Seit einer halben Ewigkeit habe ich einmal wieder einen deutschen Film gesehen. Eine komplett deutsche Produktion, d.h. nicht nur einen internationalen Film mit deutscher Beteiligung – und noch viel wichtiger: Es war ein Genrefilm! Deutsches Kino reizt mich immer speziell dann, wenn es sich abseits von Drama, Komödie oder Krimi bewegt. Maximilian Erlenweins „Stereo“ konnte somit schon einmal Punkte sammeln. Wie sich der Film sonst so schlägt, erfahrt ihr in der folgenden Besprechung… Leichte Spoiler sind zu erwarten.
Was zeichnet einen guten Schauspieler aus? Vermutlich wenn er in einer TV-Show à la „Schillerstraße“ Abend für Abend auf Hampelmann macht und in ernsten Rollen dennoch sofort eine Präsenz aufbaut, der man sich nur schwer entziehen kann. Jürgen Vogel ist solch ein Schauspieler – und er kann auch in „Stereo“ absolut überzeugen. An seiner Seite spielt Moritz Bleibtreu, der in letzter Zeit häufig in winzigen Nebenrollen in internationalen Produktionen (z.B. „World War Z“) verheizt wurde, und ergänzt Vogels Charakter perfekt. Ich möchte an dieser Stelle auch nicht mehr über die Beziehung der Figuren untereinander verraten, da jedes weitere Wort wohl das Vergnügen am Film schmälern würde.
Ich mochte den ruhigen Aufbau und die bedeutungsschwangere Atmosphäre. Wirklich sehr gelungen. Die Handlung des Films dagegen hätte von mir aus noch gerne ein paar mehr Kapriolen mehr drehen dürfen, denn gerade in den Gesprächen zwischen Erik (Jürgen Vogel) und Henry (Moritz Bleibtreu) bzw. dem Aufbrechen dieser Beziehung hätte es noch großes Potential gegeben. Letztendlich offenbart sich die eigentliche Geschichte viel zu schnell als deutsche Variante von „A History of Violence“. Durch die rasante Inszenierung und die launig gespielten Charaktere macht der Film aber bis zur letzten Minute enorm viel Spaß, zumal er auch mit einer für deutsche Filme ungewöhnlichen Härte voranprescht.
Nach Anno Sauls „Die Tür“ und Tim Fehlbaums „Hell“ hat Maximilian Erlenwein mit „Stereo“ einen weiteren deutschen Genrefilm geschaffen, der sich vor der internationalen Konkurrenz nicht verstecken braucht. Auch wenn ich die etwas zu geradlinige Handlung bemängle, so ist sie vielleicht auch die Stärke des Films – es muss ja schließlich nicht immer um die Rettung (oder Vernichtung) der Welt gehen. Ein fieser, kleiner Genrereißer, der sich hinter Cronenbergs Variante einer ähnlichen Geschichte, wenn man diesen Vergleich überhaupt ziehen will, nicht zu verstecken braucht: 7/10 Punkte.
Der steht auch noch auf meiner Liste. Vor allem weil ich Vogel und Bleibtreu absolut großartig finde. Außerdem ist es, wie du schon sagst, immer interessant, wenn mal ein deutscher Film nicht die Standardgenres bedient, sondern sich traut, was anderes zu machen. Auch interessiert bin ich noch an Who Am I. momentan ist der deutsche Film tatsächlich mal wieder etwas interessanter geworden.
LikeGefällt 1 Person
Die beiden Schauspieler können voll und ganz überzeugen. Hätte gerne noch mehr Szenen direkt mit den beiden gesehen. Als Genrefilm funktioniert „Stereo“ perfekt, kann ihn dir also nur ans Herz legen. „Who Am I“ klingt als Gegenentwurf zu US-Cyperthrillern tatsächlich auch spannend. Muss ich auch noch reinschauen…
LikeLike
Soll auch recht gut sein, hab ich mir sagen lassen.
LikeGefällt 1 Person
Dann bin ich mal gespannt! Vielleicht kannst du ja auch darüber berichten, wenn du doch mal eine Nicht-Schrott-Kategorie einführst… 😉
LikeLike
Ja, wenn ich den irgendwann mal zu sehen kriege. Ich warte ja immer auf Preisrutsch bei DVD/BluRay bevor ich mir was zulege. Komischerweise sind gerade deutsche Filme immer sauteuer.
LikeGefällt 1 Person
Zumindest „Stereo“ gab es gerade recht günstig in der „4 für 3“-Aktion bei Müller. Was deutsche Filme angeht, so warte ich immer noch auf einen besseren Preis für die Peter Thorwarth-Box.
LikeLike
Die musste ich aus Prinzip auf BluRay vorbestellen. Das ging nicht anders. Fand den Preis aber auch okay. Lag so bei 40 Euro für die 3 Filme + Didi der Doppelgänger auf DVD.
LikeGefällt 1 Person
Oh, wenn „Didi – Der Doppelgänger“ dabei war, dann hast du sogar die limitierte Edition. Für die ist 40 Euro wirklich ein guter Preis! Dafür zahlt man inzwischen locker 60 Euro. Ich werde noch etwas abwarten…
LikeLike
Hab gar nicht mitgekriegt, dass es da verschiedene Editionen gibt. Hab einfach die erste genommen, die ich gesehen habe.
LikeGefällt 1 Person
Doch, da gab es zwei Editionen. Ich liebe „Bang Boom Bang“ und fand selbst den oft verrissenen „Goldene Zeiten“ wirklich gut. Wird also Zeit, dass ich meine DVDs mal in Rente schicke und mir die Blu-rays zulege!
LikeLike
Goldene Zeiten hat mir ja nicht so gefallen. Nur Dirk Benedict fand ich super. Aber ich hatte auch eher wieder eine verrückte Komödie erwartet, dann ging es in eine eher andere Richtung. Bin nebenbei auch mal gespant auf Nicht Mein Tag mit Stein und Bleibtreu.
LikeGefällt 1 Person
Bei „Goldene Zeiten“ fand ich es gerade so gut, dass eher ein komplexes Epos erzählt wurde und keine leichte Komödie, wie die beiden Filme zuvor. Auf „Nicht mein Tag“ bin ich auch schon sehr gespannt! War ja lange ruhig um Thorwarth…
LikeLike
Ja, aber ich hatte eben was anderes erwartet. Da ist dann erst mal Enttäuschung angesagt. Werd ihn mir aber irgendwann noch mal geben, um mir dann ne richtige Meinung bilden zu können.
Ich hab mal in nem Interview gelesen, dass Thorwarth nach der Unna-Trilogie an einen WWII-Film geschrieben hat und kurz vor Fertigstellung kam dann Tarantino mit Basterds um die Ecke. Da sich die Filme wohl zu sehr geglichen hätten, musste Thorwarth dann eben was anderes machen.
LikeGefällt 1 Person
Erwartet hatte ich damals auch etwas anderes, aber wie du sagst kann eine Zweitsichtung da Wunder wirken.
Das mit dem WWII-Film ist natürlich bitter, zumal ich mir wirklich vorstellen kann, dass Thorwarth in eine ähnliche Richtung gegangen wäre, wie Tarantino. Schade, dass daraus nichts geworden ist!
LikeLike
Vielleicht kommt da ja noch was, in ein paar Jahren, wenn Basterds nicht mehr ganz so aktuell ist.
LikeGefällt 1 Person
Wäre klasse! Nun aber erst einmal „Nicht mein Tag“ – sieht mir auch recht vielversprechend, wenn auch deutlich konventioneller aus.
LikeLike
Ja, ich erwarte halt ne relativ lustige Komödie, aber sonst nix besonderes.
LikeGefällt 1 Person
Ja, sowas auf dem Niveau von „Was nicht passt, wird passend gemacht“. Den fand ich auch nur recht nett, speziell im Vergleich zum grandiosen „Bang Boom Bang“.
LikeLike
An Bang Boom Bang komt eh nix ran.
LikeGefällt 1 Person
„Alles auf Horst!“ 😀
LikeGefällt 1 Person
Liest sich ja echt spannend… und dann ein deutscher Film mit einem eher ungewöhnlichen Genre. Den setze ich mir auch auf meine Liste!
LikeGefällt 1 Person
Mach das mal. Ich fand ihn sehr mitreißend, wenngleich er mich emotional auch nicht 100%ig mitreißen konnte. Für den kleinen Thriller-Hunger zwischendurch auf jeden Fall mindestens ebenso gut geeignet, wie entsprechende US-Ware.
LikeLike
Probier mal Robin Hood von Martin Schreier oder Die Farbe von Huang Vu aus. Beides deutsche Genre-Perlen, die i h auf der filmschau in stuttgart für mich entdeckt hab und die sich mMn auch mit vegleichbaren Hollywoodproduktionen messen können.
Stereo klingt ziemlich spannend und Vogel ist wirklich einer der wenigen dt schauspieler,.die herausstechen
LikeLike
Danke für die Tipps! Klingt beides recht spannend, wenn auch noch sehr nach Studentenumfeld. Muss ja nicht schlecht sein, doch finde ich „Stereo“ gerade so spannend, weil man sich eben nicht hat beschränken lassen und den Film selbstbewusst groß aufgezogen hat.
Jürgen Vogel ist garantiert einer der wandlungsfähigsten deutschen Schauspieler, ja. Ich sehe ihn auch immer sehr gerne. Sei es in ernsteren Rollen oder Komödien.
LikeLike
Hmmm. Ich fand ihn ganz furchtbar langweilig – und das, obwohl ich solche schrägen Filme eigentlich mag. Meine Schwester findet ihn auch toll und unser Geschmack ist eigentlich sehr ähnlich, weshalb ich überrascht war, das er mir nicht gefiel.
Während es am Anfang noch irgendwie spannend und mysteriös ist, wiederholen sich die Motive und es passiert irgendwie nichts? Hatte große Mühe, den Film zu Ende zu schauen.
Mit Ach und Krach würde ich 4/10 geben. Schade eigentlich, weil es im Grunde mehr deutsche Genrefilme geben sollte. (genrenale)
LikeGefällt 1 Person
Schade, dass der Film bei dir nicht angekommen ist. Ich fand die zweite Hälfte auch schwächer, doch dass nichts passiert sei, könnte ich nicht behaupten. Ein wenig mehr Interaktion zwischen Erik und Henry wäre klasse gewesen, auch mochte ich die Szenen bei der alternativen Heilerin, doch letztendlich hat sich das schon alles gut zusammengefügt. Für mich zweifellos einer der besten deutschen Genrefilme.
LikeLike
Ich mochte den Film auch sehr. Mich stört es auch gar nicht, dass das Rad nicht neu erfunden wird, denn nach Jahrtausenden, in denen Menschen Geschichten erzählen, ist einfach jede Geschichte schon mal erzählt worden. Im Mittelalter war das zum Beispiel auch völlig normal und wurde „Wiedererzählen“ genannt. Es geht also gar nicht mehr darum was erzählt wird, sondern wie. Und das ist in dem Film gelungen. Wobei ich deinen Wunsch nach etwas mehr Kapriolen nachvollziehen kann.
LikeGefällt 1 Person
Mich stört es auch nicht zwingend, dass „Stereo“ sich u.a. an „A History of Violence“ bedient, zumal ich finde, dass er einige Elemente deutlich besser löst. Die stilistische Anlehnung an „Drive“ hätte es meiner Meinung nach nicht gebraucht und die Auflösung der Gangstergeschichte am Ende hätte auch ein wenig eleganter erzählt werden dürfen. Aber das das sind alles Details und die Kritik wird dem Film nicht gerecht, wenn man anfängt ihn so zu zerlegen. Nach Sympathie gewertet hätte der Film ohnehin 1-2 mehr Punkte mehr verdient gehabt… 😉
LikeGefällt 1 Person
Iiiiieh, ein deutscher Film! Mit Moritz Bleibtreu! :S
LikeLike
Du darfst erst meckern, wenn du den Film gesehen hast! 😀
LikeLike
Ach ja – Jürgen Vogel und Moritz Bleibtreu mag ich ja! 😀 Das war ein tolles Gespann in dem Film. 🙂 Wobei ansonsten meine Kritikpunkte deinen wohl recht ähnlich sind. Der Film hätte sich ruhig trauen können mehr Dinge anders zu machen und ein paar Klischees zu vermeiden.
Obwohl sie bei einer Sache wirklich ein Klischee vermieden haben … der Mann, der plötzlich eine Person sieht, die gar nicht da ist, geht sogar mal zum Arzt XD Was will man da noch sagen?
LikeGefällt 1 Person
Ich habe mir gerade noch einmal deine Kritik durchgelesen. Darin fasst du schön meine Kritikpunkte zusammen. Allerdings habe ich den Rest doch als deutlich positiver wahrgenommen. Für mich ein toller, kleiner Genrereißer – und das aus Deutschland. Toll!
LikeLike
Seit der rausgekommen ist habe ich ungemein Lust auf den Film! Von der Bildsprache her sieht der richtig roh und dennoch stilvoll aus.
LikeGefällt 1 Person
Ist auch toll. Die Bildsprache hat mir auch gefallen, war teils aber ein wenig forciert düster und „Drive“-like. Dennoch sehr schön anzusehen und auch inhaltlich empfehlenswert!
LikeLike
Der erinnert mich immer ein wenig an den später erschienen „Who Am I“. Da ist die deutsche Welle ja wieder voll eingeschlagen, letzterer wird ja beinahe nur gelobt.
LikeGefällt 1 Person
„Who Am I“ will ich auch noch sehen. Soll ja auch recht gut sein, wenngleich ich als jemand, der in der IT-Branche arbeitet, doch immer ein wenig skeptisch bin, wenn Hacker-Geschichten visualisiert werden… 😉
LikeLike
Ach, immer diese Vorbelasteten…:p
LikeGefällt 1 Person
…oder Bildbearbeitung! Das ist ja immer das beste, wenn in eine ohnehin schon pixelige Aufnahme reingezoomt wird, dann läuft ein Filter drüber und man hat das Gefühl ein glasklares 8K-Bild zu sehen. Oh man… 😀 😉
LikeGefällt 1 Person
*lach*
LikeGefällt 1 Person
Bisher nur Gutes darüber gehört – auf meiner to-watch Liste notiert! 😉
LikeGefällt 1 Person
Ja, schau ihn dir mal an. Ich könnte mir vorstellen, dass er gut bei dir ankommt. Freue mich auf den bestimmt irgendwann folgenden Bericht… 🙂
LikeLike
Also ist das irgendwie ein Abklatsch von History of violence… wenn ich das richtig lese… vom Inhalt wird ja nicht viel gesagt 😉
LikeGefällt 1 Person
Vom Inhalt wollte ich ja auch nicht allzu viel verraten. Je weniger man weiß, desto besser. Er erinnert teils an „A History of Violence“, bringt aber seinen ganz eigenen Dreh dazu – und insgesamt fand ich „Stereo“ mindestens ebenso sehenswert, wenn nicht sogar noch etwas besser.
LikeLike
Vielleicht schau ich da mal rein…
LikeGefällt 1 Person
Wenn du das machst, lass mal hören, wie er dir gefallen hat! 🙂
LikeLike
Mach ich.
LikeGefällt 1 Person
Pingback: Media Monday #189 | Tonight is gonna be a large one.
Pingback: Media Monday #192 | Tonight is gonna be a large one.
Pingback: Die 5 besten deutschen Schauspieler (männlich) | moviescape.blog
Pingback: Die drei !!! (2019) | moviescape.blog