Die Tiefseetaucher – OT: The Life Aquatic with Steve Zissou (2004)

Bei manchen Filmen fragt man sich unweigerlich, wie sie es schaffen auf die große Leinwand zu kommen. Zu diesen gehört Wes Andersons „Die Tiefseetaucher“ – und das meine ich absolut positiv! Ein Film über einen schrulligen Ozeanographen, der den Jaguar-Hai sucht, welcher seinen besten Freund gefressen hat? Ein Film über eine komplexe Vater-Sohn-Beziehung? Ein Film mit Piraten? Dem Look von 70er Jahre Dokus? Mit surrealen Stop-Motion-Meereswesen? Dazu noch R-Rated und mit einem Soundtrack, der vornehmlich aus portugisischen Coverversionen diverser David Bowie-Hits besteht? Wer auch immer das produziert hat, beweist Mut und gibt mir den Glauben an die Filmindustrie zurück.

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Es ist anfangs zugegebenermaßen nicht einfach sich in den Film einzufinden. Ich wusste wirklich nicht, ob ich gerade den größten Schwachsinn vor mir habe, der je gedreht wurde oder ein Meisterwerk unglaublichen Einfallsreichtums. Glücklicherweise habe ich den Film letztendlich als Letztgenanntes wahrgenommen. Ich bin mir jedoch sicher, dass es da draußen unzählige Zuschauer gibt, die absolut nichts mit diesem skurrilen Humor, den verschrobenen Charakteren, den kulissenhaften Sets sowie der Geschichte an sich anfangen können – und ich kann es ihnen nicht einmal verdenken. Ein klarer Fall von lieben oder hassen.

Deutliches Vorbild für den Film war Jacques-Yves Cousteau, dessen Lebensgeschichte eindeutig das Grundgerüst für die Hauptfigur Steve Zissou bildet. Samt roter Wollmütze und allem was dazu gehört. Man könnte Wes Anderson nun unterstellen eine reine Parodie abgeliefert zu haben. Allerdings könnte nichts ferner von der Wahrheit entfernt sein. Die Charaktere sind komplett eigenständig und handeln – innerhalb der Grenzen ihres Universums – absolut glaubwürdig und ernsthaft. Die Gefühle sind echt und der reichliche Humor ist – wenngleich ich auch ein paarmal laut lachen musste – eher leise und hintergründig.

Grandios ist natürlich das Ensemble. Allen voran Bill Murray, dem man den verrückten Meeresforscher sofort abkauft. Auch Owen Wilson hat mich sehr positiv überrascht. Eine ganz andere Rolle für ihn. Cate Blanchett überzeugt einmal wieder auf ganzer Linie und Willem Dafoe hat als das deutsche Besatzungsmitglied namens Klaus Daimler die meisten Lacher auf seiner Seite. Von Jeff Goldblum, Anjelica Huston, Michael Gambon etc. will ich gar nicht erst angfangen. Neben der Besetzung sticht vor allem das fantastische Produktionsdesign hervor. Ungewöhnlich, doch perfekt zum Inhalt des Films passend.

„Die Tiefseetaucher“ ist kein Film für jeden Zuschauertyp. Ich könnte nicht einmal sagen für welchen. Man sollte offen für außergewöhnliche Ideen sein und sich leicht in fremde Welten einfinden können. Wenn man zudem noch in der richtigen Stimmung ist und der richtige Nerv getroffen wird, dann erlebt man mit Steve Zissou ein wahrlich fantastisches Abenteuer: 9/10 Punkte.

15 Gedanken zu “Die Tiefseetaucher – OT: The Life Aquatic with Steve Zissou (2004)

  1. Bei „die große Leinwand“ musste ich dann doch etwas schmunzeln, denn ich hab ihn hier in Ulm leider nur im schlechtesten aller schlechten Kino“räume“ gesehen, direkt auf den Verputz projiziert, nicht wirklich groß. Und vom Ton will ich erst gar nicht reden. Aber es war klasse und deine anfängliche Unsicherheit, was das denn nun genau sein soll kann ich absolut unterschreiben.
    Am Ende war ich aber ebenso begeistert und wollte den schon lange nochmal auf DVD gesehen haben…

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  2. Auch von mir volle Zustimmung, habe den Film fast exakt so wahrgenommen wie du, besonders der Soundtrack hat mich so umgehauen, dass ich mir den direkt besorgt habe! Ein ganz toller Film und mitunter ein Grund, weshalb ich mich schon auf den neuen Anderson freue!

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  3. @ donvanone: Ich muss ja gestehen, den Film auch „nur“ auf DVD gesehen zu haben – wie so oft. Aber besser so, als unzählige Filmperlen aufgrund von Zeitmangel zu verpassen. Gerade solch „andere“ Filme verschwinden ja schneller aus den Kinos, als man sie sehen kann.

    Hier gibt (bzw. gab) es auch solch toll ausgestattete Kinos. Besonders früher, als man bei bestimmten Filmen (z.B. „Starship Troopers“, „Blade“) noch nicht in die großen Kinos reingekommen ist, waren das schon interessante Erlebnisse – die guten alten Zeiten… 😉

    @ TheRudi: Freut mich, dass der Film auch andere Leute so begeistert! Sind auf dem Soundtrack die Originale von Bowie oder die portugisischen Coverversionen zu finden? Muss ich mich direkt auch mal nach umschauen…

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  4. Es sind die brasilianischen Coverversionen und dazwischen diese Elektrobeats, beispielsweise die total geile Melodie wenn Murray und die anderen das Hotel der Piraten stürmen, absolut empfehlenswert!

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  5. Oh, brasilianisch – ich dachte portugisisch gelesen zu haben. Die Elektro-Mucke ist auch richtig genial, hat gepasst, wie die berühmte Faust auf’s Auge. Hör grad bei Amazon.de die Samples durch und bin sehr angetan…

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  6. 😀 Brasilianisch ist ja eigentlich Portugiesisch, also von der Sprache her gesehen – wollte dich nicht verwirren, hab mich da auf den Sänger/Darsteller bezogen, der Brasilianer ist (so glaube ich zumindest…

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  7. Hm, ich hab‘ den Film nicht gesehen, aber mir ging’s damals mit dem Trailer schon so, wie Du beschrieben hast. Dass ich den Film nämlich nicht so ganz einordnen konnte. Irgendwie hat mich das dann nicht so gereizt.

    Von Wes Anderson kenne ich bisher glaube ich nur die „Royal Tenenbaums“. Der hat mich auch nicht gerade vom Hocker gerissen. Ist vielleicht nicht so ganz meine Kragenweite. Aber neugierig hat mich Dein Review jetzt doch gemacht. Also spätestens im Free-TV werde ich dem Film mal ’ne Chance geben …

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  8. „The Royal Tenenbaums“ ist – trotz Interesse – an mir vorbeigezogen. Dieser scheint allerdings in die gleiche Kategorie Film zu fallen, wie „Die Tiefseetaucher“ – also reine Geschmackssache. Nach der Sichtung von Wes Andersons aktuellsten Werk bin ich nun auf jeden Fall neugierig auf die Tenenbaums sowie den neuen Film „The Darjeeling Limited“.

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