Inglourious Basterds (2009)

Es gab eine Zeit, da musste nur der Name Tarantino irgendwie mit einem Film in Verbindung stehen und es gab für mich kein Halten mehr. Heute sehe ich die Sache gelassener, dennoch ärgere ich mich nun „Inglourious Basterds“ nicht auf der großen Leinwand gesehen zu haben. Der Film hätte es wahrlich verdient gehabt.

Als ich das erste Mal von dem Film hörte war ich sehr neugierig. Besonders da ich ahnte, dass Tarantino eben nicht die oberflächlichen Erwartungen erfüllen würde. Ich bin mit „Reservoir Dogs“ darauf hereingefallen, von dem ich mir damals wilde Überfälle und actionreiche Shootouts erwartete. Was ich jedoch bekam waren endlose Dialoge und verstörende Einzelszenen. Das Davor und das Danach war wichtig. Inzwischen habe ich den Film zu schätzen gelernt und sehe die Geschwätzigkeit in Tarantinos Filmen als sein Markenzeichen an. Meist sind die Dialoge ja auch verdammt gut geschrieben. Insofern war mir bewusst, dass ich hier wohl kaum nur nazimordende Bastarde sehen würde.

Allein die Eröffnungssequenz ist großes Kino. „Inglourious Basterds“ ist wahrlich Tarantinos Beitrag zum Italowestern. Sergio Leone wäre stolz darauf gewesen. Wie so oft liegt die verstörende Bedrohung nicht in expliziter Gewalt, sondern eben in den Charakteren selbst begründet. Mit Hans Landa hat Tarantino einen so herrlich fiesen Bösewicht geschaffen, dass es eine wahre Freude ist. Ohne Christoph Waltz wäre die Figur jedoch nur halb so sehenswert. Unglaublich gut gespielt. Der Golden Globe ist in meinen Augen mehr als nur verdient.

Neben Christoph Waltz ist mir besonders August Diehl im Gedächtnis geblieben, dessen Wortgefecht mit Michael Fassbender zu meinen Lieblingsszenen des Films gehört. Diehl steht Waltz in Sachen Boshaftigkeit in nichts nach und wird wohl ebenso lange im Gedächtnis des Publikums bleiben. Übehaupt muss man sagen, dass die Wahl der Schauspieler wieder einmal famos ist. Eine wirkliche Hauptrolle gibt es nicht, man hat es eher mit einem Ensemble zu tun, welches jedoch perfekt aufeinander abgestimmt wurde. Dafür hat Tarantino wahrlich ein Händchen.

Die Handlung selbst ist eher wenig spektakulär und wie die meisten Filme des Regisseurs lebt auch „Inglourious Basterds“ von seinen grandiosen Einzelszenen. Man muss sich jedoch wirklich auf den Film einlassen können, um der absurden Comicvariante des Italowestern, welcher im besetzten Frankreich des Zweiten Weltkriegs angesiedelt ist, all das abgewinnen zu können, das der Film letztendlich wert ist.

Für mich ist „Inglourious Basterds“ der beste Tarantino seit „Jackie Brown“ und ich bin mir sicher, dass er mit der Zeit noch besser werden wird. Vor zehn Jahren hätte ich den Film in den kommenden Tagen wohl gleich noch ein paar Mal gesehen, heute jedoch bleibt es vorerst bei dieser einen Sichtung. Ein herrlich unkonventionelles Stück Kino, das zumindest meine Erwartungen ziemlich genau erfüllt hat: 9/10 Punkte.

38 Gedanken zu “Inglourious Basterds (2009)

  1. „Jackie Brown“ habe ich immer noch nicht gesehen, obwohl er eines Wissens irgendwo bei mir herumstehen müsste… habe mir grad deine Review dazu durchgelesen und glaube, ich riskier jetzt doch langsam mal ein Blick…

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  2. Dann kann ich auch nur empfehlen einmal reinzuschauen. Auch wenn er dich bei der ersten Sichtung noch nicht 100%ig packt, kann ich nur sagen: Der Film wächst mit jeder Sichtung. Ein herrlich entspannter Gangsterfilm mit wunderbaren Darstellern.

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  3. Zu Inglourious Basterds (allein schon die Schreibweise ist grandios…) habe ich eigentlich nur einen Kritikpunkt: Diane Kruger.
    Schlechteste deutsche Schauspielerin aller Zeiten.
    Selbst Til Schweiger aka HUGO STIGLITZ *bitte Musik dazudenken* ist da grandios dagegen (der hat mir wirklich gefallen, da er nicht reden musste).

    Jackie Brown allerdings rangiert bei mir eher auf den hinteren Plätzen von Tarantinos Filmen, obwohl es hintere Plätze in diesem Fall ja eigentlich gar nicht gibt. Nichtsdestrotz ebenso ein Tarantino, klasse Story und klasse Dialoge.

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  4. Ich muss ja zugeben, dass mir Diane Kruger – auch wenn es von allen Seiten Kritik hagelt – in ihrer Rolle doch recht gut gefallen hat. Was mich bei ihr immer nur etwas stört ist ihre seltsame Sprechweise. Fällt besonders auf wenn sie sich selbst synchronisiert. Hat aber auch ganz gut zur leicht trashigen Wirkung des Films gepasst. Til Schweiger fand ich auch recht gut, wenngleich die Rolle auch nicht sonderlich viel hergegeben hat.

    Zu „Jackie Brown“ habe ich schon alles gesagt. Für mich einer der besten Tarantinos und wohl sein am meisten unterschätzter Film.

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  5. Naja, liegt wahrscheinlich daran, dass er da halt eine Romanvorlage eines anderen verfilmt hat.
    Ich glaube, das war das, was mich auch gestört hat.

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  6. Ich kann mich der Kritik zu 100% anschließen und mochte auch Jackie Brown vorher am liebsten. Das Ende von Jackie Brown finde ich noch gelungener inszeniert. Im Endeffekt hat mich dieser Film wohl auch so überzeugt, weil ich nach dem Trailer dachte, das Tarantino einen viel einfältigeren Film gemacht hätte – der womöglich so ist, wie die zweite Hälfte von From Dusk til Dawn.

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  7. Es ist wirklich interessant zu sehen, wie unterschiedlich doch die Erwartungen an den Film waren. Ein zweites „From Dusk Till Dawn“ hatte ich allerdings nicht erwartet, da dessen zweite Filmhälfte ja von Robert Rodriquez inszeniert wurde und nicht von Tarantino. Dennoch mag ich auch diesen Film sehr gern.

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  8. Um dazu etwas sagen zu können fehlt mir das nötige Hintergrundwissen über diese Epoche des Films, doch auch ohne den Bezug schien mir Diane Kruger die richtige Wahl gewesen zu sein.

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  9. Hans Landa im Restaurant einen Strudel essend und rauchend im Verhör mit Shoshanna: Diese Szene wird mir wahrscheinlich ewig im Gedächtnis bleiben. Die Spannung, die Tarantino da auf subtile Weise erzeugt, ist meiner Meinung nach wirklich greifbar – ganz großes Kino.

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  10. Oh ja, eine tolle Szene. Auch die langsame Eröffnung mit Landa war herausragend. Erschreckend gut gespielt und mitreißend geschrieben. Doch, Tarantino kann es eben immer noch.

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  11. Diese subtile Spannung war damals schon das, was „Reservoir Dogs“ so großartig gemacht hat. Das hat Tarantino seitdem nicht mehr hinbekommen (okay, in „Pulp Fiction“ hat er es auch nicht wirklich versucht; der Film hat seine Stärken woanders). Ich muss „Inglourious Basterds“ definitiv noch mal sehen für ein abschließendes Urteil, aber viel falsch gemacht hat Tarantino damit sicher nicht. Außer Diane Kruger eben.

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  12. Stimmt, „Reservoir Dogs“ war in dieser Hinsicht tatsächlich ähnlich aufgezogen. Geschwätzig sind allerdings alle Tarantinos und auch „Pulp Fiction“ bietet meiner Meinung nach diesen unterschwelligen Spannungsaufbau. Freue mich auch schon auf die nächste Sichtung dieses Films und werde mal genau auf Frau Kruger achten. Kann ja nicht sein, dass ich der einzige bin, der mit ihr leben kann… 😉

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  13. Doch bist Du. Aber lass Dich davon nicht beeinflussen. 😉

    Ansonsten, in der Tat, ein wirklich großartiger Film, von dem ihr die „wichtigsten“ Szenen ja alle schon erwähnt habt: der Opener mit Landa, Strudelessen mit Shoshanna und natürlich im Keller mit Diehl.
    Auch in der Wiederholungssichtung vor kurzem wieder absolut begeistert gewesen.

    Der einzige Wermutstropfen bleibt nach wie vor für mich das Ende, das mich erneut irgendwie verstört zurückgelassen hat.

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  14. Das Ende fand ich richtig gelungen. Eben weil es so verstörend war. Schnell noch ein paar ambivalente Emotionen hervorrufen und mit einer fiesen Gewaltspitze ab in den Abspann. Bleibt auf jeden Fall im Gedächtnis.

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  15. Das Ende war verstörend? Naja…
    Hab den Film eben noch mal angeguckt, und er gefällt mir mit jeder Sichtung besser.
    Bis auf Diane Kruger.^^
    Naja, heute fand ich die Tierarztpraxisszene FAST halbwegs ok. Aber nur fast.

    Eigentlich kann man ja froh sein, dass sie nach Hollywood gegangen ist. Da bekommt man filmisch nicht so viel von ihr mit, hier würde sie mit Sicherheit mehr drehen 😉

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  16. Ich würde Diane Kruger nun auch nicht als besonders gute Schauspielerin bezeichnen, aber so störend? Na, ich weiß ja nicht. In den „National Treasure“ Filmen war sie immerhin schmuckes Beiwerk und als Helena von Troja hat sie doch eine ganz gute Figur gemacht. Und hier? Naja, wohl Geschmackssache und wohl auch kein Thema über das sich das große Diskutieren lohnen würde… 😉

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  17. @Lars

    Also, mich hat diese massenmäßige Abschlachten eingepferchter und in Panik herumstürzender Menschen ganz sicher nicht unberührt gelassen.
    Natürlich, es sind Nazis (bzw NS-Sympathisanten und -Opportunisten) – aber dennoch… die Art und Weise hat mich schon auch etwas abgestoßen.

    Vielleicht bin ich da zu sanftmütig – vielleicht auch nicht abgestumpft genug…

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  18. Wo war das Ende denn verstörend? Ich fand es eher erwartungsgemäß; wie anders hätte Tarantino den Film denn zu einem vernünftigen Ende bringen können?

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  19. Das graphisch äußerst explizite Einritzen des Hakenkreuzes, der irre Blick von Brad Pitts und Eli Roths Charakteren in die Kamera, die Schlussworte. Das hat auf mich schon einen verstörenden Eindruck hinterlassen.

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  20. Eben das fand ich irgendwie lustig 😉 Und nein, völlig abgestumpft bin ich nicht. Ich meine, (Funker) Hermann hätte man nicht umbringen müssen, aber Hans Landa hat es nicht anders verdient.
    Außerdem war es nicht Eli Roth. Der wurde mit Hitler in die Luft gesprengt =)

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  21. @Lars: Das war am Ende nicht Eli Roth? Ich hätte schwören können er wäre auch dabei gewesen, aber das war dann wohl die Szene vorher im Film, die mir im Gedächtnis war.

    @hirngabel: Da sieht man mal wie unterschiedlich die Auffassungen sind, denn ich fand das Ende mit Landa um einiges verstörender, als das beinahe schon thetralische Gemetzel im Kino.

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  22. Und ich fand das ist mit Abstand Tarantinos schlechtester Film. Furchtbar, nicht nur die Schauspieler (bis auf wenige Ausnahmen), sondern auch der Schnitt und das Drehbuch. Dass es für sowas 8 Oscarnominierungen hagelt, ist bei Kenntnis der Academy nur konsequent. *duckundweg*

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  23. Das kann ich nun (wie ja so oft bei uns ;)) nicht wirklich nachvollziehen. Die Schauspieler waren fast ausnahmslos große Klasse, der Schnitt ist mir weder besonders positiv noch negativ aufgefallen und das Drehbuch fand ich einfach nur herrlich! Tarantino verbindet hier an Wahnsinn grenzende Genialität mit einem todernsten Thema, was zu einem außergwöhnlich sehenswerten Ergebnis führt. Aber da brauche ich nun wohl nicht weiter schreiben… 😉

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