wie Waffen eingesetzt werden.

Teils erschien mir der Aufbau von „Before Midnight“ in seiner Dramatik ein wenig konstruiert. Auch das Griechenland-Setting inklusive idyllischem Autorentreff wirkte aufgesetzter, als das Schlendern durch die Gassen Wiens oder Paris. Dennoch haben mich Celine und Jesse wieder in ihren Bann gezogen, gerade weil ihre Beziehung nicht (nur) verklärt dargestellt wird, sondern eben menschlich. Insgesamt also ein gelungener Abschluss (wenn es denn einer ist), der jedoch nicht ganz an seine beiden Vorgänger heranreicht: 8/10 Punkte.

31 Gedanken zu “Before Midnight (2013)

  1. Ja, es geht wesentlich mehr zur Sache. Harte Kämpfe, Vorwürfe, geplatzte Träume, Illusionen über das Leben – es steckt wirklich viel drin. Ich kann es nachvollziehen, wenn du sagst, dass es etwas zu konstruiert wirkt. Mich hat es nicht gestört – weil ja 9 Jahre Beziehung in einem Abend verhandelt wurden/mussten. Ich finds spannend, was aus dem Paar noch werden kann. Oder es endet wie in Szenen einer Ehe: Nach einer Trennung finden die Beiden wieder zu einander, nachdem all der Alltagsballast weg ist.
    Meinst du denn, dass die „Serie“ damit abgeschlossen ist? Ehrlich gesagt, ich freue mich drauf, in 6 Jahren eine weitere Folge zu sehen.

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    • Natürlich liegt der Eindruck, dass der Aufbau konstruiert wäre, in seiner speziellen Erzählweise: Linklater muss eben durch Gespräche auch einen Einblick in die vergangenen 9 Jahre geben und dies alles in diesem Setting/Umfeld. Geht vermutlich auch nicht anders.

      Hmm, ob noch ein Teil folgt? Ich würde mich freuen! Und da Linklater auch über einen zweiten Teil von „Boyhood“ nachdenkt, vermute ich, dass er sein anderes Langzeitprojekt bestimmt nicht links liegen lassen wird.

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      • Ich finde das Interessante, dass Linklater immer mehr interessiert, was die Zeit mit dem Mensch macht. Wie sie ihn ändert und formt – als durchlaufe man eine Art Programm. Ergänzend dazu hat sich ja auch mal mit Träumen beschäftigt (Waking life). MIr kommts so vor, als sei er auf der Suche nach der verlorenen Seele des Menschen. Was macht ihn aus? Was treibt ihn an und wie wird er angetrieben?
        Vielleicht sollte LInklater mal nen James Bond Film drehen? 😉

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      • Ja, Zeit scheint sich durch seine Filme zu ziehen, wenngleich der Reiz wohl auch in der logistischen bzw. inszenatorischen Herausforderung liegt. „Waking Life“ habe ich noch nicht gesehen, dafür fand ich „A Scanner Darkly“ ziemlich großartig. Den „James Bond“-Film soll er aber lieber liegen lassen und weiterhin sein eigenes Ding durchziehen. Dürfte interessanter werden! 😉

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  2. Sehe auch so: alle Teile sind grandios und im dritten ist der romantische Höhenflug in der Realität des Alltags angekommen – das tut oft weh, speziell wenn man selber seit Jahren in einer Beziehung ist und einige Reibungsflächen und Probleme wieder erkennt!

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    • Ja, sehr schön ausgedrückt. Man kann sich in so manchen Situationen tatsächlich wiederfinden. Deshalb weiß man auch, dass – so die Beziehung im Grunde funktioniert – auch immer wieder Hoffnung gibt. Trotz so manch schmerzhafter Momente. Fand ich sehr beeindruckend gespielt.

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      • Ich kannte ihn ja schon länger, aber erstmalig ist mir 2009 in BEFORE THE DEVIL KNOWS YOU’RE DEAD aufgefallen, wie gut er ist. Da hat er sogar mit Philip Seymour Hoffman mitgehalten!

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      • Mir ist Hawke zuerst in „Reality Bites“ und „Before Sunrise“ aufgefallen. Mit „Gattaca“, „Training Day“ und den weiteren Linklater-Filmen hat er dann seinen Ruf als wirklich exzellenter Schauspieler gefestigt.

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  3. Wie bekannt sein dürfte, bin ich kein Fan von dem Film. Teil 1 fand ich noch ganz gut, Teil 2 schon weniger interessant und den hier absolut belanglos. Aber das scheint inzwischen (s. Boyhood) ja Linklaters Ding zu sein. Muss ich jedenfalls kein zweites Mal sehen.

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    • Und das Gesamtkonzept der Filme? Findest du das nicht interessant? Das war ja während des ersten Teils noch gar nicht vorhanden, den ich für sich genommen aber auch am besten Fand. Keine Frage.

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      • Naja, Teil 2 ist ja im Grunde nur ein klassisches Sequel. Man nimmt zwei Figuren und lässt sie alle Jubel Jahre aufeinandertreffen und 90 Minuten lang quatschen. Das haut mich jetzt per se nicht aus den Socken, vor allem da es nach Teil 1 eben redundant wird. Für sich genommen mag ich Sunrise, weil es eben eine Episode aus dem Moment heraus ist. Und das hätte es – für meinen Geschmack – auch bleiben sollen. Die Szenen einer Ehe mit Rumgebitche und allem find ich wenig interessant, da beliebig. Und das ist eben auch Boyhood für mich: total beliebig. Bin aber grundsätzlich kein Linklater-Fan, abgesehen von Dazed and Confused (grundsätzlich könnte man aus dem ja auch ein typisches Linklater-Zeit-Experiment machen und jetzt alle Figuren zu einem Klassentreffen wieder zusammenführen und blub blub blub).

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      • Hmm, ich fand Teil 2 schon deutlich mehr als ein klassisches Sequel. Schon alleine aufgrund des Slice-of-Life-Ansatzes und der stark weiterentwickelten Charaktere. Aber das ist wohl die gleiche Argumentation, die man auch bei „Boyhood“ anführen könnte: für manche ist die Zeit ein unnützes Gimmick, für andere ein geschickt eingesetzter inszenatorischer Kniff.

        Eine Fortsetzung von „Dazed and Confused“? Hmm, warum nicht? Dennoch habe ich das Gefühl, dass Linklater mit dieser Zeit und den Charakteren eher abgeschlossen hat. Ich mag den Film auch sehr und weiß im Moment auch gar nicht, was ich von einer theoretischen Fortsetzung halten würde. Ein interessantes Gedankenexperiment auf jeden Fall.

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  4. Der liegt, gemeinsam mit dem ersten Teil, schon seit meinem vorletzten Flohmarktbesuch im DVD-Regal – nach deiner Rezension muss ich die beiden echt demnächst mal dazwischen schieben.

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    • Habe ich dich richtig verstanden, du hast nur diesen und den ersten Teil? Für das volle Erlebnis würde ich dir auch dringend „Before Sunset“ ans Herz legen. Viel Spaß auf jeden Fall damit! Eine tolle Filmreihe… 🙂

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  5. Ah, ich muss mir endlich alle drei Filme besorgen und dann ein Triple Feature machen (vermutlich nicht an einem Tag, vielleicht aber doch in den Osterferien), denn den letzten Teil habe ich noch gar nicht gesehen und die ersten zwei sind eben schon ewig her. So, die Bestellung an Amazon ging gerade raus, sind ja auch grad recht billig, die Filme. 🙂

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    • Ja, die Filme kosten wirklich nicht viel. Zu schade, dass es von den ersten beiden noch keine Blu-ray gibt. Ich wünsche dir viel Spaß beim Nachholen und freue mich schon auf deinen Bericht! 🙂

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