11. September – OT: 9/11 (2002)

Vor meinem USA-Urlaub hat mich das Thema nur am Rande interessiert. Doch seitdem ich New York City erlebt habe, kann ich verstehen wie groß das Trauma des „11. September“ für die Bewohner des Big Apple gewesen sein muss. Die unfreiwillige Dokumentation der Brüder Naudet schien mir eine deutlich bessere Wahl zur Auseinandersetzung mit den Ereignissen zu sein, als Oliver Stones „World Trade Center“ oder andere Filme bzw. Dokumentation.

Ich selbst habe den 11. September 2001 noch genau in Erinnerung – so, wie vermutlich jeder andere auch. Zunächst war mir das Ausmaß dessen, was dort im fernen Amerika passierte überhaupt nicht bewusst. Als dann das zweite Flugzeug in das World Trade Center flog, schienen die Aufnahmen die über den Bildschirm flimmerten nur irreal. Dennoch bin ich nicht vor dem TV sitzen geblieben und habe die zuvor für den Abend gemachten Pläne nicht über den Haufen geworfen. Das wahre Ausmaß der Ereignisse sollte sich auch für mich erst in den nächsten Tagen zeigen.

Der Film der Franzosen beginnt nahezu so, wie sie es ursprünglich geplant hatten: Als Dokumentation über einen Neuling in einer New Yorker Feuerwache. Beinahe eine halbe Stunde nehmen sich die Filmemacher Zeit, um den Tagesablauf zu zeigen und die einzelnen Personen vorzustellen. Auch der 11. September beginnt wie jeder andere Tag. Da man sich als Zuschauer der zukünftigen Ereignisse jedoch bewusst ist, liegen diese wie ein dunkler Schatten über der scheinbaren Normalität.

Als das Chaos dann losbricht, entwickelt der Film einen Sog, dem man sich nur schwer entziehen kann. Durch die vorübergehende Trennung der beiden Brüder, erleben wir als Zuschauer ganz unterschiedliche Blickwinkel und der Spannungsbogen ist – trotz bekanntem Ausgang – unglaublich hoch. Hier erkennt man auch mehr als deutlich, dass diese Dokumentation für Filme wie „[Rec]“ und besonders „Cloverfield“ Pate stand. Habe ich bei diesen stets kritisiert, dass der Kameramann in der Realität schon längst aufgehört hätte zu filmen, so kann ich nach der gestrigen Sichtung nur unglaublich den Kopf schütteln. Jules und Gédéon Naudet legen die Kamera selbst in der größten Gefahr nicht aus der Hand und bescheren dem Zuschauer somit Bilder, die intensiver sind als in jeder mir bekannten Fakedoku.

Gegen Ende des Films wird zwar etwas stark auf die Tränendrüse gedrückt, doch in Anbetracht der Ereignisse und der starken Involviertheit der Filmemacher, kann man das durchaus nachvollziehen. Zudem steht nie das große Schicksal der USA im Vordergrund, sondern stets die persönlichen Schicksale der New Yorker Feuerwehrmänner.

Für mich war der Film ein sowohl beeindruckendes, als auch bedrückendes Erlebnis. Durch Zufall ist es gelungen, einen der schlimmsten terroristischen Anschläge zu dokumentieren. Sicher betrachtet der Film nur eine Seite und stellt damit für Verschwörungstheoretiker ein gefundenes Fressen dar. Doch wie man es auch dreht und wendet: „11. September“ ist ein einzigartiges Zeitdokument. Man sollte es gesehen haben: 9/10 Punkte.

10 Gedanken zu “11. September – OT: 9/11 (2002)

  1. Tatsächlich ist das der einzige „Film“ den ich über die Anschläge gesehen habe und ich kann dir einigermaßen zustimmen. Gegen Ende war es mir aber wirklich zu viel. Kann man wahrscheinlich als nicht-Ami bzw. wenn man noch nie in NY war wohl aber nicht nachvollziehen.

    Mir jedenfalls ist der Tag auch deswegen in Erinnerung, weil ich am nächsten Tag meine letzte Vordiplomprüfung hatte und natürlich statt zu lernen vorm Ferseher gesessen habe. Die Prüfer haben mich dann sogar gefragt, ob ich die Prüfung ablegen möchte oder ob ich wegen Verwandten in NY nicht dazu in der Lage wäre…

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  2. Ja, die letzte halbe Stunde war auch der deutlich schwächste Teil des Films. Hier hätte eine Straffung dem Film wirklich gut getan, doch wenn man als Filmemacher so involviert ist, fällt es bestimmt schwer eine objektivere Sicht auf die Dinge zu bewahren.

    Hast du nun eigentlich deine Prüfung abgelegt? Ich hoffe ja, dass deinen Verwandten in NYC damals nichts passiert ist.

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  3. Den hatte ich bisher noch nicht auf dem Radar. Ist aber nach diesen lobenden Worten notiert!
    Hab bislang auch lediglich eine einzige filmische Auseinandersetzung mit 9/11 gesehen: 11’9“01

    Diese Kurzfilmsammlung kam damals ja recht zeitnah (2002 glaub ich) in die Kinos und hatte auch einige richtig gute Episoden drin.

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  4. Der Film lohnt sich wirklich. Noch am Tag danach sind mir so manche Bilder nicht aus dem Kopf gegangen – „11. September“ war übrigens auch meine bisher einzige filmische Auseinandersetzung mit dem Thema. Demnächst steht evtl. noch „United 93“ auf dem Programm, doch erst einmal muss ich etwas lockere Unterhaltung einschieben… 😉

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