Platoon

Mit der Sichtung von Oliver Stones „Platoon“ habe ich einmal wieder eine filmische Bildungslücke schließen können. Der Film steht bei mir schon länger im Regal, doch wurde ich erst durch die Sichtung der Genreparodie „Tropic Thunder“ an ihn erinnert. Neben Coppolas „Apocalypse Now“ wohl der bedeutendste über den Vietnamkrieg.

Wie bei so vielen Kriegs- bzw. Antikriegsfilmen überrascht einmal mehr die beinahe unüberschaubare Masse an bekannten Schauspielern. Wohlgemerkt an heute bekannten Schauspielern. So taucht z.B. Johnny Depp in einer winzigen Nebenrolle auf und Charlie Sheen steht in einem für ihn aus heutiger Sicht unüblichen Genre im Mittelpunkt. Weiterhin gibt es Willem Dafoe in einer seiner beeindruckendsten Rollen zu sehen und Tom Berenger in einer seiner fiesesten. Mit John C. McGinley (Dr. Cox, „Scrubs“) und Kevin Dillon (Johnny Chase, „Entourage“) ergänzen zwei heutige Serienstars den famosen Cast, welcher durch Forest Whitaker abgerundet wird.

Da der Film auf Oliver Stones eigenen Erfahrungen in Vietnam basiert, erleben wir als Zuschauer eine recht persönliche Sicht auf die Dinge. Unterstützt wird dieser Eindruck durch sporadisch eingesetztes Voice-over der Hauptfigur. Man wird mit Chris (Charlie Sheen) in die Handlung hinein geworfen und muss sich zunächst einmal orientieren. Stupide Aktionen und langwierige Wanderungen lösen sich mit unüberschaubaren Feuergefechten ab. Besonders interessant ist die Gruppendynamik, welche für so manch beklemmende Szene sorgt.

Mit dem Überfall auf ein vietnamesisches Dorf hat Stone wohl eine der bedrückendsten Szenen des Films geschaffen. Man fragt sich unweigerlich: Wie hätte man selbst wohl reagiert? Helden. Mitläufer. Wegseher. Und alles dazwischen. Die Grausamkreit des Krieges verblasst hinter der Grausamkeit der Menschen. Krieg ist nur ein abstrakter Begriff, der Mensch ist die Bestie. Stone gelingt es tatsächlich diese Botschaft zu vermitteln und am Ende des Films bleibt nur Entsetzen zurück.

Nach der Sichtung ist mir nun klar, warum „Platoon“ diesen besonderen Ruf in seinem Genre hat. Er ist einer der wenigen wirklichen Antikriegsfilme. Der Feind befindet sich in den eigenen Reihen. Was der einzelne Soldat oder selbst sein Platoon letztendlich erreicht bleibt völlig unklar. Krieg als unfassbare Größe, Soldaten als Menschen. Unbequemes, starkes Kino: 8/10 Punkte.

15 Gedanken zu “Platoon

  1. Bei Platoon hatte ich mich damals das erste Mal gefragt, was eigentlich der Unterschied zwischen Kriegs- und Antikriegsfilm ist. In beiden schleichen einsame Helden durch den Dschungel, überall wird geballert und es explodiert allerorten. Der einzige Unterschied: Bei Antikriegsfilmen kommt am Ende noch schwülstige Hausfrauenphilosophie („we did not fight the enemy – we fought ourselves“).

    Die zweite Erinnerung an Platoon: Außer Charlie Sheen konnte ich die ganzen Dschungelkämpfer in Camouflage-Montur nicht wirklich auseinanderhalten, was das Verständnis der Story etwas hinderlich machte.

    Aber insgesamt war der Film dennoch sehr passabel, nicht zuletzt wegen des fantastischen Soundtracks von Samuel Barber. Und Charlie Sheen ist ein guter, wenn er nicht gerade seine Frau schlägt.

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  2. Ich finde Stone hat bei „Platoon“ sehr konkret den Aspekt des Antikriegsfilms herausgearbeitet. Alle Aktionen des Platoons führen zu absolut nichts. Es wird nichts erreicht. Kein Ziel, nur sinnloses Sterben. Wenn ich dagegen an waschechte Kriegsfilme, wie „Windtalkers“ oder „Wir waren Helden“ denke, bei denen stets Erfolge aus den ach so heldenhaften Taten erwachsen, dann fällt die Unterscheidung nicht schwer. Aber du hast natürlich recht, die Grenze ist oft nicht leicht zu ziehen. Der Score ist tatsächlich herausragend. Hatte ich glatt vergessen zu erwähnen.

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  3. Ich selbst finde es immer so bitter-süß, wenn McGinley am Ende aus seinem Leichenberg steigt, der ihm das Leben gerettet hat, um dann von seinem Vorgesetzten zu einem neuen Einsatz eingeteilt zu werden, da er ja unverwundet geblieben ist. Für mich der beste Vietnamkriegsfilm.

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  4. Das ist ja alles richtig mit der „Krieg bringt nix“ Botschaft. Dennoch glaube ich, dass das Zielpublikum für Filme wie Platoon durchaus ähnlich ist wie das für Rambo & Co., nur dass man bei Platoon für die Action kein schlechtes Gewissen haben muss, weil die Botschaft ja nicht so platt hurrapatriotisch ist.

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  5. Platoon habe ich wirklich ewig nicht mehr gesehen und habe auch keine Lust mehr auf das Genre. Ich war aber damals auch sehr beeindruckt.

    Dass Johnny Depp hier mitspielt, hätte ich auch nicht gedacht. Ich kann mich noch dunkel erinnern, dass er in den späten 80ern als „der Verlobte von Jennifer Grey“ (das ist das Mädel von Dirty Dancing) erwähnt wurde.

    Hollywood ist schon ein Dorf. 😉

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  6. @Flo Lieb: Ja, das war wirklich ein starker Moment. Auch erstklassig gespielt. Für mich mit „Apcalypse Now“ auch einer der besten Vietnamfilme, wobei dieser den Krieg ja eher nur als untergeordnetes Thema hat.

    @Enk: Ich weiß nicht. Für mich ist es schon etwas anderes einen bewegenden und nachdenklich machenden Antikriegsfilm zu sehen, als einen platten Actioner. Besonders wenn sich diese auf die Flagge schreiben eine wichtige Geschichte zu erzählen, wie eben die genannten „Windtalkers“ oder auch „Wir waren Helden“. Die Sichtung von „Rombo IV“ steht dagegen (noch) aus.

    @fernseherin: An das Genre muss ich auch fast immer mit Zwang herangehen, doch was macht man nicht alles für die filmische Weiterbildung? 😉

    Johnny Depp hatte ich auch erst auf den zweiten Blick erkennt, ebenso wie Kevin Dillon. Doch die Aufzählung der einzelnen Schauspieler im Abspann hatte meine Vermutungen letztendlich bestätigt.

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  7. Abgesehen von ein paar Längen ein wirklich gelungener, da sehr eindringlicher Film. Eine starke Szene ist auch jene, in der William Dafoe in einer Art Jesus-Pose vor sich hin stirbt – wird ja auch gern mal auf dem Cover verwendet. 😉

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  8. Ja, das ist so ziemlich die bekannteste Szene aus dem Film. Wird ja auch herrlich in „Tropic Thunder“ parodiert. Ein wirklich sehr eindringlicher Moment, der einem noch lange im Gedächtnis bleibt.

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  10. Übrigens gibt es noch einen ansehnlichen Vietnamfilm mit Willem Dafoe „Saigon – Der Tod kennt kein Gesetz“
    Dort spielt er einen MP der eine Mordeserie an Prostituierten in Saigon aufklärt.
    Der Film hat auch einen recht peinlichen Fehler ziemlich zu Beginn. Dort wird die Nachbarin des „ersten“ Opfers verhört. Die beantwortet aber alle Fragen in Thai.

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    • Ich glaube in dem Genre gibt es noch so einiges Gutes, das an mir vorübergangen ist. Aufgrund Zeitmangel und anderer Genrevorlieben werden es hier wohl nur die großen Klassiker werden. Danke aber dennoch für den Tipp!

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