In Time: Deine Zeit läuft ab – OT: In Time (2011)

Ich liebe die dystopischen Genrefilme der 70er Jahre. Ob „Logan’s Run“, „Soylent Green“ oder „Rollerball“ – jeder dieser Filme besticht durch eine ganz eigene Welt, in der es fest definierte Regeln gibt. High concept eben. Leider gibt es heute immer weniger Filme, die diesen Schritt wagen. Eine Ausnahme bildet der 1997 von Andrew Niccol inszenierte „Gattaca“ und auch sein letztjähriger Genrebeitrag „In Time: Deine Zeit läuft ab“ fügt sich nahtlos in die Reihe der genannten Filme ein. Schafft er es jedoch auch qualitativ an seine Brüder im Geiste anzuschließen?

Ich finde das Konzept von „In Time“ grandios. Die von Andrew Niccol dargestellte Allegorie ist so simpel wie faszinierend. Zeit ist Geld. So einfach, so genial. Schon als ich das erste Mal von der Idee las, ging sie mir nicht mehr aus dem Kopf. Im Film wird das Konzept auch sehr plakativ eingesetzt, die Sozialkritik unverblümt ausgesprochen. Auch hier erinnert der Film stark an die Dystopien seiner Vorbilder. Ob nun die Maßnahmen gegen die Überbevölkerung, die in Soylent Green“ und „Logan’s Run“ präsentiert werden, oder der Einsatz von Brot und Spiele um das Volk in „Rollerball“ im Schach zu halten – die angeprangerten Probleme haben sich kaum verändert: Die einen hangeln sich mit Mühe von Tag zu Tag (was in diesem Film eine ganz eigene Bedeutung besitzt) und ermöglichen so das luxuriöse Leben der wenigen anderen.

Man wird als Zuschauer recht schnell in die Regeln dieser Welt eingeführt und sollte diese auch akzeptieren, ohne sie groß zu hinterfragen. Es geht nicht um die technische bzw. genetische Plausibilität der dargestellten Prämisse, sondern um ihre Bedeutung. Natürlich gewährt und der Film nicht nur einen Einblick in diese Welt, sondern erzählt die Geschichte ihres Umsturzes. Dies geschieht durch ausgebreitete Verfolgungsjagden und Actionszenen, die zwar neben der Idee des Films verblassen, doch immerhin recht unterhaltsam geraten sind. Ich hätte es jedoch lieber gesehen, wenn sich Niccol – wie im noch gelungeneren „Gattaca“ – stärker auf die Möglichkeiten seiner Welt konzentriert hätte.

Zu Beginn des Films hatte ich noch meine Probleme mit Justin Timberlake, obwohl er mir bereits in David Finchers „The Social Network“ recht gut gefiel. Die Rolle verlangt ihm zwar keine große Schauspielkunst ab, doch wirkt er stets glaubwürdig und engagiert. Dies könnte man auch vom Film an sich behaupten, denn auch wenn er dramaturgische und strukturelle Schwächen besitzt, so trägt ihn seine Idee doch mühelos bis in die letzten Sekunden – und auch das erinnert, wie das Design der Fahrzeuge und mancher Schauplätze, an das 70er Jahre Genrekino.

Die meisten Kritiken, die ich gelesen habe, waren durchwachsen. Meist wurde sich an Details aufgehängt und die Prämisse selbst totdiskutiert. Man sollte sich auf die Idee einlassen und die oberflächliche Action als Teil des Films sehen. Dann kann einen durchaus nachdenklich machenden, spannend inszenierten und stets unterhaltsamen Film sehen. Genrekino, das die investierte Zeit allemal wert ist: 8/10 Punkte.

27 Gedanken zu “In Time: Deine Zeit läuft ab – OT: In Time (2011)

  1. Ich fand ja, dass der Film recht stark beginnt. Die Prämisse, Zeit ist Geld, ist schließlich einfach genial – und im Grunde gut umgesetzt. Allerdings setzt Niccols im weiteren Verlauf viel zu selten wirklich auf seine Grundprämisse und damit wirken viele Szenen (im Robin Hood und Bonnie und Clyde-Charakter) irgendwie sehr austauschbar und bleiben einfach nicht im Gedächtnis.
    Trotzdem gerade mit seiner Botschaft trifft In Time ja genau den Zahn der Zeit und verdient eine Zweitsichtung. Die Blu-ray wartet ja bereits im Schrank.

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    • Ich mochte die Bonnie und Clyde-Szenen, da sie mich sehr an die 70er Jahre Filme erinnert haben. Sehr plakativ und auf Unterhaltung getrimmt, doch mit dem Rest der Geschichte hat sich für mich ein rundes Gesamtbild ergeben. Auch ich werde mir den Film bestimmt noch einmal anschauen, am besten zusammen mit den anderen Filmen dieser Art und dann eine Abhandlung darüber schreiben. Wenn ich die Zeit hätte. Achja, Pläne und so… 😉

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  2. Meine Güte. Du konsumierst und verarbeitest Filme ja auch nach dem Motto „Deine Zeit läuft ab“. 😉

    Respekt. Ich hab zwar auch grade wieder ein paar Kritiken in Arbeit, aber so schnell geht das bei mir nicht.

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    • Schön wäre es. Leider ist es ja die Ausnahme, dass ich in einer Woche einmal zwei Filme schaffe. Kritiken schreibe ich aber tatsächlich direkt nach der Sichtung, weil ich es später wohl nicht mehr machen würde. Insofern gewöhn dich lieber nicht zu sehr daran, da die nächste Durststrecke bestimmt nicht lange auf sich warten lässt… 😉

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    • Zumindest den Justin Timberlake-Boykott würde ich mit „The Social Network“ und „In Time“ anfangen aufzuheben. Ich habe so die dumpfe Vermutung, dass man ihn demnächst öfter in interessanten Filmen sehen wird…

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  3. Ich komme auf ein sehr ähnliches Ergebnis. Man schrieb ja viel von Verwässerung und Mainstream. Letzteres ist es sicher, wenn man lieber eine Diskussionsrunde zum Thema gesehen hätte. Nur handelt es sich eben um einen Unterhaltungsfilm, in den viele wichtige Gedanken, wenngleich auch mal plakativ, eingeflochten worden sind. Daß sich genau hier auch eine dialektische Qualität verbirgt, man eben auch Gelegenheit erhält, die Ansätze weiterzudenken, daß war vielen Kritikern offenbar entfallen. In Time hat durchaus seine Berechtigung, ist gemessen an einem Kino von Bay und Konsorten tiefgängig und gleichzeitig aber auch einem breiten Publikum zugänglich. Was will man denn ìm Multiplex mehr?

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    • Ja, sehe ich auch so. Die anderen Filme dieser Art waren auch nie im Arthouse-Kino beheimatet, sondern haben eher das Genrekino in den Mainstream gebracht. Funktioniert für mich so und die Ansätze waren ja schließlich mehr als genug ausgearbeitet, um sich als Zuschauer selbst seinen Teil denken zu können. Bay hatte sich ja mit „Die Insel“ auch an dem Genre versucht, ist damit – nach einem recht gelungenen Anfang – jedoch wieder der bombastischen Action erlegen…

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  5. Jetzt musste ich schnell bei mir nachschauen. Gab 2,5/5. Hmm,… deine Kritik ist zwar gut und ich kann alles nachvollziehen, aber ich bleibe dennoch bei meiner Wertung. Mehr als Mittelmaß ist der Film nicht. 😉

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  7. Ich kenne und liebe die dystopischen SF-Filme der 70er durchaus und fand auch „Gattaca“ absolut faszinierend. „In TIme“ erschien mir stilistisch jedoch wie ein platter Aufguss von „Gattaca“ und inhaltlich dann doch zu abgedreht, um mich zu überzeugen. „Zeit ist Geld“ ist eine faszinierende Grundidee — der Film bewies mir dann jedoch, dass sie aufgrund ihrer völligen Unglaubwürdigkeit doch nicht tragfähig ist. Die rot blinkende Lebensuhr in der Handfläche von Logan ist zwanglos nachvollziehbar — die grüne Stoppuhr auf Timberlakes Unterarmhaut nicht. Erfreulich an „In Time“ ist hingegen Cillian Murphy, ein immer wieder gern gesehener Schauspieler.

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    • Ich konnte mich ohne jeden Zweifel in diese Welt einfühlen und auch wenn der Film nicht perfekt ist, so fand ich seine Prämisse so stark, dass er mich ziemlich gut unterhalten hat. Für mich also ein gelungener Genrebeitrag, wenngleich die 70er Jahre Filme – wie eben „Logan’s Run“ – letztendlich doch interessanter sind. Hat mich aber dennoch sehr positiv überrascht.

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  8. Also, kurzweilig fand ich „In Time“ durchaus auch. Und Justin Timberlake und Amanda Seyfried gefielen mir auch gut. Und als ich im Vorfeld las, dass der Film sich in einigen Elementen an „Logan’s Run“ anlehnt, war ich regelrecht heiß auf den Film. Leider hat er mich dann ziemlich enttäuscht … (ich liebe hingegen „Logan’s Run“). Aber macht ja auch nix, die Geschmäcker sind verschieden ;).
    Mal sehen, ob’s noch mal was wird mit dem Remake von „Logan’s Run“, das ja immer wieder mal angekündigt wird. Aber was wurden nicht schon alles für Remakes angekündigt, die scheinbar doch nie produziert werden — z. B. „When Worlds Collide“ (von Stephen Sommers) über „Forbidden Planet“ (J. Michael Straczynski) bis hin zu „Battlestar Galactica“ (das Original — von Bryan Singer) … Alles Filme, auf die ich gespannt wäre, auch auf die Gefahr hin, dass sie die Originale vielleicht nicht toppen würden.

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    • Oha, von den von dir genannten Remakes habe ich ja noch gar nichts gewusst. Aber du hast vollkommen Recht: Wenn man auf jedes Gerücht der Filmwelt etwas geben würde, dann würde vermutlich Uwe Boll den nächsten „Star Wars“-Film inszenieren… 😉

      Sollte das „Logan’s Run“-Remake kommen werde ich wohl dennoch reinschauen. Gibt ja doch ein paar gelungene Remakes da draußen. Hast du Michael Bays „Die Insel“ gesehen? War ja in Teilen schon ein Quasi-Remake – zumindest die erste Filmhälfte, danach wurde es dann wieder Krach-Bumm.

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  9. Nein, „Die Insel“ steht schon seit geraumer Zeit auf meiner Liste der noch anzuschauenden Filme, da er ja als Quasi-Remake von „Logan’s Run“ gehandelt wird. Aber Michael Bay als Regisseur verheißt in der Tat nix Gutes … Mal schauen, ob ich demnächst mal dazu komme, mir den Streifen anzusehen!

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    • Der Film ist auf jeden Fall einer von Bays besseren Filmen. Die erste Hälfte fand ich sogar ziemlich gut, danach flacht es dann merklich ab. Ist aber sehr unterhaltsam und kann man durchaus mal schauen. Zudem bietet er Ewan McGregor, der mir sehr sympathisch ist, und Scarlett Johansson, die immer einen Gewinn für die visuellen Aspekte eines Films darstellt.

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