Source Code (2011)

Es gibt so gewisse Themengebiete, deren Verarbeitung in einem Film diesen sogleich mit höherer Priorität auf meinem Radar auftauchen lassen. Zu diesen gehören u.a. Zeitreisen, Identitätsverlust und parallele Welten. Kein Wunder also, dass es Duncan Jones‘ „Source Code“ ziemlich schnell gelungen ist mein Interesse zu wecken. Mir hatte ja bereits Jones‘ Debütfilm „Moon“ ziemlich gut gefallen und auch wenn sein Zweitwerk größtenteils schwächer bewertet wird, so war ich doch äußerst gespannt auf die Verwebung der verschiedenen Grundthemen. Spoiler sind zu erwarten.

Oberflächlich betrachtet lässt sich der Film als Sci-Fi-Variante von „Und täglich grüßt das Murmeltier“ beschreiben. Colter Stevens (Jake Gyllenhaal, „Donnie Darko“) wird durch ein quantenphysikalisches Konstrukt in das Bewusstsein eines Anschlagsopfers kurz vor dem Anschlag zurückgeschickt, um den Täter zu identifizieren. Solch ein Sprung kann aufgrund der Funktionsweise des menschlichen Gehirns nur 8 Minuten dauern, weshalb die Zeit im fremden Bewusstsein begrenzt ist und wir im Film diverse Herangehensweisen erleben, den Täter zu ermitteln. Die Zeitreise, die eigentlich keine ist, bildet jedoch nur einen kleinen Bestandteil des Films. Daneben hat Stevens mit Orientierungsverlust und dem Wechsel der Identitäten zu kämpfen. Diese Passagen erinnern sehr an Bruce Willis‘ Befragungen in Terry Gilliams „12 Monkeys“ und lassen uns Zuschauer ebenso im Dunkeln tappen, wie die Hauptfigur.

Ähnlich wie in „Moon“ wird die Wendung des Films nicht als solche zelebriet. Die Hinweise sind zuvor ohnehin bereits vielfältig und auch der Zeitpunkt ist so gewählt, dass man als Zuschauer keinen aufgesetzten WTF-Moment erleben muss. Bereits nach der ersten Stunde scheint die eigentliche Geschichte abgehandelt. Der Täter ist überführt und weitere Anschläge sind verhindert worden. Ziel erreicht? Nein, denn auch in Jones‘ zweitem Film steht die Reise der Hauptfigur im Vordergrund. Deren Auflösung mag man nun verkitscht oder unlogisch finden, doch ich für meinen Teil war wirklich angetan. Ein äußerst gelungenes Ende, das auch schön zeigt, dass die Prämisse des Films doch deutlich komplexer ist, als es auf den ersten Blick scheint.

Mich hat „Source Code“ mindestens ebenso gut unterhalten wie „Moon“. Die Filme sind sich auch ähnlicher, als man dies zunächst vermuten würde. Duncan Jones hat sich somit als Genre-Regisseur bewiesen und spätestens jetzt freue ich mich schon auf seinen nächsten Film. Auch wenn die meisten Kritiken nicht sonderlich euphorisch sind, so kann ich den Film Genrefans doch nur ans Herz legen. Er erinnert zudem ein wenig an „Inception“, verzichtet jedoch auf die überbordende Action und erklärt dem Zuschauer nicht jedes noch so kleine Detail. Ihr seht: Ich war begeistert. Nun bin ich auf eure Meinungen gespannt: 8/10 Punkte.

29 Gedanken zu “Source Code (2011)

  1. Wie ich damals schon twitterte: Haarsträubende Story und riesige Logiklöcher,aber SourceCode ist trotzdem spannend.Die letzten 5 Minuten versauen es leider etwas.

    Und der filmübergreifende Gag mit Chesney Hawkes „The One and Only“ war sehr schön.

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  2. Ich habe mich auch erst gefragt, ob es besser gewesen wäre den Film mit dem Freeze Frame des Kusses enden zu lassen, doch mochte ich auch die finalen 5 Minuten. Gab für mich noch einmal ordentlich Stoff zum nachdenken und hat gezeigt, dass sich durch das Source Code-Verfahren eben doch eine alternative Zeitlinie bildet und nicht alles nur im Kopf der Person stattfindet.

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  3. Ach, juemikjmk. Besser als Moon wohl kaum, aber du hast halt (wie immer) eine superexklusive Spezialmeinung 😉
    Bullion, ich fand „Source Code“ auch sehr ordentlich. Bin nicht mehr ganz sicher, aber ich habe glaube ich auch 8 Punkte gegeben. Aber das hast du ja sowieso schon gehört, wie ich den Kommentaren auf unserer Website zur betreffenden Sneakpodfolge im letzten Juli entnehme. Sag bloß, du erinnerst dich nicht mehr? 😉

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  4. @juemikjmk: Besser als „Moon“ würde ich nun nicht sagen. Viel fehlt aber nicht, das stimmt. Die Konzentriertheit der Geschichte mochte ich in „Source Code“ aber auch sehr.

    @claudia: Natürlich weiß ich noch wieviele Punkte du damals gegeben hast. Weiß ich doch von jedem Sneakpod-Mitglied für jeden jemals von euch besprochenen Film. Was für eine Frage!? 😉

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    • Moon krankt ab der Hälfte an einer vorhersehbaren Story die dazu noch unnötig in die Länge gezogen wurde. Auch die verschenkten Möglichkeiten einer Auseinandersetzung mit Klonen und bleibt nur auf der oberflächlichen Thrillerebene stecken.

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      • Das „dito“ bezog sich auf die Menschen mit gepachteter Weisheit.
        Moon: Man muss nur ertragen können, dass nicht immer noch „was passiert“. Wer letzteres braucht, muss halt doch „Love Actually“ gut finden… Es geht in „Moon“ um die Atmosphäre, die sich gerade im zweiten Teil immer weiter verdichtet, nicht um die Handlung. Deshalb hinkt natürlich auch der Vergleich mit „Source Code“, da der Film ganz anders angelegt ist.

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  5. Der hat mir tatsächlich so überhaupt nicht gefallen. Nach „Moon“ hatte ich ja große Erwartungen an den guten Duncan Jones, aber „Source Code“ hat mich nicht überzeugen können.

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  6. Dabei finde ich die Grundstruktur bei beiden Filmen sogar recht ähnlich. Am Ende steht stets eine sehr persönliche Reise im Mittelpunkt, die das Ausbrechen aus einer gewissen Art von Gefangenschaft beinhaltet. Die Themen sind zwar anders, doch kann man durchaus sehen, dass beide Filme von einem Regisseur stammen.

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  7. Ich finde auch, dass der Film zwar nicht ganz an die Qualitäten von „Moon“ heranreicht, aber in ähnlichen Fahrwassern unterwegs ist. Mir hat er auch ausnehmend gut gefallen und die 8 ist bereits als Wertung vornotiert. Ich habe ja ein Faible für derartige Gedankenexperimente und die Idee von Schrödingers Katze fand ich clever adaptiert. Außerdem spielt Michelle Monaghan mit – und die sieht man sowieso viel zu selten!

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  8. Schön, dass dir der Film ebenso gefallen hat und dass du Schrödingers Katze erwähnst. Ich vermute nämlich einmal, dass viele Zuschauer, denen das Ende unlogisch erschienen ist, sich gar nicht soweit auf den Film eingelassen haben, um die wahrhaftige Umsetzung solch eines Gedankenexperiments in ihm zu sehen. Und gerade das macht in meinen Augen gerade gute Sci-Fi aus und erinnert einmal mehr an Philip K. Dicks phantastische Welten.

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  9. … obwohl dieser Film ausnahmsweise einmal nicht auf einer seiner Geschichten beruht 😉 Klar muss man sich auf den Film einlassen können und ich fürchte auch, dass er nach Marketing-Gesichtspunkten einmal mehr falsch beworben wurde und somit viele Leute enttäuscht haben wird. Wer hingegen „Moon“ kennt (und mag), der weiß ja worauf er sich einlässt.

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  10. Erstaunlicherweise bewerten aber gerade Leute, die „Moon“ in den Himmel loben, „Source Code“ ziemlich schlecht, was mich doch etwas wundert. Aber wie du sagst mag das mit falsch geweckten Erwartungen zusammenhängen.

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  11. Ich kann euch da nicht ganz zustimmen, auch wenn ich ja (wie gesagt) sowohl „Moon“ als auch „Source Code“ mochte, wenn auch „Moon“ für den besseren Film halte. Es mag ja sein, dass beide Filme sich mit verwandten Themen beschäftigen, aber sie legen atmosphärisch vollkommen unterschiedliche Schwerpunkte und gehören schon dadurch zu unterschiedlichen erzählerischen Genres. Dass viele Leute „Moon“ mochten, „Source Code“ aber enttäuschend fanden, hat sicher mit Erwartungen zu tun, da „Source Code“ eben trotz dem Gedankenkonstrukt dahinter vor allem ein ziemlich konventioneller Action-Thriller ist (und auch optisch zu daher kommt), wenn auch sehr solide umgesetzt, und das Genre mag nicht jeder. Aber es gibt eben auch Leute, die genau das sehen wollen und mit der brütenden Stille von „Moon“ nichts anfangen können. Ich würde behaupten, dass mal von der „Idee“ abgesehen zwischen den Filmen nicht besonders viele Ähnlichkeiten entdecken würde, wenn die nicht zufällig vom gleichen Regisseur wären.

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  12. Ich gehe da völlig konform mit dir, Claudia. Beide Filme sind inszenatorisch – und somit auch atmosphärisch – recht unterschiedlich. Der eine zelebriert die Einsamkeit eher über lange Einstellungen und ruhige Kamerafahrten, der andere lässt uns durch klaustrophobische Enge und Hektik an der berechtigten Paranoia der Hauptfigur teilhaben. Die inhaltlichen Parallelen bewerte ich aber deutlich stärker, was auch daran liegt, dass ich mich nach beiden Filmen in einem ähnlichen emotional Zustand befand. Beide Filme haben mich auf ähnliche Art und Weise berührt – und das hätte ich bei beiden Filmen nicht erwartet. Dieser Umstand wiegt für mich deutlich stärker, als die Art der Inszenierung. Somit sehe ich Duncan Jones auch eher als Geschichtenerzähler, denn als visuelles Wunderkind mit eindeutiger Handschrift – wenngleich er auch dies wirklich gut beherrscht.

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  13. Ich möchte Source Code auch sehr, obwohl ich mir da auch ein alternatives Ende gewünscht hätte. Mit Moon vergleichen kann ich nicht, weil ich ihn noch nicht gesehen habe. Ist vielleicht auch ganz gut so, denn offenbar scheint der einen so starken Eindruck zu hinterlassen, dass Source Code da nicht so ganz mithalten kann.

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  14. Schau dir „Moon“ ruhig an. Ich bin mir sicher, dass er dir gefallen wird. Was den Qualitätsunterschied zu „Source Code“ angeht, so fand ich ihn nicht so groß, wie überall beschrieben. Insgesamt ist „Moon“ sicher runder, doch es sind einfach recht unterschiedliche Filme und beide auf ihre Art sehr sehenswert. Wenn du ihn dir einmal anschaust bin ich auf deine Kritik gespannt!

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