Life of Pi: Schiffbruch mit Tiger (2012)

Puh, was für ein Film. Ich weiß jetzt noch nicht so recht, wo ich mit dieser Besprechung letztendlich ankommen werde. Sicher ist zumindest, dass mich „Life of Pi: Schiffbruch mit Tiger“ auch über seine Sichtung hinaus beschäftigen wird. Dabei hatte ich den Film im Vorfeld bereits abgeschrieben und wurde nur durch den Oscar-Rummel (Regie, Kamera, VFX, Score) wieder darauf gestoßen…

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Vom Buch hatte ich bereits gehört und dieses in eine Schublade mit dem Label Esoterik-Märchen gesteckt. Dann gab es vor einiger Zeit den Trailer im Kino zu sehen und ich wunderte mich noch, was denn Ang Lee mit solch einem Stoff anfangen will. Die Bilder fand ich gräßlich künstlich und abscheinend nur auf 3D und Effekt ausgelegt. Eine Sichtung stand für mich nicht zur Debatte. Letztendlich waren die Kritiken aber so gut, dass ich mir nun – mit einigem Abstand – doch selbst eine Meinung bilden wollte.

Die erste Überraschung kam mit der ausführlichen Rahmenhandlung. Es dauert beinahe 45 Minuten bis es die bereits im Trailer gezeigte Katastrophe zu sehen gibt – und bis dahin lernt man als Zuschauer den titelgebenden Pi und sein bisheriges Leben ziemlich gut kennen. Auch thematisch wird der Rahmen abgesteckt und man kann sich bereits denken, dass die Anspielungen auf die diversen Weltreligionen für den weiteren Verlauf des Films von Bedeutung sein werden. Ein wirklich schöner Einstieg in die Geschichte, doch der zweite Akt konnte daran unmöglich anschließen. Oder etwa doch?

Die im Trailer von mir noch als gräßlich künstlich wahrgenommenen Bilder hatten mich tatsächlich schnell für sich eingenommen. Zwar wirkten viele Einstellungen immer noch sehr artifiziell und auch der Videolook stieß mir manchmal etwas sauer auf, doch letztendlich gab es unzählige magische Momente, durch die ich immer tiefer in das Märchen – und als solches ist der Film ja auch erzählt – hineingesogen wurde. Rückblickend betrachtet macht die Künstlichkeit der Bilder sowieso Sinn und trägt zum Punkt bei, den Pi am Ende seiner Geschichte(n) zu machen versucht.

Der Regie-Oscar ist meiner Meinung nach wirklich verdient, denn es war bestimmt nicht einfach die eingeschränkte Handlung in solch zauberhafte Bilder zu fassen. Auch die Effekte sind atemberaubend und nach der Sichtung kann ich die Diskussion um die  Wahrnehmung der VFX-Branche – besonders im Hinblick auf „Life of Pi“ sowie Ang Lees Reaktion darauf – nur umso mehr verstehen. Ohne den immensen Einsatz von VFX wäre dieser Film einfach nicht möglich gewesen.

Auch inhaltlich und emotional hat mich der Film gepackt. Selbst wer mit Religion so gar nichts am Hut hat, wird sich eine schlüssige Interpretation aus der Geschichte ziehen können. Zwischen all den möglichen Bedeutungsebenen liegt letztendlich aber eine fantastisch gefilmte und spannend erzählte Abenteuergeschichte, der man sich nur schwer entziehen kann. Inzwischen bin ich am Ende meiner Besprechung angekommen und nun herrascht auch kein Zweifel mehr daran, wie ich den Film bewerten werde: 9/10 Punkte.

26 Gedanken zu “Life of Pi: Schiffbruch mit Tiger (2012)

  1. Hmm…noch so ein über den Klee lobendes Review für den Film. Normalerweise gehen dann bei mir die Alarmglocken an 😉 Denn meistens finde ich diese überhypten Filme dann total blöd, weil ich mit einer zu großen Erwartung an die Sache gehe. Da sich unser Geschmack in letzter Zeit aber oft die Hand gegeben hat, bin ich jetzt doch etwas neugierig geworden!

    Danke, dass ich nach der ersten Staffel Dexter jetzt noch „Life of Pi“ gucken muss. 😀

    Übrigens: Mittlerweile Moneyball gesehen?

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    • Ich hatte die gleiche Einstellung zu dem Film, wie du. Dachte auch dass es mal wieder ein typischer Fall von Hype ist und war schon drauf und dran mir Argumente dagegen zu überlgen. Doch der Film war schön. Einfach nur schön. Unterhaltsam und toll anzusehen. Kann also nur meine Empfehlung dafür aussprechen und wäre natürlich auch gespannt, was du dazu schreibst.

      „Dexter“ und „Life of Pi“ – na, das nenne ich mal ein Kontrastprogramm! 😀

      „Moneyball“ habe ich noch nicht gesehen, sonst hätte ich hier schon darüber berichtet. Ich habe ja leider die zeitraubende Angewohnheit über jeden gesehenen Film einen Eintrag zu verfassen… 😉

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    • Ja, hat mal wieder etwas länger gedauert, doch dies hier ist wirklich ein toller Film. Bezüglich des anderen Themas habe ich dir übrigens eine Nachricht auf Facebook geschickt…

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  2. Eine ganz tolle Kritik! Der Film ist für mich definitiv die Überraschung des Jahres! Mir ging es genau wie dir. Ich hatte null Interesse den Film zu sehen, weil ich mir etwas ganz anderes drunter vorgestellt hatte. Hab mich dann doch glücklicherweise ins Kino getraut und bin total baff und sprachlos aus dem Kino herausgekommen. Vorgestern hab ich ihn zum 2ten mal, diesmal Zuhause, gesehen und er war immer noch genauso ergreifend, wie beim ersten mal!

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    • Danke! Ist ja lustig, wie ähnlich die Wahrnehmung des Films teils ist. Auch für mich war es eine riesige Überraschung und ich wünschte mir den Film auch im Kino gesehen zu haben. Sogar in 3D. Das war bestimmt ein tolles Erlebnis und auch ich freue mich jetzt schon auf die nächste Sichtung. Inhaltlich beschäftigt mich der Film auch noch. Vielleicht muss ich mir nun auch noch die Vorlage zulegen…

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    • Das schaffen nicht viele Filme. Meist wird die vorgefertigte Meinung dann doch bestätigt bzw. eine entsprechende Erwartungshaltung enttäuscht. Das hier ist glücklicherweise einmal die rühmliche Ausnahme!

      Anscheinend hast du die Vorlage gelesen. Das ist ja immer etwas problematisch, da man sein eigenes Bild der Geschichte im Kopf hat. Werde ich aber vielleicht auch noch einmal nachholen. Aber das will ich ja bei vielen Adaptionen… 😉

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  3. Ich wollte den ja eigentlich im Kino sehen, aber daraus ist nichts geworden. Die Review hat mich jetzt wieder darauf gebracht, dass ich das unbedingt am Fernseher nachholen sollte – danke 🙂

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    • Ja, es lohnt sich unbedingt den Film nachzuholen. Wenn du die Möglichkeit hast am besten auf Blu-ray und größtmöglichem Bildschirm bzw. Leinwand. Visuell ist der Film nämlich eine Pracht!

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      • Genau deshalb wollte ich ihn im Kino sehen. Wir haben hier nur DVD (und HD-Streams natürlich, aber die ruckeln häufig so stark, dass es mit der ursprünglichen Pracht nicht mehr viel zu tun hat :D)

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      • Das mit den HD-Streams kenne ich leider. Ich setze daher verstärkt auf Blu-ray. Bei den Player-Preisen und da Blu-rays kaum noch teurer sind, als DVDs lohnt sich der Umstieg inzwischen auf jeden Fall. Schon alleine aufgrund dieses Films…

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  4. Da ich das Buch vorher kannte, war natürlich auch der Film Pflicht. Hier kann man sagen, dass es eine sehr gute Umsetzung handelt und man dem Review deshalb auch in allen Punkten zu stimmen kann.

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    • Das macht das Buch für mich natürlich noch einmal interessanter. Hat der Film denn alle Aspekte abgedeckt, oder gab es Erzählstränge, die nicht oder nur stark verkürzt wiedergegeben wurden?

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  6. Der Film deckt eigentlich alles ab, im Buch sind die Szenen auf dem Boot etwas heftiger, vor allem zwischen den Tieren, im Film wurde die Brutalität in manchen Handlungen eher in der Hintergrund, dafür hat man eher die Ästhetik der Bilder sprechen lassen. Eine bestimmte Szene fehlt vielleicht aus dem Buch, aber nicht wirklich schlimm, denn der Handlungsstrang und Intention des Buches ist richtig wiedergegeben.

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    • Danke für die ausführliche Beschreibung. Nun weiß ich schon einmal mehr und möchte das Buch dennoch irgendwann lesen. Seit der Sichtung geht mir der Film auf jeden Fall nicht mehr aus dem Kopf, was eindeutig für ihn spricht. Tolle Geschichte, fantastisch umgesetzt!

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  7. War für mich damals zur Oscar-Season völlig überraschend ein ziemlich ordentlicher Film. Hatte die schlimmsten Erwartungen und wurde extrem positiv überrascht. Erzählweise, Filmstil und Production-Design, einfach alles extrem gut. Dazu die richtig guten Effekte und die Herz erwärmende Geschichte. Doch, das Teil kann was.

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    • Auf jeden Fall! Schade nur, dass der üble Nachgeschmack aufgrund des Vorfalls zwischen VFX-Branche und Ang Lee bleibt. Aber das ist an den meisten sowieso vorbeigegangen. Insofern kann ich dir nur zustimmen: Auch für mich eine mehr als nur positive Überraschung.

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